Simone Oesch - Die Powerfrau
Quelle: zVg

Simone Oesch - Die Powerfrau

Simone Oesch, Channel-Chefin von Dell, musste trotz Kindern voll arbeiten. Die Rolle als Mutter machte die Karriereplanung nicht immer ganz einfach.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/03

     

Voller Energie und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen: Diesen ersten Eindruck vermittelt Simone Oesch, neue Director Channel Austria & Switzerland bei Dell. «Ich bin ein positiv denkender Mensch, aber ich muss das Worst-Case-Szenario kennen. Bei jeder einschneidenden Entscheidung überlege ich mir, was das Schlimmste ist, das passieren könnte und wie ich darauf reagieren würde. Wenn ich diese Antwort weiss, dann lebe ich locker und beruhigt», so die heute 50-Jährige. Doch auch mit dieser Taktik ist man vor Überraschungen nicht gefeit, wie sie unumwunden zugibt. «Das erste grosse einschneidende Erlebnis in meinem Leben war, dass ich – trotz Vorhersage, keine Kinder bekommen zu können – schwanger wurde. Mit Zwillingen.»
Mit diesem Umstand sei sie im ersten Moment komplett überfordert gewesen. «Ich kannte meinen Mann eineinhalb Jahre, er hatte bereits zwei Töchter in die Beziehung gebracht und das Geld war knapp», erinnert sich Simone Oesch. Erst als sie nach einer Fruchtwasserpunktion den Bescheid erhalten habe, dass die Kinder gesund seien, habe sie sich schliesslich auf die Schwangerschaft einlassen können. Allerdings sei von Anfang an klar gewesen, dass sie auch nach der Geburt zu 100 Prozent weiterarbeiten müsse – die finanzielle Situation liess keine andere Lösung zu. «Ich hatte bislang alles Geld, das ich verdient habe, gerne ausgegeben – für Reisen oder schöne Autos», so Oesch schmunzelnd.

Mutter als Retterin in der Not

Bereits vor der Geburt bei Swisscom angestellt, konnte sie nach dem Mutterschaftsurlaub in die Managementassistenz bei Swisscom IT Services Ost wechseln. Die Betreuung der Kinder übernahm – nach einem ernüchternden Besuch in einer Krippe – Oeschs Mutter. Zu verdanken war dies aber auch einem tragischen Umstand: «Mein Vater verstarb fünf Wochen vor der Geburt der Zwillinge nach einem Velounfall. Meine Mutter, die eben entschieden hatte, das Berufsleben aufzugeben und mit meinem frühpensionierten Vater zu reisen, musste auf einen Schlag alle ihre Pläne begraben. Sie meinte zu uns: Ich habe keinen Mann mehr, ich habe keinen Beruf mehr und übernehme gerne die Betreuung der Kinder.»

Schwierige Jobsuche

Weil Oesch in ihrer Position bei Swisscom zwei Tage pro Woche nach Bern musste, wechselte sie etwa nach zwei Jahren in eine Internetfirma. «Das Arbeitsklima dort war eher bescheiden. Nach einer Woche Krankschreibung aufgrund eines bakteriellen Infekts wurde ich bereits zum Vertrauensarzt bestellt.» Dieser habe dann rasch festgestellt, dass sie dort nicht arbeiten wollte, aber aufgrund ihrer Verpflichtungen musste. «Er hat sich schliesslich dafür stark gemacht, dass ich nach meiner Kündigung statt des einen bezahlten Monats – ich war im ersten Anstellungsjahr – drei hatte. In meinen Augen genügend Zeit, einen neuen Job zu finden.» Dass sie damit allerdings falsch lag, zeigte sich schon bald. «9/11 kam mir dazwischen und damit schrumpfte der Stellenanzeiger auf null.» Laut Oesch das zweite unkontrollierbare, einschneidende Erlebnis in ihrem Leben.

Nach 70 Bewerbungen schliesslich erhielt sie ein Jobangebot. Der Haken daran: in Schaffhausen. «Ich hatte nicht den Swisscom-Job in Bern aufgegeben, um künftig nach Schaffhausen zu pendeln», so die Perfektionistin. «Ich wollte meine kleinen Kinder gerne aufwachsen sehen und wenigstens am Morgen und abends noch etwas Zeit mit ihnen verbringen.» Aus Mangel an Alternativen schaute sie sich die Stelle bei Citrix dann doch an. Dort war man von ihr so angetan, dass sie nicht nur den Job erhielt, sondern diesem auch noch zu 100 Prozent von zu Hause aus nachgehen durfte. «Diese Stelle war nach verschiedenen Führungspositionen zwar ein Rückschritt, auch finanziell. Aber für meine Lebensumstände war er optimal», weiss Oesch heute zu schätzen. «Ich habe das Richtige gemacht und die Karriere in den Hintergrund gestellt. Karriere und Kind gehen nicht, man verpasst entweder auf der einen oder auf der anderen Seite etwas. Der Tag hat nun mal nicht mehr als 24 Stunden.»

Zu Hause und unterwegs

Nach der Einschulung der Kinder konnte Oesch dann auch karrieremässig wieder durchstarten. In ihren 13 Jahren bei Citrix hat sie dabei diverse Stationen durchlaufen – Innendienst und Aussendienst, die Channel-Betreuung in Österreich und der Schweiz, das Partner Development in der Schweiz, den Aufbau der Westschweiz und das Key Account Management. Schliesslich sei es aber vor rund einem Jahr Zeit gewesen für etwas Neues. «Ich wollte nicht bei Citrix in Rente gehen und eigentlich weg von der IT. Das hat aber nicht geklappt und so bin ich schliesslich bei Dell gelandet», so Simone Oesch. Der Job mache ihr Spass und sie freue sich darauf, mit Dell weiterzukommen.
Doch auch eine Ausbildung zur Mediatorin sieht Oesch in ihrer beruflichen Zukunft noch. «Ein Mediator kann nicht 20 Jahre alt sein, braucht er doch einen gewissen Erfahrungsschatz und Lebenserfahrung, gerade wenn es um Lebensfragen, Ehefragen oder Kinder-Eltern-Fragen geht. Als Menschenfreund mit einer gewissen Reife würde mir diese Tätigkeit grossen Spass machen.»

Privat reist Simone Oesch sehr gerne. Zu ihrem 50. Geburtstag wurde sie von ihrer Mutter mit einer Reise in den arabischen Raum überrascht. Und wenn die Kinder «aus dem Gröbsten raus sind», wollen sie und ihr Mann in das chinesische Reisgebiet reisen – mit dem Rucksack. «Ich bin kein Rucksack-Tourist, sondern eher ein verwöhntes Mädchen, das nur in die besten Hotels geht, weil es mich sonst ekelt. Aber ich habe vor Jahren eine Dokumentation über das Reisgebiet gesehen und möchte genau diese Reise nachmachen und erleben, was in dieser Dokumentation gezeigt wurde.»
So gerne wie sie unterwegs ist, so gerne ist Simone Oesch aber auch zu Hause. «Ich empfange gerne Besuch und stehe dann gerne stundenlang in der Küche. Dabei kann ich alles vergessen. Über Weihnachten bin ich sicher 20 Stunden in der Küche gestanden und habe alles selbst gemacht – vom Apéro-Häppchen bis hin zum Guetzli zum Kaffee.»

Simone Oesch

Simone Oesch (50) ist mit ihrem 16 Monate älteren Bruder und ihren Eltern in Zürich aufgewachsen – die ersten acht Jahre mitten in Oerlikon, danach am Stadtrand in Affoltern. Nach der Sekundarschule hätte Oesch gerne Hochbauzeichnerin gelernt – «das war dazumal aber undenkbar». Deshalb absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung bei der damaligen Kreistelefondirektion (heute Swisscom). «Nebst dem kaufmännischen war sehr viel Technik dabei und ich habe auch Kabel verlegt, weiss, wie ein Telefonkasten von innen aussieht und weiss, wie Satelliten funktionieren.» Nach der Lehre zog es Oesch für vier Jahre weg von zu Hause, über England und Lausanne landete sie in Mailand. Wieder zurück in der Schweiz arbeitete Oesch für NCR, bevor sie zu René Faigle wechselte. «Dort habe ich meine ersten richtigen Karriereschritte gemacht. Angefangen als Direktionsassistentin habe ich schliesslich die Leitung Innendienst Marketing und Verkauf übernommen.» Kurz vor der Privatisierung von Swisscom wechselte Oesch wieder zum Telekom-Anbieter, bevor schliesslich Citrix und nun Dell folgten. (abr)


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