Swisscom-Partner hadern mit Veränderungen
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Swisscom-Partner hadern mit Veränderungen

Eine Studie von Swisscom zeigt, dass ihre Partner im Allgemeinen zufrieden sind. Sie offenbart aber auch Schwachstellen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2010/04

     

Swisscom erhebt jedes Jahr die Befindlichkeit der Partner im KMU-Segment – so auch 2009. 286 der insgesamt rund 3000 Classic-, Top- und Key-Partner haben an der Zufriedenheitsstudie teilgenommen, wobei etwa 25 Prozent der Antworten aus der Westschweiz und aus dem Tessin stammen. Die Unterscheidung der Partner im KMU-Segment in die Stufen Key, Top und Classic zeigt sich vor allem bei der Partnerbetreuung, wie Esther Bucher, Leiterin Partnermanagement im Bereich KMU-Kunden bei Swisscom, erklärt: «Wir betreuen Partner aus dem Key- und Top-Bereich direkt. Sie bekommen eine eigene Bezugsperson inklusive Telefonnummer. Die Classic-Partner erreichen uns derweil über eine 0800-Nummer.»
Gerade bei dieser 0800-Supportnummer der Swisscom gibt es jedoch noch Optimierungspotential, wie die Umfrage zeigt. Insbesondere die Wartezeit bezeichnen einige Partner als Problem, das Swisscom nun angehen will. «Wenn ein Partner bei einem Kunden ist und etwas nicht funk­tioniert, versucht er, Swisscom zu erreichen. Allerdings hängen die Probleme meist mit einer Störung bei uns zusammen und alle Partner versuchen gleichzeitig, uns anzurufen. Deshalb wollen wir künftig einen Sprechtext erfassen, der dem Anrufer mitteilt, wo das Problem liegt», schildert Bucher die Situation. Zudem wurde per Mitte März gewissen Partnern ein direkter Zugang zum Second-Level-Support ermöglicht. «Dieser direkte Zugang ist für Partner, die ein Produkt wirklich gut kennen, unabhängig von der Partnerstufe», führt Bucher weiter aus.
«Früher hatte wirklich jeder Partner eine dedizierte Betreuer-Telefonnummer. Das rechnete sich aber wirtschaftlich nicht», erklärt Bucher die Einführung der 0800-Nummern. Einige Classic-Partner hätten mit der unpersönlichen 0800-Nummer anfangs etwas Mühe gehabt. Allerdings
habe Swisscom das Glück, dass in diesem Call Center seit drei Jahren dieselben fünf Leute arbeiten. «Man kennt sich langsam mit Namen. Es sind nicht hundert verschiedene Personen, die das Telefon abnehmen», so Bucher.

VoIP und UC sind Sorgenkinder

99 Prozent der Partner bieten Dienstleistungen wie Beratung, Verkauf, Installation und Implementierung im Bereich Telefon-Anschlüsse an. Ebenfalls sehr verbreitet sind Netzwerk- (88%) und Breitband-Services (86%). Neue Produkte wie VoIP, Hosted Exchange (HEX) und Mobile Data werden derweil erst von wenigen Partnern angeboten. Umso erstaunlicher ist es daher, dass die Swisscom-Partner VoIP künftig eine grosse (38%) bis sehr grosse (32%) Bedeutung zumessen. Bucher erklärt diesen Widerspruch damit, dass die Partner sehr wohl wüssten, dass das Bedürfnis für VoIP vorhanden sei. Man sei sich bewusst, dass die Technologie über kurz oder lang in die Unternehmen Einzug halten werde. Doch im Moment würden vor allem grosse Konzerne auf VoIP umsteigen, während KMU noch zögerten. Bei Swisscom geht man aber davon aus, dass IP-Telefonie zunehmen wird, so Bucher: «Auch wir haben einen Plan, wie wir von traditioneller Telefonie auf IP-Telefonie migrieren wollen. Dieser wird allerdings erst in fünf, sechs Jahren umgesetzt.»
Vernachlässigbar scheint für die Partner derweil das Thema Unified Communications (UC). Nur gerade 5 Prozent empfinden die Bedeutung von UC als sehr gross, während 27 Prozent diesem Bereich gar keine Bedeutung zumessen. Dies erklärt Bucher mit der Kundenstruktur der Partner, die hauptsächlich im Geschäft mit KMU und Privatpersonen tätig seien. Und dort gebe es bisher noch wenig Einsatzpotential.

Zusammenarbeit mit Swisscom

Für den Gesamteindruck vergeben die Partner Swisscom im Schnitt die Note 7,1. Der Telekom-Anbieter selbst stuft die Noten 1 bis 5 als schlecht ein. Entsprechend ist Swisscom durchaus auch selbstkritisch, was das Ergebnis angeht. Dazu sagt Bucher: «Im Grossen und Ganzen sind wir mit den Ergebnissen zufrieden, wir sehen aber ganz deutlich, dass es an manchen Stellen erhebliches Verbesserungspotential gibt.»
Was Bucher beunruhigt hat, ist, dass sich viele Partner (26%) von Swisscom scheinbar nicht geschätzt fühlen. Mittlerweile wisse man aber, woran das liege: «Wir haben im Grosskundenbereich
eine Direktverkaufsorganisation. Unsere Partner der Studie sind ja nicht zwingend nur im Kundensegment KMU tätig, sondern auch bei Grosskunden. Also sind wir Konkurrenten. Swisscom sagt dem Partner auf der einen Seite, dass wir ihn unbedingt brauchen – für die regionale Verankerung. Aber auf der anderen Seite kann es sein, dass er ein Geschäft verliert, weil Swisscom der Konkurrent war.
Diese Problematik findet man in jedem Multichannel-Umfeld.»
Wo es möglich ist, versucht Swisscom etwas gegen diese Problematik zu unternehmen. Beispielsweise wisse man bei Swisscom, dass es besonders heikle Geschäftsgebiete wie Kommunikation gibt. «Da können wir etwas machen, indem wir bei der Realisierung eines Projekts zusammen auftreten. Der Partner hat ja nicht nur das Interesse, etwas zu verkaufen, sondern will auch Implementations- und Wartungsarbeiten machen», betont Bucher.

Bestellt wird über das Extranet

Anklang findet bei den Partnern die Bestellung über das Extranet. 92 Prozent haben bereits über das Portal Produkte geordert. Nicht zu 100 Prozent zufrieden ist man jedoch mit dem Bestell­vorgang, so das Urteil der Partner. So sind zwar die meisten Studienteilnehmer mit der Einhaltung der Lieferfristen zufrieden, während die Führung im Bestellmenü und die Einfachheit der Bestellung eher mässig beurteilt werden. Vertieftere Studien sollen Bucher zufolge nun zeigen, wo das Problem genau liegt, um es dann anzugehen.

Umstellung von Papier auf Mail nicht einfach

Bevor Swisscom vor einigen Jahren die Partnerorganisationen zusammengeführt hat, hatten alle Bereiche ihr eigenes Kommunikationstool. Nach dem Zusammenschluss ist daraus vor rund zwei Jahren der Info-Flash entstanden. Mit 43 Prozent immerhin fast die Hälfte der Befragten liest den Newsletter immer. Bucher freut sich, dass der Newsletter «wirklich gelesen wird und auch einen hohen Bekanntheitsgrad hat».
Bei den Classic-Partnern habe man allerdings noch etwas mit der Akzeptanz des Info-Flash zu kämpfen, weiss Bucher: «Das hat damit zu tun, dass wir ihnen lange jeden Monat einen Stapel Papier mit den neuesten Informa­tionen geschickt haben. Seit etwa einem Jahr informieren wir elektronisch. Das setzt beim Partner natürlich ein verändertes Verhalten bei der Informationsaufnahme voraus.» Die Heterogenität der Partnerlandschaft sei eine der Schwierigkeiten gewesen bei der Partner-Information. «Wir haben drei Jahre daran gearbeitet, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, auf dem wir aufbauen können. Das haben wir geschafft, und jetzt geht es an die Anpassungen, damit wir auch partnergerecht informieren können. Dank einer Datenbank, die wir seit einem Jahr einsetzen, können wir die Partner persönlich und gezielt nach ihrer Affinität anschreiben», freut sich die Partnermanagement-Leiterin.

Geschwindigkeitsproblem bei Störungskommunikation

2009 hat Swisscom auf Anregung der Partnerzufriedenheitsstudie von 2008 eine Störungskommunikation eingeführt. «Die E-Mails, die wir intern bei einer Störung bekommen, sind sehr technisch und können nicht einfach weitergeleitet werden, weil sie niemand versteht. Diese Meldungen werden nun kundengerecht übersetzt, damit der Partner möglichst zeitnahe weiss, dass es Probleme gibt. So kann er seine Kunden über eine Störung informieren, bevor er selbst mit Fragen überhäuft wird», erläutert Bucher das Verfahren.
Der neue Dienst kommt bei den meisten Partnern gut an. Jedoch wird teilweise die Geschwindigkeit der Information bemängelt. Laut Bucher ist das darauf zurückzuführen, dass die internen Prozesse teilweise etwas langsam sind: «Wir haben intern noch zu viele Schnittstellen. Zudem müssen wir die Infos übersetzen, und erst danach können wir sie verschicken – das kostet Zeit.» Man arbeite aber auch daran, dieses Problem zu beheben.

Interview Mit Esther Bucher: Frau Bucher, VoIP und mobile Data wie Mobile Unlimited sind laut der Studie wenig verbreitet, werden von den Partnern aber dennoch als kommende Trends eingestuft. Wie erklären Sie sich das?

Esther Bucher: Viele Partner setzen sich mit neuen Technologien auseinander. Es bereitet aber oftmals noch etwas Mühe, die entsprechenden Angebote in der heutigen Kundenstruktur umzusetzen, da der kleinere KMU-Kunde oftmals den Nutzen für sich selbst noch zu wenig sieht.

Welche Massnahmen hat Swisscom in diesem Segment ge­plant?

Wir müssen sowohl die Kunden- als auch die Partnerseite berücksichtigen. So braucht es zum einen neue Angebote für die KMU-Kunden. Hier laufen aktuell Projekte, die sich damit beschäftigen, wie wir den Kunden einen virtualisierten Arbeitsplatz schmackhaft machen. Zum anderen merken wir, dass Partner immer mehr das Bedürfnis nach Lösungsverkauf haben. Es steht nicht mehr der reine Produktverkauf im Vordergrund. Partner haben daher vermehrt das Bedürfnis nach Verkaufsschulungen.

Inwieweit kann ein Classic-Partner, der sich bislang vor allem auf Telefonanschlüsse konzentriert hat, hier mithalten?

Ein Classic-Partner wird in den wenigsten Fällen in dieses Segment wollen. Das
wäre für ihn falsch investiertes Geld und Zeit. Wir richten uns hier vor allem an Key- und Top-Partner, die das ganze Spektrum anbieten. Wir machen solche Kurse im Hinblick auf den Lösungsverkauf gerne, aber wir wollen natürlich auch, dass unsere Produkte nachher eingesetzt werden.

Was sagen Sie zur tendentiell eher schlechten Beurteilung des Extranet, über das immerhin 92 Prozent der Partner bestellen?

Das ist nicht gut. Vertieftere Studien sollen nun zeigen, wo das Problem genau liegt. Was aber
sicher zur mässigen Einschätzung beigetragen hat, ist das Redesign des Extranets im Juli 2009. Wir stellen nicht mehr nur Produkte mit Namen aufs Extranet, sondern unterscheiden Nutzungsklassen wie zum Beispiel «einfacher kommunizieren» oder «mobiles Arbeiten». Diese Lösungscluster brauchen wir auch für die Kunden-Webseite. Die Partner sollen mit denselben Kategorien arbeiten wie die Kunden, möchten aber eigentlich lieber Rubriken wie «Informationen zu meinem Black­berry» oder «Informationen zu meiner Telefonanlage». Wenn Partner Produktinformationen
suchen, finden sie diese nun nicht mehr auf den ersten Blick.

Wieso hat Swisscom ein Re­design gemacht?

Das haben wir für die Kunden gemacht, denn am Schluss sucht sich dieser einen Partner zu einer gewünschten Lösung. Der Kunde steigt Also über die Lösung ein und nicht über das einzelne Produkt. Er weiss also eher, dass er sich für eine VoIP-Lösung interessiert, als dass er den korrekten Produktnamen «Business Connect Professionell» kennt.

Wo liegen die weiteren Probleme des Extranets?

Die Partner haben den Bestell­vorgang bemängelt. Der Bestellknopf war versteckt hinter den Nutzungsclustern – nicht mehr hinter Produkten. Das haben wir aber bereits behoben, jetzt kann der Partner wieder direkt auf «bestellen» drücken. Es ist ja auch in unserem Interesse, wenn der Partner nicht so lange suchen muss, bis er ein Produkt ordern kann.
Auch die Stabilität der Plattform ist ein Problem, dort hat es einige technische Anpassungen gebraucht. Da so viele Bestellungen über das Extranet laufen, sind wir davon abhängig, dass die Plattform funktioniert.

Wieso werden beim technischen Support viele Anfragen nicht direkt beantwortet?

Wir hatten bereits 2008 ein Problem mit den Wartezeiten. Dem wollten wir entgegenwirken, indem wir das Telefon einfach möglichst rasch abnehmen. Für eine Weile haben sich die Wartezeiten dadurch stark verbessert. Allerdings fehlte den Personen die technische Tiefe, um detaillierte Antworten zu geben. Daher mussten die Partner entweder auf einen Rückruf warten oder wurden weiterverbunden, was bei ihnen nicht gut ankam. Deshalb haben wir diese Vorgehensweise bereits wieder geändert und müssen
nun wieder Wartezeiten in Kauf nehmen.

Wie beim technischen Support haben Sie auch bei den Bestellungen Probleme mit den Wartezeiten.

Ja, aber das ist etwas, das wir nicht so rasch beheben können. Weil unser Produktportfolio sehr breit ist und zum Teil unterschiedliche Bestellwege geht, können wir keine automatischen Statusmeldungen durchgeben, wie weit die Bestellung bereits fortgeschritten ist und wie lange es noch geht. Deshalb rufen uns viele Partner an, nachdem sie
online bestellt haben. Swisscom führt aktuell ein schweizweites Projekt durch, mit dem Ziel, die Anrufe durch den Versand von Statusmeldungen zu reduzieren.


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