Flache Margen mit den Flachen

Noch lässt sich mit Flachbildschirmen gut Umsatz generieren. Doch Überkapazitäten und eine unerwartet schwache Nachfrage bei LCD-TVs sorgen bereits für Kopfschmerzen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/15

     

Die Marktforscher von Display Search sind überzeugt, dass Flachbildschirme bereits 2004 einen weltweiten Umsatz von 51 Milliarden Dollar erreichen werden. Den Löwenanteil dieses Marktes soll das Segment der LC-Displays (LCD = Flüssigkristallbildschirme) ausmachen. Der Plasma-Zweig der Flachen macht momentan erst rund 2,7 Milliarden Dollar Umsatz weltweit aus, Analysten gehen aber auch in diesem Segment davon aus, dass sich der Umsatz bis 2006 nahezu verdoppeln wird.
Laut Zahlen von Display Search haben sich die Umsätze mit grossen TFT-Bildschirmen (Bildschirmdiagonale von zehn Zoll und mehr) im Q1/04 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 9,2 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Die Stückzahlen stiegen um sieben Prozent auf 32,1 Millionen verkaufte Geräte an. Die Notebook-Panel-Umsätze schossen um 103% in die Höhe. In diesem Bereich wurde um 50% auf 11,3 Millionen Einheiten zugelegt.

Margen schrumpfen

Der Preiszerfall bei LCDs geht indes weiter. In Taiwan – dem Mekka der TFT-Hersteller – bröckeln die Preise für LCD-Panels gewaltig. Überkapazitäten und tiefere Absätze als erwartet zwingen die Unternehmen, ihre Geräte, besonders die 17-Zöller, mittlerweile für einen Preis unterhalb der Produktionskosten zu verscherbeln. Happige Umsatzrückgänge und schwindene Margen sind die Folgen, weitere Preisnachlässe unvermeidbar. Unterhaltungselektronikkonzerne wie Sony, Samsung oder Philips mache zudem der Einstieg von Computerkonzernen wie Dell in diesen Markt zu schaffen, die niedrigere Margen gewöhnt und auch eher bereit sind, weitere Margeneinschnitte hinzunehmen, sagt Jennifer Gallo, Analystin bei IDC.
Dell konnte den Umsatz mit TFTs im letzten Jahr erhöhen, so Achim Freyer, Manager Software & Peripherals, Dell Regional Businesses EMEA. Er geht davon aus, dass die Marge weiter schrumpfen wird.
«Es ist davon auszugehen, dass bereits heute in Fernost Überkapazitäten an Panels bestehen», sagt auch Eric Hofmann, Geschäftsführer von Maxdata, gegenüber IT Reseller. «Die Durchschnittspreise werden weiter sinken, die Margen geraten generell unter Druck», doppelt Vertriebsdirektor Carlo Widmer nach. Maxdata geht davon aus, dass der 19-Zoll-Markt mit sinkenden Preisen weiter an Bedeutung gewinnen wird, da 19-Zoll eine optimale Auflösung und Schriftgrösse biete. Ein 17-Zoll-Monitor habe für viele Nutzer eine zu kleine Schriftgrösse. 15-Zöller hätten in der Schweiz bereits massiv an Bedeutung verloren. Maxdata produziert und distribuiert die Eigenmarke Belinea. Zusammen mit den Distis COS und Techdata haben die Baarer im letzten Jahr in der Schweiz rund 40’000 TFT-Monitore abgesetzt. Per 25. August hat Maxdata seine Preise für TFTs (15-, 17- und 19-Zoll) im Schnitt um 15 bis 22 Prozent gesenkt.

Wachstumsmarkt Fernseher

Zwar wird der Flachbildschirm-Markt bis dato durch Computermonitore und Notebooks beherrscht (im Q4/03 91 Prozent des Umsatzes mit LCD-Bildschirmen), als wichtigster Wachstumsmarkt in den kommenden Jahren gelten allerdings Fernsehgeräte. Im letzen Jahr hatten von weltweit rund 140 Millionen verkauften Fernsehern nur drei Millionen einen Flachbildschirm. Analysten prognostizieren für 2004 einen Anstieg auf neun Millionen Stück, für 2005 auf 15 und bis 2007 gar auf 30 Millionen.
So planen die grossen Hersteller wie Sharp, LG Philips LCD, Sony, Samsung, Fujitsu oder Hitachi – letztere vier haben sich jeweils in Joint-Ventures zusammengetan – Milliarden in neue LCD-Fabriken zu investieren und ganz gross ins Geschäft mit LCD-Fernsehern einzusteigen. Im Fernsehgeschäft locken hohe Margen. Auch Dell verspüre in diesem Markt eine wachsende Nachfrage, sagt Freyer gegenüber IT Reseller. Man werde das Produktportfolio kontinuierlich der Nachfrage anpassen.
Doch der Verkauf von LCD-TVs liegt weit unter Plan. Experten warnen bereits heute vor LCD-Überschüssen. So sagen die Display- Search-Auguren voraus, dass die Kapazität bereits im kommenden Jahr grösser sein wird als die Nachfrage. Es ist also fraglich, ob die Nachfrage künftig schnell genug steigen wird, um die Tonnen an Flachbildschirmen an den Mann zu bringen. (sk)

EU-Zölle und Werkstoffmangel

Auf die TFT-Anbieter kommen weitere Probleme zu. Beispielsweise sinniert die EU momentan darüber, LC-Displays nicht mehr als IT-Produkte, sondern als Unterhaltungselektronik zu bewerten und die Einfuhr von TFT-Monitoren mit digitalem Signaleingang (DVI-Schnittstelle) mit 14% Zoll zu belegen. Wegen der dünnen Margen im IT-Handel wären Händler gezwungen, die Preise für den Endkunden zu erhöhen, was die Nachfrage wiederum schwächen dürfte. Inwieweit die Schweiz davon betroffen wäre, ist noch offen. Es dürfte aber zwangsläufig dazu führen, dass mehr Modelle ohne DVI-Anschluss angeboten werden. Das Bundesfinanzministerium hat nach Protesten in der IT-Industrie die Pläne zum Einfuhrzoll vorerst wieder gekippt.
Zudem könnte Indium, ein Werkstoff, der zur Herstellung von Flüssigkristall-Flachbildschirmen benötigt wird, künftig knapp werden. Schon jetzt ist der Preis für das metallisch-chemische Element von 60 Dollar pro Kilo Ende 2002 auf rund 610 Dollar in die Höhe geprescht. Die ergiebigste Indium-Quelle in Südchina ist bereits im letzten Jahr versiegt.
Indium ist erst verfeinert in der Displayproduktion einsetzbar. Für 28 Tonnen reinen Indiums müssten rund 230 Tonnen gefördert werden. Gemäss Experten soll der Indium-Bedarf in der LCD-Produktion bis 2006 auf 64 Tonnen reinen Indiums anwachsen, was heisst, dass 540 Tonnen gefördert werden müssten. Doch bereits heute wird die Förderung zurückgeschraubt und die Ressourcen werden knapp.


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