Distis machen sich selber Mut

Der Grossteil der befragten Distributoren wollen im 2005 ihren Umsatz ­gesteigert haben, und auch für das laufende Jahr erwartet die Mehrheit ­steigende Umsätze – trotz anhaltendem Preiszerfall und flauer Nachfrage.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/01

     

Optimismus in schwierigen Zeiten beweisen die 19 Distributoren, die an unserer Umfrage zur Entwicklung der Geschäftstätigkeit geantwortet haben. Im Gegensatz zu der allgemein vorherrschenden Meinung, dass die Industrie unter mangelnder Investi­tionsfreudigkeit der Unternehmen und sinkenden Stückpreisen leidet, gab mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, im letzten Jahr die Umsätze gesteigert zu haben und Mitarbeiter eingestellt zu haben. Bloss 3 von 19 haben gemäss eigenen Angaben im 2005 ihre Mitarbeiterzahl reduziert.
Für das laufende Jahr rechnen bloss zwei damit, weniger Umsatz als letztes Jahr zu machen, und ebenfalls zwei rechnen mit einem gleichbleibenden Umsatz.

Auf zu neuen Ufern

Diesen ungebremsten Willen zur Umsatzsteigerung will die Hälfte der Befragten mit Investitionen in Marketing und neue Geschäftsfelder in die Tat umsetzen. Letztere dürften auch der Grund dafür sein, dass Mitarbeiterschulung, Qualitätssicherung und die Channel-Kundschaft ebenfalls zu den häufig genannten Ausgabeposten gehören – denn ohne qualifizierte Ansprechspartner und eine intensive Betreuung der Wiederverkäufer dürften es Distributoren schwer haben, sich auf Segmente zu stürzen, die zwar verlocken, in denen sie aber bisher nicht tätig waren und die demzufolge bereits von den anderen beackert werden. Zu den aus Hoffnungsträgern gehören Highend-Bereiche wie Security und Storage sowie Netzwerke und Kommunika­tion auf der einen und Consumer Electronics auf der anderen Seite (s. Kasten).

Überdistribution

Insgesamt wird aber deutlich, dass die Distributoren unter Druck sind, wie diverse Äusserungen von Teilnehmern der Umfrage belegen. Am häufigsten sind Bemerkungen zu Überdistribution und Preiszerfall.
«Der Markt ist überdistributiert, und der Preiszerfall wird Arbeitsplätze kosten», sagt beispielsweise Esesix-Chef Dominik Hunziker.
Pragmatisch fragt sich Herbert Schwerzmann, der CEO von BCD Sintrag: «Der Markt erwartet mehr Services, aber ist er auch bereit, dafür zu bezahlen?» Auch Schwerzmann findet, es gebe zu viele Distributoren für dieselben Produkte.
Littlebit-Chef Patrick Matzinger meint, der Druck auf Hersteller, Distributoren und Reseller werde aufgrund der stagnierenden Volumina und der gleichzeitig sinkenden Preise weiter ansteigen. «Aber», sagt Matzinger, «die allgemeine Marktentwicklung mit der Tendenz zur Konsolidierung ist Gefahr und Chance zugleich.»

Preiszerfall

Eine selbstzerstörerische Tendenz des Preiszerfalls konstatiert Yves Amschwand, der Chef von Simpex Electronic: «Wie mir verschiedene Hersteller versichert haben, gibt es aktuell ausser dem IT-Markt keinen anderen, wo die Preise im Vergleich zur Grösse dermassen kaputt gemacht wurden.»
Dies sieht auch COS-Chef Christian Köck so. Für ihn sind die Dumping-Angebote von Mitbewerbern bei gleichzeitg schwacher Nachfrage nicht nachvollziehbar. Chancen sieht er bei Services und neuen Geschäftsfeldern.

Direktverkauf

Als «Kanalverunreinigung» bezeichnet Franz Preuss, der Gründer und Inhaber von SCS Solid Computer, die Konkurrenz der Hersteller und Distributoren, die Nachfolgegeschäfte direkt mit Endkunden machen. Der für seine Diskusionsfreudigkeit bekannte Preuss will diese Entwicklung auf keinen Fall unterstützen: «Wir nehmen falls nötig auch unliebsame Konsequenzen wie Ärger und Streitgespräche in Kauf.» Ein Distributor, welcher dem Hersteller kampflos erlaube, über seinen und den Kopf seiner Reseller hinweg direkt an Endkunden zu verkaufen, sollte sich überlegen, ob der Hersteller es verdiene, die Produkte von ihm weiter vertrieben zu bekommen, macht Preuss seinem Ärger Luft.


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