Portrait: Karl Anzböck - Der Um-Bauer

Karl Anzböck, der Vorsitzende der Geschäftsleitung von Unisys Schweiz, ist sowohl beruflich wie privat mit Umbau beschäftigt: Er baut Unisys zum Dienstleister und eine 300-jährige Scheune zum Wohnhaus um.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/08

     

Der Mann ist eine treue Seele: Karl Anzböck startete seine Karriere mit 26 Jahren bei Unisys, gleich nachdem er seinen MBA an der Universität Wien gemacht und bei IBM in Palo Alto im Sillicon Valley ein International Trainee Program absolviert hatte. Heute, 18 Jahre später, ist Anzböck dem Unternehmen immer noch treu. In der Zwischenzeit hat sich Unisys allerdings als Unternehmen grundlegend verändert. Das hat es immer schon, reichen doch die Wurzeln von Unisys zurück bis ins späte 19. Jahrhundert zur ersten Schreibmaschine (Remington) oder dem Univac Computer, der 1952 Geschichte schrieb, als die Maschine den Wahlsieg von Dwight D. Eisenhower bei der US-Präsidentschaftswahl prognostizierte. Bei einer Firma, die so reich ist an Geschichte, verwundert es nicht, dass in ihr Mitarbeiter tätig sind, die dem Unternehmen über eine lange Zeit verbunden bleiben.
So auch Karl Anzböck. Der Schweizer Country Manager österreichischer Herkunft ist von seinem Arbeitgeber während seiner Amtszeit mit den verschiedensten Auszeichnungen geehrt worden. In den Neunzigerjahren, als er von 1993 bis 1996 eine längere Zeit für die Schweizer Niederlassung arbeitete, wurde er als Business Unit Manager bereits mit den European Awards für «fastest growth» und «percentage of new business» ausgezeichnet und 1995 zum European Business Unit Manager of the Year gewählt.

Eigener Kuhstall und doch kein Herdentrieb

Anzböck bezeichnet sich selbst als «Contrarian», als «Entgegengesetzter» also, als einen, der – wie er selbst sagt – nicht dem Herdentrieb verfallen sei. Auf diese Eigenschaft führt Anzböck seinen Erfolg zurück, den er bereits als junger Manager erreichte. «Das Thema in unserer Branche ist der Treiber», sagt Anzböck, «man hat immer eine Reihe von ‘Jolly Jokers’ im Ärmel und muss sich aber fragen, was in den nächsten Jahren von Bedeutung sein wird.» Dabei dürfe man eben nicht nur den allgemeinen Trends hinterherlaufen. «Manchmal», schränkt er aber ein, «hat man einfach auch Glück, und setzt auf das richtige Pferd.»
Anzböck ist ein Abendmensch. Der Vater von zwei Kindern wird in der zweiten Tageshälfte richtig produktiv – sei es beruflich oder privat. Anzböck hat deshalb mit seiner Familie ein Abkommen getroffen: Drei Abende pro Woche gehören den gemeinsamen Aktivitäten. In der restlichen Zeit hat er quasi freien Lauf, dann arbeitet er fürs Geschäft oder trifft sich mit Freunden. In der Freizeit beschäftigt er sich mit dem Umbau einer 300 Jahre alten Scheune zum Eigenheim. Anzböck recherchiert in Büchern, Zeitschriften und im Internet, wie sich nach ökologischen Prinzipien eine Scheune mit integriertem Kuhstall in ein Einfamilienhaus umbauen lässt.

Umbau auch im Beruf

Eine vergleichbar anspruchsvolle Aufgabe ist ihm als Leiter von Unisys Schweiz aufgetragen worden: Das Unternehmen, früher vor allem stark in der Entwicklung von Mainframe-Rechnern, soll vom Technologielieferanten zum IT-Dienstleister umgebaut werden. Anzböck beschäftigt sich deshalb gegenwärtig am meisten mit der Frage, wie alt und neu zusammengeführt, wie Ressourcen aus der alten Unisys in die neue eingebracht werden können und welche Aufgaben neu besetzt werden müssen. So änderte sich zum Beispiel im Bereich Managed Services – mit Infrastruktur-Outsourcing will Unisys verstärkt wachsen – in den letzten Jahren das Anstellungsmodell. Anzböck: «Bei weniger anspruchsvollen Arbeiten oder bei zeitlich beschränkten Projekten wie PC-Rollouts ist heute Freelancing das bevorzugte Anstellungsmodell.» Anzböck will dazu bis Ende Jahr die Zahl der Freischaffenden um 50 bis 60 Leute aufstocken.

Kein Handel mehr

Als Anzböck Ende 2001 antrat, beschäftigte Unisys Schweiz 420 Mitarbeiter, heute sind es rund 300. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren aber nicht nur weniger Mitarbeiter beschäftigt, sondern auch weniger Umsatz ausgewiesen. So sank der Umsatz allein im letzten Jahr um 20 Prozent auf 125 Millionen Franken. Neben der Dollarschwäche ist der Rückgang vor allem auf die Fokussierung des Unternehmens zurückzuführen. In den Neunzigerjahren sei Unisys ein «Bauchladen» gewesen, sagt Anzböck. «Bei uns konnte man alles bestellen. Ganze Lastwagenflotten mit dem Unisys-Logo fuhren durch Europa. Das hat sich grundlegend geändert.»
Zudem ist die Transformation vom Hardware- zum Dienstleistungsanbieter noch in vollem Gang, wobei die Technologie mit den Mainframes und Intel-Servern sowie entsprechender Beratung gemäss Anzböck weiterhin ein wichtiges Standbein bleiben soll. Vor zehn Jahren betrug der Dienstleistungsanteil weltweit gerade mal 15 Prozent, heute ist es umgekehrt. In der Schweiz generiert Unisys den Umsatz ungefähr je zu einem Drittel mit Technologie, E-Government-Lösungen und Infrastruktur-Dienstleistungen. Stolz ist Anzböck dabei auf die in diesem Jahr hohen zweistelligen Wachstumsraten in jenen Dienstleistungs-Bereichen, die für die Zukunft von Unisys wichtig sind. Dabei ist Dell ein gewichtiger Kunde und Partner: «Wo Dell-Services draufsteht, ist Unisys drin», sagt Anzböck. Ein Grossteil der im Bereich Infrastruktur-Dienstleistungen beschäftigten 120 Schweizer Mitarbeitenden arbeitet für den Direktlieferanten und weitere Kunden wie EMC oder Sun. So verwundert es nicht, dass Anzböck sowohl für Techniker, als auch für Account Manager eine Eigenschaft als besonders wichtig ansieht: «Auch ein Account Manager muss ein ‘Architekt’ sein, der genauso gut beim Kunden arbeiten könnte. Denn wir sind nicht mehr die Lieferanten von früher, wir wollen beim Kunden Verantwortung übernehmen.» (mh)

Karl Anzböck

Karl Anzböck (44) ist seit September 2001 der Vorsitzende der Geschäftsleitung von Unisys Schweiz.
Von 1993 bis 1996 war Anzböck Business Unit Manager bei Unisys Schweiz. Dabei wurde er 1994 und 1995 mit den European Awards für «fastest growth» and «percentage of new business» ausgezeichnet und 1995 zum «European Business Unit Manager of the Year» gewählt.
Der 42-Jährige hat einen Master of Business Administration (MBA) der Universität Wien in der Tasche. Nach einem International Management Trainee Program bei IBM in Palo Alto (USA), startete er seine berufliche Karriere 1987 bei Unisys, wo er bis 1992 verschiedene Management-Funktionen in Wien und London ausübte. 1996 bis 2001 war er Vorsitzender der Geschäftsleitung von Unisys Österreich.
Karl Anzböck ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und wohnt mit seiner Familie in der Nähe von Zürich. In seiner Freizeit liest Anzböck, treibt Sport (Fitness-Training) oder fährt auf seiner Harley-Davidson durch die Gegend («Am schönsten ist die Natur auf dem Motorrad»). Sein Traum ist es, einmal von Europa nach Amerika segeln zu können.


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