Mein Ausflug in die Welt der Spieler


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/05

     

Kürzlich war ich an ein Gipfel(i)-Treffen der SIEA eingeladen. SIEA steht hier für Swiss Interactive Entertainment Association, kurz: es ging um Konsolen und ihre Spiele. Obwohl die Abkürzung SIEA auch durchaus auf Schweizer Interessengemeinschaft Erwerbsunfähiger Ausserirdischer passen würde. Anwesend waren je ein Vertreter der drei Grossen S., M. und N. eine ­Assistentin, blond und schweigsam, für die schöne ­Optik, acht Freaks (Gaming-Fachjournalisten) und ich.

Einer hatte einen blassen Teenager dabei, der während der Diskussion gemütlich vor sich hinschlummerte. Die Hardcode-Gamer zeichneten sich fast ausschliesslich durch einen aschfahlen Teint, ungepflegte Haartracht oder Zwölfnächte-Bärte, Tattoos und Silberberingung aus. Die Körperausdünstungen einiger Teilnehmer erinnerten an Biber in der Paarungszeit. Ihr übernächtigter Gesichtsausdruck erweckte den Eindruck, als kämen sie gerade von einem Gaming-Marathon aus der chinesischen Provinz Zhejiang. Der Geruch meines Nachbarn liess darauf schliessen, dass er kurz zuvor die Schlacht um Mittelerde gewonnen haben muss.


Hier waren Experten unter sich. Ich hatte keine Chance. Schon nach den ersten fünf Minuten beschlich mich die schwache Ahnung, dass ich eben keine Ahnung habe. Und dabei komme ich aus Leipzig, quasi dem Mekka der Gamer-Gemeinschaft. Doch meine sächsischen Wurzeln retteten mich nicht. Verzweifelt stellte ich die eine oder andere Frage einer Nichteingeweihten. Lächelnd wurden sie zur Kenntnis genommen. Ich wusste, ich hatte nichts zu melden. Ich knabberte an meinem Gipfeli, schlürfte an meinem kalt gewordenen Kaffee und geriet selbst langsam ins Schwitzen. Ab und an streifte mich der lauwarme Wind meines Nachbarn zur Linken, wenn er versuchte, die durch Coki Zero verursachten Rülpser zu unterdrücken. Ich störte, das war klar. Wären sie jetzt unter sich gewesen, hätten sie ­görpsen und müffeln können, wie sie wollten.

«Jeder zweite Haushalt in der Schweiz hat eine Spielkonsole», sagte Herr M. «Ich kenne aber allein schon ­mindestens zwanzig Haushalte, die keine...», wollte ich ­erwidern. Herr S. warf mir einen abmahnenden Blick zu. Ich hielt besser die Schnauze. «Mir fehlt hier eine klare Linie», sagte mein Nachbar zur Rechten. Ja, dagegen ­hätte ich jetzt auch nichts einzuwenden, sinnierte ich vor mich hin. Als ich meine Aufmerksamkeit wieder der Diskussion widmen wollte, waren die einen schon auf dem Weg zum Lost Planet, während sich die anderen mit Zelda verlustierten. (sk)


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