Technologie kein Glücksgarant

Anfang März hat i2s seine ERP-Anwender-Zufriedenheitsstudie gestartet. «Swiss IT Reseller» präsentiert nun erste Ergebnisse.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/07

     

Von Frank Naujoks

Viele ERP-Systeme mit einer Technologie, die man gemeinhin nicht mehr als modern bezeichnen würde, erfreuen sich zufriedener Kunden. Oder umgekehrt gesagt: Technologie allein macht ERP-Anwender nicht glücklich. So lautet ein erstes Fazit aus der weltweiten ERP-Zufriedenheitsumfrage, die das Zürcher Beratungs- und Analystenhaus i2s im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt hat.
Allerdings haben die Anwender darauf geachtet, auf einem relativ aktuellen Release-Stand zu sein. Denn es lässt sich ein statistischer Zusammenhang herstellen zwischen dem Grad der Zufriedenheit und dem Datum des letzten Releases: Je aktueller die eingesetzte Software-Version ist, desto zufriedener sind die Anwender.
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«Swiss IT Reseller» präsentiert in der nächsten Ausgabe 9, die am 5. September erscheint, die detaillierten Ergebnisse der ERP-Anwender-Zufriedenheitsstudie ERP-Z von i2s.crackcrack

Weiterentwicklung entscheidend

Die Auslöser, sich nach einem neuen ERP-System umzuschauen, legen dann aber doch Nahe, dass zumindest das Versäumnis einer kontinuierlichen Weiterentwicklung zu abwanderungswilligen Kunden führt. So geben drei von fünf Anwendern an, dass ein veraltetes System der Auslöser für ein neues ERP-System ist. Ein knappes Drittel ist mit dem Alt­anbieter so unzufrieden, dass es sich nach Alternativen umschaut. Hier zeigt sich, dass auch kleinere Unternehmen Erfahrungen mit Anbietern gesammelt haben und bereit sind, zu handeln, wenn ihre Anforderungen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Eine Garantie, die Bestandskunden zu halten, haben Anbieter nicht, obwohl jeder Zehnte nach eigener Aussage seinen Stammlieferanten bei einer Neuauswahl wieder auswählt.

Spezifische Funktionen verlangt

Befragt man die Anwender, so wird die Funktionalität als Auswahlkriterium von rund zwei Dritteln der Unternehmen am häufigsten genannt, gefolgt von der Möglichkeit, die Software leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu können. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass der Punkt Funktionalität bei Auswahlentscheiden zunehmend an Bedeutung verliert. Denn ein Unternehmen, das eine neue ERP-Software evaluiert, muss an erster Stelle ein System finden, das den spezifischen funktionalen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens gerecht wird. Mangelt es hier, dann kommen die vorhandenen Stärken des Systems nicht zum Tragen. Darüber hinaus hat der jeweilige Anbieter kaum eine Chance, die vorhandenen Defizite des Systems in einem vertretbaren Termin- und Kostenrahmen zu kompensieren. Hinzu kommt, dass die Zunahme an Funktionalität der einzelnen Produkte zu einer Verwässerung der Aussagekraft des Kriteriums führt.


Bei einem Evaluations- oder Systemauswahlprojekt ist es daher notwendig, in einem ersten Schritt eine Gruppe von Systemen zu ermitteln, die den funktionalen «Best Fit» aufweisen. Angesichts der Vielzahl am Markt verfügbarer Systeme gibt es erfahrungsgemäss für jedes Unternehmen mehrere Systeme, die die jeweiligen Anforderungen in hohem Masse abdecken. Erst wenn man sich zwischen mehreren Systemen, die in die engere Wahl kommen, entscheiden muss, können die im Folgenden ausgewiesenen Zufriedenheits­aspekte als wegleitend dienen. Hier gilt es, einzelne Aspekte im Gespräch mit dem Anbieter aber auch im Rahmen von Referenz­besuchen abzuklären.

Partner macht den Unterschied

Wichtiger noch als die technologische Seite des Projektes ist der Aspekt der Einführung. Die Zufriedenheit mit dem Einführungspartner entscheidet sehr stark über den Projekterfolg. Dabei muss eine weitere Herausforderung für den Projekterfolg überwunden werden: die fortschreitende Akademisierung der ERP-Welt. Während Berater früher häufig aus der Praxis kamen und sich über den Bereich Produktion oder Controlling in die ERP-Welt eingearbeitet haben, ist der Standardweg heute derjenige über die Hochschule. Hier werden angehende ERP-Berater geschult, ihre Konzepte in Powerpoint-Folien zu giessen und ellenlange Prozessmodelle zu malen. Die Erfahrung in der Praxis und damit ein gut ausgebildeter gesunder Menschenverstand bleiben zunehmend auf der Strecke.
Gerade hier gibt es kein Universalrezept. Dennoch sollte man darauf achten, dass die Berater, die im Projekt zum Einsatz kommen, ausreichend praktische Erfahrung haben. Dies kann man vorab anhand von Referenzen über­prüfen und gegebenenfalls auch in groben Kriterien vertraglich fixieren.

Kompetenz und Erfahrung

Die wirklichen Erfolgsfaktoren von ERP-Projekten liegen im Projekt selbst. Sie sind weich und lassen sich nur schwerlich kaufen. Mit einem Mindestmass an Kompetenz und Erfahrung sind sie jedoch umsetzbar. Hierin liegt die wichtigste Erkenntnis der i2s-ERP-Zufriedenheitsstudie: Neben dem System an sich ist die Qualität der angebotenen Dienstleistungen von grosser, wenn nicht gar grösster Bedeutung. Ebenso wichtig ist aber die Erkenntnis, dass eine erfolgreiche ERP-Einführung auch dem Kunden einiges abverlangt.

Der Autor

Frank Naujoks ist Director Research bei i2s Zürich.


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