MEHR ERFOLG IM MARKETING UND VERKAUF (FOLGE 5/12): Praxistip: Integrierte Kampagnen anstatt Hüftschüsse

«Oh, zu wenig Leads! Sofort ein Mailing versenden!» So oder ähnlich wird in der heutigen Tageshektik reagiert – anstatt klug agiert. Wen wundert’s, dass solche «Hüftschuss-Aktionen» ohne Erfolg bleiben.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/18

     

Sie kennen das: Vor zwei Monaten hatten Sie ein 300er-Mailing an eine eingekaufte Adressdatenbank versandt. Nachgefasst wurden – wenn überhaupt – bloss die dreissig «wichtigsten» Kontakte, denn die restlichen waren ja nicht so wichtig. (weshalb haben Sie sie dann angeschrieben?). Und gebracht hat’s wieder mal wenig bis gar nichts. Wie denn auch? «Hüftschüsse» und hektisch initiierte Einzelaktionen haben noch kein Unternehmen erfolgreich gemacht – ganz im Gegenteil. Deshalb ist klar für integrierte Marketing-/Verkaufs-Kampagnen zu plädieren, welche durch Fachprofis klug geplant und professionell ausgeführt werden. Wie eine solche Kampagne beispielhaft aussehen kann, sehen Sie in der Grafik, auf welche sich die nachfolgenden, knappen Ausführungen beziehen werden.

Liefern Sie eine Story

IT-Produkte oder -Dienstleistungen will heute niemand mehr kaufen. Gefragt sind vielmehr Problemlösungen. Beispiel: Niemand hat irgendein Interesse daran, eine CRM-Lösung zu erwerben. Jedoch würde (viel) Geld dafür ausgegeben, um den Kundenservice zu verbessern, Kunden und Interessenten gezielter anschreiben zu können oder das durch die Kundeninteraktion anfallende Datenmaterial effizienter speichern zu können, damit schliesslich der Umsatz und Erfolg des Unternehmens gesteigert werden kann. Falls dies heute nicht so ist, bestehen eines oder mehrere Probleme im Bereich CRM, für die eine Problemlösung gesucht wird. Ein CRM-Anbieter kann dazu nun eine «Story» bauen, die im Rahmen einer integrierten Kampagne choreographisch lanciert werden kann – vom «Anreissen» des Themas, über einen Kunden-Event bis hin zum 1:1-Verkaufstermin beim potentiellen Kunden. Nun aber schön der Reihe nach.

Mehrstufiger Einladungsprozess

Leider ist es schon längst nicht mehr so, dass man einfach drei bis vier Wochen vor einem Event eine Einladung verschicken kann und dann die Anmeldungen nur so hereinströmen. Heute braucht es etliches an Mehraufwand, will man ein einigermassen herausforderndes Ziel erreichen – zum Beispiel 50 Teilnehmer am eigenen Anlass. Die Ausnahme: Sie laden IT-Entscheider dazu ein, Ihre «Killer-Applikation» zu sehen, auf welche die Welt schon lange gewartet hat… Gut bewährt hat sich ein mehrstufiger Einladungsprozess, der wie folgt gestaltet werden kann:

«Story Launch» und «Save-the-Date» mit einem ersten E-Mail an die Zielgruppe. Ihre Geschichte (Story) wird hier erst einmal «angerissen». Das heisst konkret, Sie sprechen das (vermutete) Problem an, welches die Zielgruppe hat (siehe Beispiel CRM weiter oben). Damit zeigen Sie auch, dass Sie die Problemstellung grundsätzlich verstanden haben – und später eine Lösung dazu präsentieren werden (Problem-/Lösungskompetenz). Unterlassen Sie in diesem ersten Aussand unbedingt jegliche plumpe Werbung, Angaben zu Produkt-Features und ähnliches. Stattdessen fordern Sie die kontaktierten Personen auf, sich das «Datum XY schon jetzt vorzumerken – detailliertere Angaben werden folgen…». Dieses erste E-Mail sollte sehr kurz gehalten und zirka drei bis vier Monate vor dem geplanten Event-Datum verschickt werden.


«Story delivery» mit einem zweiten E-Mail an die Zielgruppe. Ihre Story wird nun bereits etwas konkreter ausgestaltet, vielleicht mit ein paar (provokativen) Zahlen unterlegt oder ein Anwendungsbeispiel für Ihre Lösung/Applikation genannt. Falls Sie für Ihren Event einen fachlich anerkannten, aber neutralen «Guest Speaker» engagieren konnten, nennen Sie dessen Namen und das wichtigste Highlight aus seinem Vortrag jetzt. Auch sollte ab jetzt die Möglichkeit bestehen, sich über Ihre Internetseiten an den Event anzumelden. Dieses zweite E-Mail sollte zirka zwei bis drei Monate vor dem geplanten Event-Datum verschickt werden.

«Story urgency» mit einer persönlichen, per Post zugestellten Event-Einladung. Sie bringen nun die Dringlichkeit mit in Ihre Story – nach dem Motto: Wer sich für Ihren Anlass jetzt nicht anmeldet ist selbst schuld… Zu einer professionellen Einladung gehört nebst dem persönlichen Begleitbrief ein professionell gedruckter Event-Flyer (z.B. A4 quer gefaltet = 4 Seiten A5) mit Titel/Name des Anlasses, einem kurzen Lead-Text (Problemstellung), eine Teilnahme-Begründung (Weshalb soll jemand kostbare Zeit investieren und kommen? Was nimmt der Teilnehmer mit?), die Zielgruppe (Für wen ist dieser Event?), die detaillierte Agenda, gegebenenfalls Angaben zu Gastreferenten, Datum, Ort, Zeit, Dauer, Lokalität und Hinweise zur Anfahrt mit öffentlichem oder privatem Verkehr. Die Print-Einladung sollte zirka vier Wochen vor dem geplanten Event-Datum verschickt werden.

Telemarketing-Follow-up der Einladung: Entscheiden Sie anhand Ihrer Einladungsliste, welche Personen (Firmen) unbedingt an Ihrem Anlass teilnehmen sollen. Wer sich noch nicht angemeldet hat, wird telefonisch kontaktiert und im Gespräch nochmals persönlich eingeladen. Die Anmelderate lässt sich damit merklich steigern.

Kundenanlass – Story Fulfilment

Selbstverständlich kann hier nicht ein Handbuch für Kundenanlässe veröffentlicht werden – dazu reicht weder der Platz noch Ihre Lesezeit. Wichtig ist, dass Sie die bisher choreographierte Geschichte nun mit einer «Auflösung» abschliessen und mit geeigneten Event-Instrumenten Ihre Botschaft komplett und sicher an die Teilnehmer übermitteln. Zudem gibt es verschiedene Arten von Events, deren Einsatz sich je nach Zielgruppe, Zweck, Botschaft und Ihren quantitativen und qualitativen Zielsetzungen teilweise sehr stark unterscheiden: Informationsanlässe, Seminare, Workshops, Hands-on-Trainings, Erlebnis-Events und einige mehr. Ganz wichtig ist, dass Sie wirklich etwas zu sagen haben, das einen gewissen «Aha-Effekt» hervorruft, für die Zielgruppe wirklich neu ist oder bei den Teilnehmern zu einem Wissenszuwachs beiträgt. Sonst müssen Sie mit enttäuschten Teilnehmern rechnen. Für die Bewertung Ihres Anlasses ist zwingend mit einem Feedback-Formular zu arbeiten, welches Sie danach auswerten können. Dieses sollte aber nicht bloss den Anlass an sich bewerten, sondern – geschickt dargestellt – für Sie eine Lead-Vorqualifikation bieten (wichtig für den Event-Follow-up).

Event-/Lead-Follow-up

Einen Event – unabhängig davon, wie viele Teilnehmer kamen – nicht nachzufassen ist etwas vom Schlimmsten, was passieren kann. Ein Follow-up ist schlicht und einfach zwingend. Und zwar nicht erst Wochen oder Monate nach dem Anlass, sondern innerhalb weniger Tage. Jetzt geht es um das Verkaufsgespräch, das durch entsprechende Profis geführt werden muss. Ziel ist es ja, als nächsten Schritt einen 1:1-Termin beim potentiellen Kunden zu bekommen, um schliesslich eine Offerte stellen zu dürfen. Falls Sie aus personellen Gründen nicht in der Lage sind, Ihre Event-Teilnehmer innert nützlicher Frist anzurufen und nachzufassen, sollten Sie externe Unterstützung in Betracht ziehen.

Kampagnen-Management

Wie sowohl der Text als auch die Grafik zeigen, braucht es für integrierte Kampagnen eine zentrale Koordinationsstelle, welche die Dinge unter Kontrolle hält und die internen und externen Marketing- und Verkaufsressourcen klug und geschickt engagiert und im Rahmen der Kampagnenziele korrekt «einsetzt». Generell ist nebst dem Aufbau einer Kampagne entscheidend, dass die einzelnen Disziplinen und Instrumente wie E-Mail, Internet, Print-Einladung, Event/Location, Catering, Telemarketing, Telesales, gegebenenfalls PR-Unterstützung usw. fachlich erstklassig ausgeführt und umgesetzt werden – sonst wirkt das Ganze eher hilflos und improvisiert. Potenzielle Kunden erwarten bereits vor dem Kauf höchste Professionalität – zu Recht.

Erfolgsaussichten – auch ein Nummernspiel

Was können Sie von integrierten Kampagnen wie hier im Beispiel dargestellt erwarten? Erfahrungswerte zeigen eine durchschnittliche Lead-Ausbeute von 15 Prozent, wovon wiederum etwa 20 Prozent A-Leads sein werden (konkrete Anfragen), 30 Prozent B-Leads und etwa 50 Prozent C-Leads. Das heisst, wenn Sie zum Beispiel 500 «targets» (Zielfirmen) im Rahmen einer solchen Kampagne angehen, dürften sich innert 6 bis12 Monaten (je nach Evaluationszyklus) etwa 15 bis 25 Geschäfte ergeben. Unter der Annahme, dass ein Erstkunde im Durchschnitt ein Projekt von 20’000 Franken kauft, ergibt dies einen Umsatz von 500’000 Franken (nur A-Leads). Vergleich: Eine Kampagne wie hier beschrieben kostet in etwa 25’000 bis 40’000 Franken – je nach Ausgestaltung. Natürlich muss jeder IT-Anbieter diese Rechnung für sich selbst machen. Unbestritten ist jedoch, dass das Auftreten im Markt in dieser Art auch mittel- und langfristig positive Wirkungen zeigen wird, weil dies schlicht und einfach um ein Mehrfaches professioneller wirkt als das Versenden einzelner Mailings oder das – böse gesagt – hilflose Herumstehen an einer schlecht vorbereiteten IT-Messe.

Mitmachen erwünscht!

Während dieser Serie haben Sie die Möglichkeit, per E-Mail Fragen zu stellen oder Wunschthemen für einen künftigen Artikel anzubringen. Der Autor wird versuchen, die Wünsche zu berücksichtigen. Die am meisten gestellten Fragen und die Antworten darauf werden im letzten Artikel dieser Serie zusammengefasst. Senden Sie einfach Ihr Feedback, Ihre Fragen oder Anregungen zu dieser Serie an: erfolg@itreseller.ch. IT Reseller und Autor freuen sich auf eine interaktive Fachserie.

Der Autor

Dietmar R. Schulz ist Geschäftsleiter der Business Factory GmbH. Der diplomierte Betriebsökonom arbeitet seit 20 Jahren erfolgreich in der IT-Branche.
www.businessfactory.ch


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