«Fokussiertes Wachstum statt breite Streuung»
Quelle: Excusive Networks

«Fokussiertes Wachstum statt breite Streuung»

Vor wenigen Wochen ist Marissa Damerau von Palo Alto Networks zu Exclusive Networks ­gewechselt und hat die Schweizer Geschäftsleitung übernommen. Im Antrittsinterview spricht sie über ihre Pläne, wirtschaftliche Herausforderungen und den Spass bei der Arbeit.

Artikel erschienen in IT Reseller 2025/05

   

«IT Reseller»: Frau Damerau, Sie sind vor wenigen Wochen bei Exclusive Networks gestartet, aber durch Ihre vorherigen Stellen kennen Sie sicher schon viele Hersteller, Ansprechpartner und natürlich auch Ihre neuen Teammitglieder. Wie viel war noch neu für Sie?
Marissa Damerau:
Das stimmt. Im Team kenne ich tatsächlich schon viele und die Distributionsprozesse sind mir ebenfalls nicht neu, auch wenn natürlich teils andere Systeme zum Einsatz kommen. Und bei mehreren Herstellern habe ich auch schon viele enge Kontakte, beispielsweise bei Palo Alto (lacht) und einigen anderen. Aber es sind auch noch einige Hersteller und Partner dabei, die ich noch nicht kenne. Das ändere ich gerade.

War es also ein sanfter Start für Sie?
Ich bin mit einem guten Gefühl gestartet, weil mir viele Gesichter, Systeme und Themen vertraut waren – und das hat natürlich geholfen. Trotzdem bringt jede neue Aufgabe ihre eigenen Herausforderungen mit sich, und genau das reizt mich auch an dieser Rolle. Ich habe also gewusst, was mich erwartet, und meine Vorkenntnisse waren sehr hilfreich für einen erfolgreichen Einstieg. Aber es gibt dennoch viel zu tun. Es sind auch einige Themen dabei, die auf meinen Start gewartet haben. Langweilig wird mir also aktuell nicht.


Gibt es denn konkreten Handlungsbedarf? Baustellen?
Wir haben vor allem grosse Pläne für die Zukunft und müssen die Organisation entsprechend ausrichten. Das sind weniger Baustellen, sondern viel mehr verschiedene Initiativen, die wir umsetzen möchten. Unser Ziel ist es, nicht nur das bestehende Geschäft abzusichern, sondern unsere Partner noch intensiver zu betreuen und neue Initiativen wie das Trainingsgeschäft, Services oder den Ausbau in der Westschweiz zu beschleunigen.

Was bedeutet das genau? Betreffen diese Initiativen auch die internen Strukturen?
Also das Wichtigste, um unser Wachstum voranzutreiben, sind die entsprechenden Mitarbeiter. Angesichts der bereits hohen Auslastung im bestehenden Team haben wir beschlossen, in neue Mitarbeiter und den Ausbau zu investieren. Wir haben bereits drei neue Stellen ausgeschrieben. Dieses Thema ist für uns sehr wichtig. Zudem werden wir uns strategisch auf den Ausbau des Potenzials unserer Vendoren konzentrieren und unsere Organisation darauf ausrichten. Dazu zählt auch unser Networking-Geschäft – seit letztem Jahr haben wir eine eigene Networking BU DACH mit den Herstellern Extreme Networks und Arista. Bei beiden Punkten sehe ich ein grosses Potenzial im Schweizer Markt.
Welche Bereiche stärken Sie mit neuen Mitarbeitern?
Einmal das Vendor Management beziehungsweise Product Management, das Business Development, also die Marktakquise, und wir haben einen Regional Manager für die Westschweiz ausgeschrieben. Zudem startet im Juni ein weiterer Systems Engineer in der Schweiz.

Liegt auf der Westschweiz also ein besonderer Fokus? Wollen Sie hier präsenter sein?
Das wollen wir auf jeden Fall. Die Westschweiz ist ein sehr interessanter Markt, und wir blicken hier bereits auf ein beachtliches Business. Das wollen wir auf der einen Seite sichern, auf der anderen Seite aber auch gezielt ausbauen.


Gibt es für Exclusive Networks noch weitere Wachstumspotenziale?
Der Security-Markt bietet an sich bereits gewaltige Wachstumspotenziale. Und wir haben einige Hersteller im Portfolio, bei denen ich mir sicher bin, dass wir noch enger zusammenarbeiten können. Das gilt aber auch für die Partner. Wir können sie mit passenden Services unterstützen und sie enablen, weiteres Business zu generieren. Dazu zählen unsere massgeschneiderten Technical Services wie Engineer on Site, Deployment oder SOC-Services. Der Global Deal Desk und unser Partnerportal Exclusive Access mit 24/7-Projekttransparenz sind weitere Value Adds für unsere Partner. Wir haben also schweizweit grosse Wachstumschancen. Auch für unsere Hersteller sind wir ein starker Hebel, weil wir sehr nah an den Partnern im Markt sind. Wir verstehen die lokalen Bedürfnisse, bringen diese zurück an den Hersteller und helfen dabei, Strategien zu lokalisieren. Das ermöglicht fokussiertes Wachstum – statt nur breite Streuung.

Gibt es, anders gefragt, noch ungenutzte Chancen in Ihrem Partnerkanal?
Natürlich, die gibt es doch immer (lacht). Wir sind der grösste globale Cybersecurity-Distributor und vor allem unsere Möglichkeiten in diesem global ausgerichteten Business können wir noch viel stärker in den Markt tragen. Wir haben kürzlich beispielsweise Cloudrise übernommen, einen Anbieter von Implementation Services für Netskope, einem wichtigen Hersteller in unserem Portfolio. Die entsprechenden Dienstleistungen haben noch viel Potenzial. Wir bieten aber auch spezialisierte Finanzierungs-Services für global und regional agierende Partner, unsere Exclusive Networks Payments Solutions – kurz X-PS genannt. Mit diesen lässt sich das Zahlungsziel verlängern, eine grosse Unterstützung in Projekten. In Summe ist das ein vielfältiger Strauss an Services, der im Partnerkanal noch einige Potenziale hat.
Wo sehen Sie wiederum den grössten Unterstützungsbedarf seitens des Channels? Wo können Sie sich als Distributor einbringen?
Das ist wirklich komplett unterschiedlich und kommt immer auf den Partner an. Daher kann man sich als Partner aus diesem Blumenstrauss aus Services dann auch genau das aussuchen, was man benötigt. Ein sehr zentraler Punkt sind aber ohne Frage die technischen Services. Wir sind in Security-Projekte mit sehr erklärungswürdigen Technologien involviert. Hier helfen wir Partnern nicht nur im Enablement, sondern auch auf der technischen Seite. Generell setzt Exclusive Networks weltweit auf eine Eins-zu-zwei-Ratio bei Technik und Vertrieb – was eine aussergewöhnlich hohe Zahl ist. Dazu gehören auch einige Systems Engineers, die in der Schweiz sitzen und direkt vor Ort unterstützen können.

Die schnell wachsende technische Komplexität vor allem im Security-Bereich stellt Partner also vor Hürden?
Absolut. Die einzelnen Technologien an sich sind schon komplex, aber dann geht es auch immer mehr in Richtung Konsolidierung und Plattformansatz. Das ist für viele Partner eine Herausforderung. Aber dafür haben wir Spezialisten im Haus, die zielgerichtet unterstützen können.


Sehen Sie wiederum im Hinblick auf die Struktur Ihres Partnernetzwerks noch Lücken? Gibt es Fokusbereiche, in denen Sie weitere Kunden gewinnen wollen?
Unser Partnernetzwerk ist in der Schweiz bereits sehr breit aufgestellt, vom Enterprise- bis in den SMB-Bereich. Und von grossen fokussierten Security-­Resellern bis hin zu Dienstleistern, die das Thema Cybersecurity zwar nicht zu ihrem Kernbusiness zählen, aber mit anbieten. Beispielsweise im Cloud-Bereich. Aber auch hier gibt es natürlich Potenziale. Unter anderem bei den angesprochenen globalen Projekten. Mit unserer Präsenz in vielen Ländern sind wir ein idealer Partner für entsprechend global agierende Dienstleister. Das heisst natürlich nicht, dass regional ausgerichtete Partner zu kurz kommen. Wir betreuen alle Partner so eng wie möglich. Und wir sehen im Netzwerkbereich einen enormen Hebel, gerade in der Verbindung mit Security-Themen. Mit Extreme Networks und Arista bieten wir wie angesprochen Lösungen, die für viele unserer Partner strategisch wichtig sind – gerade im Hinblick auf OT, Zero Trust und hybride Umgebungen.

Dem Schweizer Markt mangelt es in der Distribution gleichzeitig nicht an Wettbewerb, vor allem im Security-Umfeld. Wie kann sich Exclusive Networks hier noch differenzieren?
Also allem voran muss die Basis stimmen. Die Logistik, schnelle Reaktionszeiten, die Grundprozesse müssen einfach funktionieren. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, die aber in der Praxis nicht bei allen greift. Und auf der anderen Seite ist es nach wie vor People’s Business. Das heisst, füreinander da zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten. Dabei geht es beispielsweise auch um Vorleistungen und die Frage, wie man eine vertrauensvolle Partnerschaft lebt – oder ob man am Ende nur am Umsatz interessiert ist. Es muss um Unterstützung und ein klares Miteinander gehen. Und da hat jeder Reseller sicherlich seine eigenen Bedürfnisse. Der eine ist eher technisch ausgerichtet, der andere hat Bedarf an Demand Generation. Und so muss man ganz gezielt aufeinander eingehen, um bestehende Lücken zu füllen und gemeinsam erfolgreich das Geschäft auszubauen. Vertrauen ist die Basis. Unsere Partner müssen sich darauf verlassen können, dass wir mitdenken, mitziehen und im richtigen Moment auch mal mehr geben, als erwartet wird.
Der Schweizer Markt bietet also genügend Platz für die aktuelle Zahl an Distributoren?
Ein klares Ja.

Und der Distribution kommt in einer mittlerweile stark auf Plattformen ausgerichteten IT-Welt auch künftig eine entscheidende Rolle zu?
Absolut. Wir haben erst kürzlich angekündigt, dass wir eine Partnerschaft mit AWS eingegangen sind. Das unterstreicht die zentrale Rolle der Distribution auch in der Cloud-Welt. Dazu gehört aber, dass man als Disti stets am Puls des Marktes bleibt und sich mit dem Markt weiterentwickelt. Als globale Gruppe haben wir dafür glücklicherweise die nötigen Ressourcen und das Know-how.


Arbeiten Sie also eng mit den anderen Ländergesellschaften zusammen?
Gerade in der DACH-Region haben wir eine sehr enge Zusammenarbeit, ja. Aber auch mit Frankreich. Das vor allem in der Westschweiz.

Stichwort globale Ausrichtung: Spüren Sie die Turbulenzen der globalen Wirtschaft und die Unsicherheit vieler Unternehmen?
Ja, die Wirtschaftslage spüren auch wir. Umso wichtiger sind ein starkes Netzwerk und ein guter Mix an Herstellern und Partnern, um sich stets flexibel und offen an den Marktgegebenheiten ausrichten zu können. Wir haben hier auf jeden Fall ein starkes, verlässliches Netzwerk. Aber wir wollen unser Partnernetzwerk selbstverständlich auch noch weiter ausbauen.

Hat in dieser unsteten Situation das Thema Security an Aufmerksamkeit gewonnen oder agieren die Anwenderunternehmen eher zurückhaltend in Hinblick auf Investitionen?
Das Thema hat fraglos an Bedeutung gewonnen. Aber es gibt natürlich Märkte, die spürbar unter der aktuellen Situation leiden. In der Schweiz haben wir glücklicherweise einen sehr guten, stabilen Markt, der Security-technisch sehr reif ist und in dem Unternehmen auch in entsprechende Technologien investieren. Daher mache ich mir eigentlich nur wenige Sorgen um die Investitionsbereitschaft. Aber man muss natürlich schauen, wie sich das ganze Geschehen aufgrund der globalen politischen Situation weiterentwickelt.
Ein Blick noch auf Ihre neue Rolle: Was bringen Sie persönlich mit ein?
Meine Erfahrungen (lacht). Ich blicke auf über 25 Jahre in der IT und im Channel, mit Stationen bei Distributoren und Herstellern. Nach dieser Zeit verfügt man über ein gewisses Know-how und auch Netzwerk im Markt. Ich kenne zudem die Bedürfnisse der Hersteller und Partner. Und es macht mir ehrlich gesagt sehr viel Spass, hier aus dem Vollen schöpfen zu können und das in meine Rolle einzubringen. Zudem habe ich hier auch ein ganz tolles Team, mit vielen Jahren Erfahrung und Spass an der Arbeit. Man sieht die Freude daran, das Unternehmen auf das nächste Level bringen zu wollen. Ich liebe es, Teams zu entwickeln, Impulse zu geben – und auch einfach mal pragmatisch mitanzupacken, wenn’s drauf ankommt. Ich glaube fest daran, dass diverse Teams erfolgreicher sind – und dass es wichtig ist, als Frau in Führungsposition auch ein Vorbild zu sein. Wenn ich andere Frauen im Tech-Umfeld motivieren kann, Führungsverantwortung zu übernehmen, freut mich das ganz besonders.

Und was ist Ihnen in der Zusammenarbeit im Team persönlich wichtig?
Ich bin ein grundsätzlich sehr positiv eingestellter Mensch und habe es gern humorvoll. Ich bin überzeugt, dass mit Humor einfach alles viel einfacher geht (lacht). Aber auch das Menschliche und der persönliche Austausch sind entscheidend. Das ist aus meiner Sicht die Basis für eine gute Zusammenarbeit und erfolgreiche Partnerschaften.


Warum haben Sie sich denn eigentlich entschieden, von Hersteller- wieder auf Distributionsseite zu wechseln?
Als die Option an mich herangetragen wurde, habe ich mir gleich gedacht, dass das wie die Faust aufs Auge passt. Und nach den Gesprächen war ich dann absolut überzeugt, dass wir hier gemeinsam etwas Grosses erreichen können und dass ich das mitgestalten will.

Um abschliessend noch in die Zukunft zu ­blicken: Was steht für Sie in den ersten Wochen auf der Agenda? Wollen Sie zuerst die Partner treffen oder doch die Hersteller?
Also der erste Blick war sicherlich nach innen gerichtet, das Team kennenlernen, in den Austausch gehen und die Prozesse verstehen. Aber natürlich wollen auch die Hersteller wissen, in welche Richtung es geht. Und das gilt auch von meiner Seite. Wo geht die gemeinsame Reise hin und wie können wir uns noch besser gemeinsam ausrichten? Und dann will ich natürlich rasch möglichst die Partner besuchen. Grundsätzlich ist der grosse Vorteil wie angesprochen, dass ich viele Unternehmen und Ansprechpartner schon kenne. Alles fühlt sich sehr vertraut an. Das macht den Start wesentlich einfacher. (sta)


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