Ist der Channel bereit für Linux?

Damit Linux im KMU-Markt Fuss fassen kann, müssen Anbieter nicht nur die Endkunden, sondern auch den Channel vom Open-Source-OS überzeugen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/10

     

Die Anbieter versuchen vermehrt, Linux in den KMU-Markt zu bringen. Neuestes Beispiel: IBM hat in den USA soeben ein Linux-Bündel für Reseller aus eServer der xSeries, Websphere Application Server Software und DB2- Datenbank geschnürt. Über Preise wurde noch nicht gesprochen, doch soll das Bundle deutlich günstiger werden als die einzelnen Produkte.
Die Frage ist nur, ob der Channel auch bereit ist, den Ball aufzunehmen. Marktforscher IDC gibt sich skeptisch. Die Reseller würden Linux in Zukunft zwar durchaus eine Chance zubilligen, doch darauf basierende Partnerschaften scheinen noch keineswegs erste Priorität zu haben. Laut IDC sind die Marktkonditionen und die Adaption der Technologie die wichtigsten Hürden, welche die Anbieter nehmen müssen, wenn sie mit Linux in die VAR-Gemeinde vordringen wollen.
Der zuständige Analyst, Kevin Restivo, meint: «Die Reseller sind unsicher, was ihnen eine Linux-spezifische Partnerschaft mit einem Systemanbieter oder Distributor wirklich bringt. Wer mit Linux in den Channel will, muss Partner anvisieren, welche die notwendigen Kapazitäten für Consulting und Systemintegration mitbringen. Nur dann lohnen sich die Investitionen.»
Laut IDC steckt Linux in kommerzieller Hinsicht noch in den Kinderschuhen. Nach wie vor würden einfach zu benutzende Interfaces und Tools fehlen. Trotzdem stuften viele der befragen Reseller und potentiellen Partner das Open-Source-System als zukunftsträchtig ein. Die etablierten Anbieter, meint IDC, müssen nun zeigen, dass sie den nötigen Support bieten können, um den Channel zu einem längerfristigen Engagement zu animieren.

IBMs Engagement

Genau dies versucht IBM zurzeit. Neben dem Bundle für Partner bietet Big Blue auf seiner Developper Works Website gratis Trial-Versionen seiner Linux-basierenden Entwickler-Tools und E-Business-Software nebst technischem Support und Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Das «Speed-start your Linux app»-Programm (www-106.ibm.com/developerworks/
offers/linux-speed-start) beinhaltet unter anderem eine Gratis-CD mit Websphere, DB2 und Lotus-Collaboration-Software.
Auch wenn dieser neueste Linux-Vorstoss von IBM kaum sofort Früchte tragen dürfte, die sich in Zahlen resp. Geld ausdrücken lassen, so zeigt er doch eine gewisse Zielstrebigkeit des Technologie-Konzerns. In den Windows–Schoss zurückkehren könnte IBM immer noch, selbst wenn sich Microsoft in der Zwischenzeit möglicherweise stärker auf Dell und HP konzentriert, die den Linux-Bereich weniger aggressiv angehen.
Bisher lassen sich die ISVs und Distributoren, welche den neuesten IBM-Vorstoss unterstützen, allerdings noch an zwei Händen abzählen. Die meisten haben ihr Schwergewicht bei E-Commerce und Intranets, für IBM also bei Websphere und DB2. Gefunden hat sich IBM mit dem Linux-Distributor Suse, Red Hat soll folgen. Doch gewinnen können die Linux-Distributoren dabei nur, wenn es IBM wirklich gelingt, Linux bei den KMUs heimisch zu machen.
Um die Sache in Schwung zu bringen, wird IBM einiges in die Partnerprogramme stecken müssen. Zudem muss IBM die KMUs überzeugen, dass Linux keine Eintagsfliege mehr ist, die Unterstützung ausgebaut wird, das Angebot an Anwendungen ständig wächst und die Gesamtkosten mit Linux tatsächlich sinken.
Dass letzteres der Fall ist, versuchte erst kürzlich eine Studie des australischen IT-Dienstleisters Cybersource zu beweisen. In ihren Modellrechnungen gingen die Australier vom Einsatz von 250 Rechnern aus, einer geeigneten Anzahl von Computern mit Internetzugang und Servern sowie einem E-Business-System. Dazu rechneten sie noch die Kosten für die Vernetzung und die Administration. Die Untersuchung ergab, dass Unternehmen gegenüber einer Windows-Installation mit Linux – allerdings unter durchgehender Verwendung von Open-Source-Applikationen – zwischen 25 und 34 Prozent Kosten einsparen können. (fis)


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