Starthilfe für Lehrlingsausbildung

Der Informatiker-Nachschub stockt. Lehrmeistervereinigungen wie die ZLI können potentiellen Lehrlingsausbildnern helfen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/12

     

Manche Fachleute, zum Beispiel Carl August Zehnder von der ETH Zürich, glauben, dass in der Schweiz trotz dem gegenwärtigen Trend zum Offshoring ein neuer Informatikermangel vorprogrammiert ist. 2010, schätzt er, werden in der Schweiz 120’000 Informatiker benötigt werden. Heute sind es 110’000 - Tendenz fallend, da wesentlich weniger Jugendliche eine Informatikausbildung beginnen als früher.
Dies hat zwei Hauptgründe: Die aktuellen Berichte über arbeitslose Informatiker sowie gesunkene Löhne beeinträchtigen die Attraktivität der Berufsrichtung. Aber auch das Lehrstellenangebot ist gesunken - und die Informatiklehre ist einer der Hauptwege, um in diesen Beruf einzusteigen. Ausserdem: Bisher wurde der Mangel hauptsächlich durch Quereinsteiger
kompensiert. In Zukunft dürften aber die Ansprüche an Fachleute steigen. Leute mit einer spezifischen Berufsausbildung werden also noch wertvoller sein.

Langfristiges Denken gefragt

Erfahrungsgemäss würden viele ITUnternehmen gerne Lehrlinge ausbilden, sagt Nicole Kilchör (Bild), bei der Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik (ZLI) zusammen mit Hansjörg Detzel für Lehrstellenmarketing zuständig. Manche glauben aber, dass sie zuwenig Kapazität haben, andere befürchten, dass Lehrlinge mehr kosten als sie bringen.
Dies hat einen realen Hintergrund. In einer aktuellen Studie errechnet die Uni Bern, dass ein IT-Lehrling, wenn man die Bruttokosten gegen die produktive Leistung aufrechnet, den Lehrbetrieb durchschnittlich rund 3000 Franken pro Jahr kostet. Nur etwa ein Drittel der Betriebe profitiert direkt, bei zwei Dritteln fällt die Rechnung bei Lehrabschluss negativ aus. Kann der Lehrling aber nach der Ausbildung gehalten werden, fällt die Rechnung auf längere Sicht ganz anders aus. Und wenn der Informatikermangel akut wird, dürften sich Betriebe mit Verstärkungsmöglichkeiten «aus dem eigenen Nachwuchs» zusätzlich glücklich schätzen können.
Man sollte aber auch andere Faktoren bedenken, findet Nicole Kilchör. Erstens bringen Lehrlinge einem Betrieb weitere, nicht so einfach bezifferbare, aber wertvolle Vorteile. Lehrlingsausbildung sei Zeichen einer Firmenkultur und eine Chance das eigene Image aufzupolieren. Und ebenso wichtig: «Ein Unternehmen lernt mit jedem Lehrling mit». Lehrlinge lernen in ihrer Ausbildung naturgemäss aktuelle neue Verfahren, Methoden und Technologien kennen, die sie in den Betrieb weitervermitteln können. Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens wird so gesteigert.

«Schnuppern» für Lehrbetriebe

Ein wichtiger Aspekt sei zudem zu wenig bekannt, findet Kilchör: Es gibt Wege, Informatiker auszubilden, ohne sich gleich für eine volle Lehrzeit zu binden. Dies kann sowohl die Kosten/Nutzen-Rechnung verändern als auch die Kapazitätsfrage lösen.
Zu diesen Wegen gehört die Übernahme des Praktikumsjahrs von Informatikmittelschülern. Diese haben schon drei Jahre Ausbildung hinter sich und können vielseitig eingesetzt werden.
Ein ZLI-Angebot ist das «Basislehrjahr», von dem es verschiedene Varianten gibt: Lehrlinge können das erste,
betreuungsintensivste Lehrjahr bei der ZLI selbst absolvieren und erst danach in den Lehrbetrieb für eine volle Restlehrzeit, eventuell auch für kürzere Praktika, wechseln. Die nächste ZLI-Infoveranstaltung zur Lehrlingsausbildung findet übrigens am 15. Juli statt, mit Fragen kann man sich aber auch jederzeit direkt an Kilchör (nicole.kilchoer@zli.ch) oder Detzel (hansjoerg.detzel@zli.ch) wenden. Basislehrjahre werden auch in weiteren Regionen der Schweiz angeboten.
Auskunft darüber sowie weitere Aspekte der Lehrlingsausbildung können die regionalen Lehrmeistervereinigungen geben. Eine Liste findet man bei www.svib.ch unter «Kontakte». (hjm)


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