Der grosse Friede und seine Folgen

Der Pakt zwischen Sun und Microsoft verändert die Softwarewelt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/07

     

Die lange IT-Investitionskrise und veränderte Konkurrenzverhältnisse zeitigen Folgen: Die einstigen Erzfeinde Sun und Microsoft haben einen Pakt geschlossen. Die offizielle Begründung «Wir machen es für die Kunden» dürfte in diesem Fall der Wahrheit entsprechen.
Mit geschrumpften IT-Budgets sind Kunden wenig davon begeistert, wegen Kompatibilitätsproblemen zusätzliches Geld auszugeben. Und paradoxerweise: Die zugeknöpften Geldbeutel haben ihnen mehr Macht über die Hersteller gegeben.
Sun erwartet für das erste Quartal einen Verlust von bis zu 810 Mio. Dollar und will etwa 3300 Stellen abbauen. Microsoft dürfte dabei heute nicht Suns brennendstes Problem sein: IBM knabbert an den Server-Marktanteilen, und Solaris ist durch Linux stärker unter Druck als durch Windows. Auch Microsoft wächst nicht mehr so, wie einst, und spürt den Linux-Druck.
Viele unabhängige Softwarehäuser haben mit Lob auf den Deal reagiert. Sie hoffen dass sich das Auftragsvolumen erhöht: Für spezialisierte Firmen aus beiden Lagern öffnet sich die jeweils andere Welt (und ihre Kunden). Zusätzlich gibt es neue Möglichkeiten. Manche hoffen zum Beispiel, Visual studio.net als Frontend für die Entwicklung von Java-Applikationen verwenden zu können.
Einen Schatten wirft der Deal aber auf die Zukunft von Spezialisten für Applikations- und Datenintegration. Das wissen auch die Frischvermählten. Microsoft CEO Steve Ballmer: «Wir glauben beide, dass es nicht schlecht ist, wenn Kunden weniger Geld für individuelles Engineering ausgeben müssen.»
Dass Sun seine Antitrust-Klage in Kalifornien zurückgezogen hat, hat für Microsoft auch noch eine weitere, angenehme Auswirkung: Der Urteil gegen Microsoft in der EU steht nun auch plötzlich auf sehr viel wackligeren Füssen. (hjm)

Der Sun/MS-Deal

Sun und Microsoft erarbeiten ein offizielles Gerüst, um die Interoperabilität der Java- und .Net-Welten zu erhöhen.
Sie geben sich gegenseitig Zugang zu Server-Technologie. Zuerst geht es vordringlich um Windows-Server und -Client, Microsofts Active Directory und Suns Java System Identity Server. E-Mail und Datenbanken sollen folgen.
Sun lizenziert Windows Kommunikationsprotokolle. Microsoft darf sein eigenes Java weiter supporten.
Microsoft zahlt Sun 1,6 Mrd. Dollar. Sun beendet alle Antitrust- und Patentrechtsstreitereien. Im Rahmen der gegenseitigen Lizenzvereinbarungen erhält Sun weitere 350 Mio. Dollar.


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