«Der Markt ist relativ geringen Schwankungen unterworfen»

2. Mai 2020 - Sebastian Seyferth, Head of Commercial Business and PBU Switzerland bei Acer, über die Bedeutung des Education-Marktes für den Hersteller, die Rolle der Partner und aktuelle Trends.

Swiss IT Reseller»: Was macht den Education-Markt für Acer so interessant?
Sebastian Seyferth:
Der Education-Markt ist für Acer seit langen Jahren strategisch wichtig. Wir haben vor vielen Jahren im Bildungsbereich angefangen, das Ganze stetig weiterentwickelt und perfektioniert. Wir sind im Consumer-Bereich stark etabliert, entsprechend war der Schritt in den Education-Markt nicht so gross.

Aber was konkret ist der Anreiz für Acer, in ­diesem Geschäft aktiv zu sein? Und inwiefern unterscheidet es sich von anderen Marktsegmenten?
Acer hat traditionell eine starke Verwurzelung mit den Partnern und dem Channel. Schulen haben oftmals nicht die Kapazitäten, um eigene IT-Infrastrukturen und Fachwissen aufzubauen. Deswegen nutzen wir unsere eigene Expertise und diejenige unserer Partner, um den Schulen den Schritt in die Digitalisierung zu ermöglichen. Speziell ist in diesem Geschäft, dass die Entscheider und die Nutzer der Geräte oftmals nicht dieselben sind, sondern Behörden unter Umständen für Schulen entscheiden, was beschafft wird.

Wie gross ist der Anteil des Education-Geschäfts am gesamten Acer-Geschäft hierzulande?
Das ist schwer zu sagen, weil die Grenzen fliessend sind. Es gibt das Beschaffungsgeschäft der öffentlichen Hand, aber auch Schulen, die sich online oder über unsere Partner eindecken, ohne dass wir das wirklich mitkriegen. Der Anteil steigt jedoch und das Segment wird immer wichtiger. (abr)

Welche Faktoren sind für den Beschaffungsprozess ausschlaggebend?
Meistens beginnt es mit dem Gerät selbst, um überhaupt in die engere Auswahl des Beschaffers zu kommen. Wir haben spezifisch für den Bildungsbereich ein eigenes Portfolio entwickelt. Zu den Produkten kommen dann aber weitere Faktoren hinzu, die alle zusammenspielen müssen. Das fängt mit Garantieverlängerungen über mehrere Jahre an und hängt mit Produktlebenszyklen zusammen, die ebenfalls über mehrere Jahre funktionieren. Das heisst, man kann Schulen mit denselben oder ähnlichen Geräten wieder beliefern, die sie früher schon einmal beschafft haben. Aber auch unser Service-Center hier in der Schweiz spricht für uns, denn so sind die Reparatur- und Kommunikationswege kurz. Das sind Vorzüge, die dann im Fall der Fälle zum Tragen kommen und oftmals Loyalität beim Kunden schaffen.

Auf welchen Schulstufen ist Acer vor allem aktiv?
Das ist sehr gemischt. Das Portfolio von Acer ist sehr gross, wir können vom robusten Tablet im Kindergarten bis hin zum Mobilgerät für Universitäten alles liefern und die entsprechenden Ansprüche erfüllen. Der Klassiker liegt aber zwischen diesen beiden Extremen. Dabei handelt es sich um die K12 – sprich die dritte bis neunte Klasse –, in der die klassischen, robusten knapp 12 Zoll grossen Geräte mit Stifteingabe, Fallsicherheit und Wasserfestigkeit gefragt sind. Nicht vergessen darf man zudem die Lehrer, die nicht unbedingt dieselben Geräte nutzen wie die Schüler. Auch hier haben wir ein entsprechendes Portfolio.
(abr)

Was ist am Portfolio für Schüler und Lehrer speziell? Inwiefern unterscheiden sich diese Geräte von den restlichen Acer-Produkten?
Unser Ziel ist eine nachhaltige Beschaffung. Die Geräte sollen lange gebraucht werden und eine entsprechende Widerstandsfähigkeit mitbringen. Ein Beispiel ist der Military-Standard, den viele Education-Geräte bieten. Das heisst, die Geräte sind so robust, dass sie im laufenden Betrieb aus 120 Zentimetern Höhe auf den Boden fallen können und problemlos weiterlaufen, und dass man über 300 Milliliter Wasser über die Tastatur giessen kann, ohne dass es zu Problemen kommt. Ein gutes Education-Notebook ist also robust, mehr oder weniger wasserfest, hat zwei Kameras, einen versenkbaren Stift und ein Full-HD-Display, um präzise zeichnen zu können. Und das alles zu einem fairen Preis, sodass man Schulen ein nachhaltiges Angebot zur Verfügung stellen kann und diese sich auf die Lauffähigkeit der Geräte für die nächsten paar Jahre verlassen können – natürlich auf Wunsch in Zusammenhang mit einer vier- oder fünfjährigen Garantie, für die wir einstehen. Das bezeichnen wir als gutes Angebot sowohl für den Partner, der sich damit bei den Schulen sehen lassen kann, als auch für die Schulen selbst.

Acer setzt bei der Bearbeitung des Education-Marktes komplett auf den Channel. Welche spezielle Unterstützung bieten Sie den Partnern für dieses spezielle Segment?
Es gibt etwa Online-Schulungen oder Produktschulungen. Zudem haben wir ein europäisches Headquarter, das entsprechende Programme zuschneidet für unsere Channel-Partner. Ein Beispiel solch eines dedizierten Programms ist das Acer-Demo-Programm, im Rahmen dessen unsere Partner Geräte für Ausstellungen, deren Ladengeschäfte oder als Testgerät für Projekte und Beschaffungen beziehen können, zu einem stark reduzierten Preis. Zusätzlich gewähren wir mit unserem stationären Service-Center in der Schweiz schnelle Reparaturen, kurze Kommunikationswege und zusätzlich unterstützende Dienstleistungen, mit denen unsere Partner attraktive Gesamtpakete anbieten können.
(abr)

Verfügt Acer über ein spezielles Education-Partnerprogramm oder ist dieses Segment einfach Bestandteil des regulären Programms?
Die Education-Partner sind integrierter Bestandteil des Acer-Partnerprogramms. Es ist aber so, dass wir diese Partner etwas anders ansprechen. Der Bildungsbereich ist ein grosser Fokus von uns, der aber mehr im täglichen Geschäft umgesetzt wird.

Was macht den Education-Markt Ihrer Meinung nach für Ihre Partner so interessant?
Es ist ein Markt, der relativ geringen Schwankungen unterworfen ist und auch über die nächsten Jahre stabil sein wird. Wenn man sich dort etabliert hat und für den Bildungsbereich ein Angebot zugeschnitten hat, ist das sicher etwas, das einem langfristig hilft. Natürlich auch als komplementäres Business zum regulären Geschäftsbetrieb. Das ist sicher ein interessantes Investitionsfeld, um sich für die nächsten Jahre keine Sorgen machen zu müssen.

Nimmt das Interesse der Partner am Bildungsbereich zu?
Ich denke, es hat insofern zugenommen, als dass auch die Spezialisierung zunimmt. Zudem ist auch durch die Ausgaben der öffentlichen Hand das Interesse gestiegen. Gleichzeitig trennt sich aber auch die Spreu vom Weizen. Denn nicht jeder kann irgendwie mitspielen, sondern man muss auch etwas bieten können. Und etwas bieten heisst, ein vertrauensvolles Verhältnis zum Hersteller wie zur Schule selbst aufzubauen.
(abr)

Sind Sie im Education-Umfeld in der Schweiz noch auf Partnersuche und welche Unterstützung bieten Sie Partnern, für die der Bildungsbereich noch Neuland ist?
Wir sind sehr glücklich mit unseren Education-Partnern, freuen uns aber natürlich über jeden neuen Partner, der auf uns zukommt. Bei neuen Partnern im Bildungsbereich versuchen wir, sehr viel im direkten Austausch zu erklären, zu zeigen und zu besprechen. Denn ein vertrauensvolles Verhältnis bedingt eine enge Zusammenarbeit und dass man sich kennenlernt und weiss, mit wem man worüber spricht.

Wie viele Education-Partner hat Acer in der Schweiz?
Das ist schwierig einzugrenzen, denn viele Partner leisten in diesem Bereich gute Arbeit, ohne sich ausschliesslich darauf zu fokussieren. Wir arbeiten mit mehr als 100 Partnern eng zusammen und die meisten von ihnen sind auch im Education-Bereich vertreten.

Welche Trends und Entwicklungen sind im Education-Umfeld gerade spürbar?
Interessant ist die Entwicklung der Betriebs­systeme Windows und Google Chrome OS sowie der ganzen Hilfsangebote darum herum, die sowohl die Hardware- als auch die Software-Seite für die Schulen schnüren. Die Schulen stehen nun zusätzlich in der aktuellen Situation mit Home Schooling vor ganz neuen Herausforderungen, die umgesetzt werden wollen, und da ist es die Aufgabe der IT-Branche, Antworten zu finden. Die Schulen haben selbst häufig wenig IT-Kenntnisse im Detail und wir als Hersteller mit unseren Partnern haben uns darauf vorbereitet, für die Schulen eine Lösung zu finden, damit ihre Schülerinnen und Schüler digitalisiert werden und als mündige IT-Menschen mitreden können. (abr)


Acers Education-Geschäft und die Coronakrise

Das Education-Geschäft ist ein laufendes Business, das sich über Jahre aufbaut und etabliert. Auch die Coronakrise kann diesem Projektgeschäft gemäss Sebastian Seyferth relativ wenig entgegensetzen. «Das Operative ist derzeit manchmal etwas schwieriger, sprich Demo-Geräte zu senden, zu empfangen und von Angesicht zu Angesicht zu besprechen. Abgesehen davon ist der Einfluss jedoch relativ gering.» Im Tagesgeschäft hingegen merkt man die Corona-Pandemie schon. «Es gab einen Aufschwung, als das Home-Office-Thema angefangen hat. Entsprechende Geräte waren stark gefragt und der Channel relativ schnell leergekauft», so Seyferth. «Wir sind aber im regen Austausch mit unseren Distributionspartnern, um eine bestmögliche Verfügbarkeit sicherzustellen und die Ansprechpartner in Distribution und Vertrieb sind für unsere Channel-Partner nach wie vor jederzeit ansprechbar, um gemeinsam gute Lösungen für jegliche Kundenanfragen zu erarbeiten.»

zu den weiteren Artikeln des Fokus:

- Goldgrube Education-Markt

- Interview mit Daniel Esslinger, Commercial Channel Sales Manager, HP Schweiz

- Interview mit Marc Weder, Business Unit Lead Education and Research Customers, Microsoft Schweiz
(abr)

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