Die Unkonventionelle: Sandhya Prabhu, Oracle
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Die Unkonventionelle: Sandhya Prabhu, Oracle

Sandhya Prabhu ist seit 2016 Country Lead Alliances & Channel Switzerland bei Oracle. Kann sie nicht schlafen, profitiert ihr Team von ihrer Leidenschaft fürs Backen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2017/10

     

Als Sandhya Prabhu vor ihrer Lehre für ein Jahr nach Chicago reiste und ihre Tante besuchte, um Englisch zu lernen, schwebte ihr immer wieder ein Bild vor: Sie sass in einem Wolkenkratzer in einem grossen Büro an einem mächtigen Schreibtisch aus edlem Holz, den eine Tafel mit ihrem Namen zierte. Im Hintergrund, jenseits der Glasfassade, die Skyline einer grossen Stadt. In einem solchen Büro zu arbeiten war damals ihr Traum. Heute ist sie Country Lead Alliances & Channel Switzerland bei Oracle, einem der grössten Technologieunternehmen der Welt; das mit dem eigenen, stilvoll eingerichteten Büro hat aber nicht ganz so geklappt. Sie hätte nämlich gar keines, bei Oracle arbeite man in offenen Räumen an Shared Desks, sagt sie lachend.


Ihre Reise in die IT begann über Umwege. Als sich nämlich ihr fünf Jahre älterer Bruder für eine Ausbildung am KV entschied, trat sie nach der Sekundarschule in seine Fussstapfen. "Mein Bruder war und ist noch heute ein Vorbild für mich", sagt sie. Die Lehre absolvierte Sandhya Prabhu in einer Polstermöbelfabrik, wo sie die vielfältigen fachlichen Herausforderungen schätzte. Am meisten gefiel ihr aber der Kontakt zu anderen Menschen, in ihrem Fall Kunden und Lieferanten. Ihre Leidenschaft und die Affinität für den Verkauf entdeckte sie, als sie im zweiten Lehrjahr die Aufgabe bekam, Besucher in der Werkausstellung zu empfangen, um sie danach an einen Verkäufer zu verweisen. War keiner zugegen, führte sie die Kunden öfter gleich selbst durch die Ausstellung und erklärte ihnen die Details der zur Schau gestellten Muster. "Dafür wurde ich regelmässig von den Vorgesetzten getadelt, aber es hat mir sehr viel Freude bereitet", erklärt sie lachend. Gar nicht zugesagt hat ihr hingegen die Arbeit in der Buchhaltung, wo sie im dritten Lehrjahr eingeteilt wurde; sie hatte ihre Bestimmung wohl schon gefunden.

Einstieg in die Welt der IT

Nach der Ausbildung konnte ihr der Lehrbetrieb keine feste Anstellung bieten, weshalb sie auf der Suche nach einer geeigneten Stelle unter anderem als Telefonistin und in einem Temporärbüro arbeitete. Die Welt der Technologie kreuzte ihren Weg erst, als sie sich bei Datacomp bewarb und ihr während des Interviews die Frage gestellt wurde, ob sie zuhause einen Computer besitze. Sie verneinte, worauf sie gefragt wurde, wieso sie überhaupt für Datacomp arbeiten wolle. Für Sandhya Prabhu war klar: "Ihr Unternehmen hat amerikanische Hersteller und Lieferanten, ich spreche fliessend Englisch und will einmal in den USA arbeiten". Sie erhielt die Stelle und überlegte nur wenige Jahre später nicht zweimal, als ihr ei­ne­ Firma aus einer kleinen Stadt in der Nähe von Santa Cruz in Kalifornien einen Job anbot. Sie siedelte über und verkaufte fortan taiwanesische PC-Komponenten nach Europa. Als die Firma zugrunde ging, kehrte sie zu Datacomp zurück. Seither ist sie der IT treu geblieben.
Ein Geek sei sie allerdings selbst nach 20 Jahren in der Branche nicht geworden. Die Faszination für die IT-Welt schöpft sie aus der Vielfalt der Herausforderungen: "Was wir in der IT haben, ist die Möglichkeit, in ganz viele, sehr unterschiedliche Branchen hineinzuschauen, und das ist unglaublich spannend." Neben ihrer Leidenschaft für technologische Themen besitzt Sandhya Prabhu noch zwei weitere, die sehr ausgeprägt sind, nämlich das Kochen und das Bewirten von Gästen. Dies hat schon zu spannenden Wendungen in ihrem Leben geführt.


Als sie Filenet verliess und sich auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber begab, lernte sie nach einem Essen mit Freunden in einem Restaurant in Baden den Wirt kennen, mit dem sie sich über den Alltag in der Gastronomie und den Umgang mit den Kunden unterhielt. Nach einer Weile bot er ihr an, bei ihm zu arbeiten, bis sie eine Stelle gefunden hätte. Sie nahm das Angebot an. Die Arbeit im Restaurant sowie die Erwartungen und Wünsche der Stammkunden seien komplexer gewesen als gedacht: "Ich habe dort wahnsinnig viel gelernt", sagt sie. Und sie sei regelrecht aufgeblüht und habe ab der zweiten Woche angefangen, sich wöchentliche Verkaufsziele zu setzen. Sie habe aber auch gemerkt, dass manche Gäste sie in ihrer Rolle als Serviceangestellte von oben herab behandelten. Eine besonders schlechte Erfahrung hat sie ausgerechnet mit einem IT-Verkäufer gemacht: "Das war mir eine Lehre, die ich nicht so schnell vergesse. Man sollte jedem Menschen mit demselben Respekt begegnen."

Für den Partner und die Partner

Nach dem Intermezzo in der Gastronomie schwenkte Sandhya Prabhu wieder um in die Umlaufbahn der IT-Welt, wo sie bei Sonicwall eine Stelle als Channel Manager fand und ihre Liebe zu den Partnern entdeckte. Diese verspürt sie heute noch, doch in ihrer neuen Funktion als Schweizer Channel-Chefin bei Oracle muss sie sich die Zeit für die Partner bewusster nehmen: "Ich bear­beite nun mehr strategische Themen, aber ich habe meinem Team kürzlich gesagt, dass ich mich nicht nur dann mit den Partnern treffen möchte, wenn eine Situation eskaliert. Jetzt treffe ich mich wieder regelmässig zum Essen oder für einen Kaffee mit unseren Key-Partnern, um zu verstehen, was deren Themen sind." Ihre Zielsetzungen hätten sich seit ihrem Traum mit dem grossen Büro vor der imposanten Grosstadt-Skyline aber verändert. Hätte man sie vor sechs oder sieben Jahren gefragt, ob sie ein Team leiten möchte, so hätte sie das verneint. Heute schöpft sie aus ihrer Führungsrolle Motivation und liebt es, mit ihrem Team zu arbeiten: "Wir können alle voneinander lernen, und das ist wunderbar."


Rückhalt erhält Sandhya Prabhu aber nicht nur von ihrem Team, sondern auch von ihrem Ehemann, den sie im Juni 2017 geheiratet hat und mit dem sie in Zürich lebt: "Wir haben uns schon vor längerer Zeit über die Arbeit kennengelernt. Wir waren und sind noch immer beste Freunde, ausserdem ist er mein Sparring-Partner. Dadurch wird mir immer wieder bewusst, wie wichtig eine Beziehung für den Ausgleich ist." Ihr Partner kann ihr manchmal andere Sichtweisen auf ein Problem aufzeigen, nicht zuletzt aus der Perspektive eines Mannes. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern wolle sie aber nicht zu einem Thema hochstilisieren, dennoch sind sie ihr durchaus bewusst: "Ich habe ein Asset, das ich nicht als solches nutzen kann: Ich bin eine Frau, Inderin und in der IT. Das ist eine Kombination, die heraussticht, aber dadurch kann ich mir auch weniger erlauben."

Zurück zum Ursprung

Geboren ist Sandhya Prabhu 1975 in Baden als Tochter indischer Eltern. Diese liessen sich vor rund 20 Jahren scheiden und ihre Mutter zog daraufhin mit ihrem neuen Partner zurück nach Indien, während ihr Vater in der Schweiz blieb. Zu ihm hat sie ein sehr inniges Verhältnis: "Er ist mein engster Vertrauter neben meinem Mann". Er gibt ihr manchmal per Telefon Kochtipps, wenn sie indische Speisen zubereitet. "Kochen ist für mich wie Meditation. Ich backe auch sehr gern, vor allem wenn ich nicht schlafen kann. Dann gibt es am nächsten Tag für die Belegschaft im Büro Muffins." Auch zu ihrer Mutter pflegt sie guten Kontakt, wenngleich die zeitliche und geografische Distanz die Beziehung erschwert hat. Dennoch ist Sandhya Prabhu sehr schweizerisch aufgewachsen, wie sie sagt. Sie habe sich von Anfang an gut integriert, doch während ihrer Kindheit gab es in Baden nicht viele Menschen mit dunkler Hautfarbe, was nicht einfach gewesen sei. Um sie herum wurde in der Familie derweil die indische Kultur gelebt und auch sie selbst besuchte den indischen Verein und indische Tanzgruppen. Der indischen Sprache ist sie aber nicht mehr mächtig, mit acht Jahren hat sie aufgehört, diese zu benutzen.
Die Verweigerung ihrer eigenen Sprache war für sie eine Form der Integration in die Schweizer Kultur. In der Folge verlor sie zusehends den Bezug zu ihrem Herkunftsland. Erst vor rund neun Jahren reiste sie zum ersten Mal alleine nach Indien. In dieser Zeit entdeckte sie ihre Spiritualität und begann, sich eingehend mit der Kultur des Landes auseinanderzusetzen. Dessen Grösse und Facettenreichtum faszinieren und überwältigen sie gleichermassen. Die Rückkehr zu ihren Wurzeln liess in ihr auch den Wunsch reifen, für sich und ihre Familie ein Bekenntnis zu ihrer Kultur abzugeben. Deshalb entschied sie sich am Morgen vor dem Abflug zu ihrer Hochzeit nach Mallorca dafür, im traditionellen Sari zu heiraten.


Über ihre Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur hat Sandhya Prabhu eine weitere Eigenschaft in sich entdeckt. Sie möchte etwas für die Menschen in Indien tun, denn die soziale Ungleichheit in ihrem Herkunftsland beschäftigt sie. Sie denkt deshalb darüber nach, wie sie Mädchen und junge Frauen in Indien fördern kann, um ihnen zu helfen, eine Ausbildung zu bekommen. Das Projekt sei für sie ein versteckter Traum. Auf ihre zukünftigen Ziele angesprochen sagt Sandhya Prabhu vorweg, dass sie nichts in ihrem Leben bereue, egal wie gut oder schlecht es gelaufen sei. Für die berufliche Zukunft wünscht sie sich, dass ihr Team weiter an den Aufgaben wachsen könne und weiterhin gute Arbeit leiste. Das sei für sie die grösste Freude. Privat hingegen steht die Partnerschaft mit ihrem Mann klar im Mittelpunkt. "Grundsätzlich ist es aber so, dass ich den Moment im hier und jetzt geniesse. Das Morgen kommt dann schon."

Sandhya Prabhu

Sandhya Prabhu wurde 1975 als Tochter indischer Eltern in Baden geboren und aufgewachsen. Nach der KV-Lehre in einer Polstermöbel­fabrik kommt sie im Alter von 21 Jahren zu Datacomp, wo sie mit der IT und dem Verkauf in Berührung kommt. Seitdem ist sie der Branche treu geblieben. Im August 2016 wird sie bei Oracle Schweiz zum Country Lead, Alliances & Channels befördert, wo sie noch heute tätig ist. Im Juni 2017 heiratet Sandhya Prabhu ihren langjährigen Freund und Partner, mit dem sie heute in Zürich wohnt. Sie kocht leidenschaftlich gern und hegt den Traum, Gastgeberin in ihrem eigenen Restaurant zu sein.


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