Banken-IT: Karten werden neu gemischt

Der Entscheid von vier kleinen Kantonalbanken, von der AGI-Plattform auf Finnova zu wechseln, bringt viel Bewegung in den Markt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/07

     

Die Kantonalbanken Glarus, Appenzell Innerrhoden, Obwalden und Nidwalden haben sich für die Bankenplattform von Finnova entschieden und verlassen damit die AGI-Bankenkooperation. Dieser Entscheid setzt einiges in Bewegung, denn per Ende 2006 laufen nicht nur die Verträge der AGI-Bankenkooperation aus, sondern auch der Vertrag mit Swisscom IT Services, dem Betreiber und Hoster der AGI-Lösung.
Zum Ausstrittsentscheid der vier «kleinen» AGI-Partner beigetragen hat, dass sie ihre Bedürfnisse im Konzert der «Grossen» zuwenig berücksichtigt fanden, so die übereinstimmende Aussage der Szene.
Die vier verbleibenden Kantonalbanken (Luzern, Thurgau, St. Gallen, Fribourg) rechnen mit einem Kostenanstieg von etwa 10 Prozent. Sie nehmen deshalb die auslaufenden Verträge zum Anlass, um ein umfassendes Benchmarking aller in der Schweiz verfügbaren IT-Systeme vorzunehmen. Doch der Evaluationsprozess betrifft nicht nur Systeme und Betrieb.
«Wir wollen nach 2006 sicher sein, dass wir die beste Lösung für unsere Bedürfnisse haben. Dies kann von einem kompletten Outsourcing bis zu völligem Insourcing gehen», sagt der Mediensprecher der Luzerner Kantonalbank, Daniel von Arx.
Die vier verbleibenden AGI-Banken wollen sich auch nach neuen Kooperationspartnern umschauen (Insider nennen vor allem die Bündner KB) und schliessen «bankfachliche Kooperationen», also das Zusammenlegen oder Outsourcing von ganzen Prozessen, nicht aus.

Gefahr oder Chance für Swisscom IT Services?

Der Ausstieg der vier kleinen Kantonalbanken aus dem AGI-Konsortium wirkt als Initalzündung für einen möglichen völligen Umbau der Schweizer IT-Banking-Szene. Denn auch andere Kantonalbanken werden sehr genau schauen, was die vier AGI-Partner evaluieren.
Dies wird die beiden anderen Gemeinschaftswerke mit Fokus auf Kantonalbanken, RTC (Kantonalbanken Aargau, Baselland, Basel, Bern, Jura) und Unicible (Neuenburg, Genf, Waadt, Wallis) stark in Mitleidenschaft ziehen. «Wir kommen jetzt in die entscheidende Phase», so ein Insider. «Vielerorten sind die Verwaltungsratsentscheide fix terminiert.»
Für Swisscom IT Services, welche die AGI-Plattform hostet und betreibt, besteht damit die Gefahr, ab 2007 ganz ohne Kunden für das St. Galler Rechenzentrum dazustehen. «Wir sehen den Evaluationsprozess eher als Chance, denn als Gefahr,» sagt allerdings Beat Grimm, bei Swisscom IT Services für den Bereich Financial Services & Telecom zuständig.
Die AGI-Plattform sei keineswegs veraltetet und Swisscom habe als verlässliche und grosse Firma in Schweizer Hand eine gute Ausgangslage gegenüber Mitbewerbern in ausländischem Besitz.
Grimm: «Der Preis ist nicht alleine entscheidend. Ausschlaggebend wird die Zusammenarbeit auf Prozessebene sein. Da gibt es durchaus noch Einsparmöglichkeiten.»

CSC auf dem Sprung, Finnova happy

Dass die Karten bei den Banking-Systemen für Kantonalbanken, aber auch für grössere Privatbanken, zur Zeit völlig neu gemischt werden, bietet Newcomern die Gelegenheit zum Einstieg. Auf dem Sprung ist sicher der US Outsourcing-Konzern CSC, der zusammen mit SAP die «Swiss Banking Plattform» anbietet und dafür mit der Zuger Kantonalbank auch einen Pilotkunden gewinnen konnte.
«Weitere Kunden für die Swiss Banking Platform zu gewinnen, ist ein strategisches Ziel», sagt Thomas Holgendorff, bei CSC Leiter der Business Unit Banking. Selbstbewusst fügt er hinzu: «Wir rechnen uns in der jetzigen Situation durchaus Chancen aus.»
Ein Gewinner im grossen Spiel um die Ablösung der Systeme von (Kantonal)-Banken steht bereits fest: Finnova. Die Lenzburger hatten sehr viel Geld in die Entwicklung einer neuen, modernen und releasefähigen Bankenplattform gesteckt, verloren aber trotzdem Privatbanken als Kunden wegen Fusionen oder dem Wechsel zu Konkurrent Avaloq.
Mit den vier Neukunden hat man nun wieder die nötige Kundenbasis, um Wartung und Weiterentwicklung der eigenen Lösung zu sichern. «Der Gewinn der vier Neukunden ist sicher ein grosser Erfolg für uns. Unsere Langfristigkeit ist so eher gesichert», sagt Chris Winzenried von Finnova. «Wir haben aber auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Deals zu bekommen.» (hc)


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