«Im Bereich Lösungs­geschäft können wir noch viel mehr machen»

26. Februar 2022 - Jodok Ludwig amtet bei Canon Schweiz neu als Leiter des B2B-Vertriebs und verantwortet in dieser Position den Vertrieb der Workspace-Lösungen im B2B-Umfeld sowie das B2B-Partnergeschäft. «Swiss IT Reseller» hat mit ihm über seine neue Aufgabe sowie seine Strategie und Ziele gesprochen.

«Swiss IT Reseller»: Sie sind seit Anfang Dezember 2021 für die Leitung des Vertriebs für Workspace-Lösungen und das Partnergeschäft B2B bei Canon Schweiz tätig. Was war Ihre erste Amtshandlung?
Jodok Ludwig:
Meine erste Amtshandlung war unspektakulär, aber durchaus wichtig, ging es doch um das Absegnen einer Kundenofferte für einen grösseren Deal, den wir dann tatsächlich gewonnen haben.

Und worin bestand Ihre Arbeit primär in den letzten zwei Monaten?
Die Arbeit war ein spannender Mix aus verschiedenen Themen. Als jemand, der von ausserhalb der Branche kam, war es für mich absolut zentral, den Markt, die Kanäle und die wesentlichen Unternehmensprozesse verstehen zu lernen, sowie die Mitarbeitenden, Kunden und Partner kennenzulernen. Auch das Produktwissen ist für mich wichtig, aber da wird es noch längere Zeit brauchen, bis ich da voll drin bin. Aber meine Aufgabe als Vertriebsleiter ist es ja nicht, den Mitarbeitenden zu erklären, wie sie Lösungsspezifikationen besser formulieren können. Ich kann da auf ein super Führungsteam und auf professionelle Mitarbeitende zurückgreifen. Als Vertriebsleiter geht es vor allem darum, dass ich mich um die längerfristige strategische Entwicklung der Vertriebskanäle kümmere.

Wenn Sie die Situation des Vertriebs anschauen: Welches Fazit ziehen Sie hier? Wo steht Canon Schweiz?
Aus meiner Sicht haben wir eine sehr starke Position. Ich habe mitten in der Pandemie mit Home-Office-Pflicht in einem neuen Unternehmen angefangen und dafür gibt es sicher bessere Zeitpunkte. Aber: Die Pandemie hat uns vieles gelehrt, gerade auch, dass die Unternehmen in vielen Bereichen umdenken müssen. Die Arbeitsweise ist viel digitaler geworden und gleichzeitig ist der Umgang mit Dokumenten für ganz viele Leute auch im Home Office ein wesentlicher Teil ihres Jobs. Wir sehen momentan, dass viele Unternehmen im Rahmen des neuen hybriden Arbeitsmodells ihre Geschäftsprozesse nachziehen müssen, weil sie in dieser neuen Realität plötzlich etwa bezüglich Datensicherheit und Compliance Lücken haben. Ein Beispiel: Wenn ich als Mitarbeiter eine vertrauliche Präsentation über ein öffentliches Netz auf meine private E-Mail-Adresse und meinen privaten Rechner zuhause schicke, dann ist das ein massives Sicherheitsrisiko und kann für das Unternehmen eine enorme Kostenfolge haben. Entsprechend ist die Nachfrage nach sicheren Gesamtlösungen von Canon stark angestiegen. Und auch die Wichtigkeit des Partnerkanals hat stark zugenommen, weshalb wir uns hier in einem klaren Wachstum befinden. (abr)

Die neue Realität bedingt Änderungen in den Unternehmen: Was bedeutet dies für den Vertrieb von Canon Schweiz? Welche Anpassungen oder Änderungen braucht es hier?
Was mich sehr positiv überrascht hat ist, wie effizient bei Canon Schweiz auch im Home Office zusammengearbeitet wird. Für mich als Vorgesetzten sehe ich daher bei den täglichen Arbeiten keinen Handlungsbedarf. Im Bereich Lösungsgeschäft können wir aber noch viel mehr machen. Auch wenn wir als kleine Schweiz in der gesamten Länderorganisation für EMEA – und EMEA ist der relevanteste Markt für Canon – die Nummer zwei im Bereich der wichtigsten Software-Integrationslösungen sind, wo es um Workflowthemen, Integration und den hybriden Workspace geht. Das ist eine super Ausgangslage, heisst für uns aber ganz klar, dass wir uns hier noch stärker positionieren möchten.

Und wie wollen Sie das angehen?
In erster Linie ist es eine Frage des Vertriebsmix oder der Vertriebsstrategie. Dabei geht es darum, mit welchen Partnern man bei welchen Themen zusammenarbeitet. Für mich gibt es drei Dimensionen. Erstens: Was macht das Unternehmen selber gut? Wir als Canon haben tolle Lösungen und ein super Produktportfolio. Zweitens: Was macht ein Partner gut in seiner eigenen Kernkompetenz? Und drittens: Was will der Markt? Das Wesentlichste ist, dass wir uns auf die Schnittfläche dieser drei Dimensionen fokussieren. So entsteht automatisch eine Win-Win-Situation, weil es Innovation sowie das Einbinden von Partnern, neuen Geschäftsfeldern und neuen Kundensegmenten bedeutet.

Wenn man die Partnerdimension nun mal separat betrachtet. Wie ist hier der Stand der Dinge? Wie zufrieden sind Sie mit dem Schweizer Partnerkanal?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Schweizer Partnerkanal. Wir haben über die letzten Jahre bezüglich der Anzahl der Partner, aber auch bezüglich Umsatz und Profit, eine schöne Entwicklung gehabt. Und aktuell sind wir im Partnergeschäft in den Top-3 aller EMEA-Ländergesellschaften bezüglich Wachstum des Geschäftsertrags. (abr)

Wo sehen Sie trotzdem noch Optimierungspotenzial oder Handlungsbedarf beim Partnergeschäft?
Unsere Industrie hat sich über viele Jahre hinweg von sehr analog zu sehr digitalen Technologien entwickelt. Und auch wenn wir zufrieden sind mit unserem Lösungsgeschäft, liegt noch viel vor uns. Damit wir unseren Schwung im Bereich Lösungs­geschäft und Innovationen behalten können, brauchen wir unkonventionelles Denken und frische, neue Ideen. Canon als Unternehmen investiert einen grossen Anteil des Umsatzes in Forschung und Entwicklung, aber Innovation betrifft ja nicht nur die interne Entwicklung, sondern muss sich auch in der Partnerlandschaft reflektieren. Denn kein Unternehmen der Welt kann und will sämtliche Kompetenzfelder selbst ab­decken. Deshalb wollen wir mit unserem Ansatz verstärkt Partner aus verschiedenen Disziplinen zusammenbringen, um die nächste Generation von Lösungen nachzuziehen. Es sollen Lösungen entstehen, die unsere eigenen Produkte mit Lösungen eines Partners ergänzen und dadurch Teil einer neuen Wertschöpfungskette sind, in der wir mit dem Partner wachsen. Denn Innovation heisst neue Geschäftsfelder, neue Geschäftsfelder heisst Mehrwert. Was einen Mehrwert gibt ist gut für Kunden und was gut für die Kunden ist, ist am Schluss auch gut für uns und die Partner.

Sind die aktuellen Partner bereit für diese Entwicklung?
Absolut. Viele unserer rund zwölf Lösungspartner sind nicht im klassischen Vertriebsumfeld unterwegs und nehmen Technologien wie AI, digitale Zertifizierung oder Blockchain auf. Wenn sich dann Lösungen der Partner mit Lösungen von uns verbinden, bieten sich neue Geschäftschancen.

Wenn Sie neue Geschäftsfelder erschliessen wollen, was bedeutet das für die bestehende Partnerlandschaft? Braucht es neue, andere Partner?
Wir sind auf der Suche nach weiteren Lösungspartnern. Dabei geht es aber nicht um eine konkrete Anzahl neuer Partner, sondern um Partner, die mit integrativen Lösungen unterwegs sind. Klasse vor Masse also. Und im Endeffekt geht es darum, dass wir neue Geschäftsfelder erschliessen, aber auch unsere bestehenden Produktlinien für mehr Segmente zugänglich machen können. (abr)

Wie ist das Feedback der bestehenden Partner? Sind sie bereit für diesen Wandel und wie viel Unterstützung benötigen sie dabei?
Eine unserer Hauptprioritäten im laufenden Jahr ist es, unsere Partner im Bereich digitale Transformation zu unterstützen. Das beginnt mit der Know-how-Vermittlung, sprich Schulungen. Daneben ist aber auch wichtig, dass wir unsere Wertschöpfungskette, wie zum Beispiel Presales im Bereich Lösungsdesign, ebenfalls zur Verfügung stellen. Wir müssen und wollen die Partner weiterhin unterstützen und es ihnen ermöglichen, dass sie in der digitalen Transformation mit unseren Lösungen und Produkten auch für sich Mehrwert schaffen können.

Und was passiert mit einem Partner, der sich dieser ­Entwicklung mehr oder weniger komplett verschliesst?
Wenn man sich als Unternehmen einem Megatrend verschliesst, muss man entweder ganz viel Mut oder ein grossartiges Produkt haben, das sich in einer Nische befindet. Und die Digitalisierung ist ein Mega­trend, es gibt meiner Meinung nach kein Verschliessen ­davor – für kein Unternehmen.

Das Partnerökosystem wird sich in den nächsten Monaten also relativ stark verändern, sprich die Art und Weise wie die Partner arbeiten und mit Canon zusammenarbeiten.
In den nächsten Monaten werden wir einige Initiativen forcieren, zum einen auf der Portfolioseite, zum anderen auf der Unterstützungsseite. Die Veränderung der Partnerlandschaft ist keine Frage von ein paar Monaten, sondern ist ein langfristiger Prozess. Aber wir haben im Verlauf des aktuellen Jahres wesentliche Themen in der Pipeline, mit denen wir unseren Partnern helfen können, mit uns zusammen mehr Ertrag zu generieren. (abr)

Von welchen Massnahmen sprechen Sie da?
Das eine betrifft sicher das Know-how, wo wir zur Unterstützung der Partner verschiedene Angebote lancieren werden. Wir haben ein sehr breites Produktportfolio, angefangen bei Consumer-Geräten über grössere Devices im Office-Bereich bis hin zu Maschinen für Grossdruckereien. Nun wollen wir auch im Lösungsbereich mit weiteren spannenden Lösungen kommen, etwa im Cloud-Umfeld. Zum Beispiel Prozess-Automatisierungen, die auch für kleinere Unternehmen erschwinglich und interessant sind.

Was muss ein neuer Partner mitbringen? Welche Erwartungen haben Sie?
Das sind drei Dinge. Erstens braucht es Offenheit. Denn ein Innovationsprozess und ein Ökosystem funktionieren dann, wenn man offen ist. Zweitens braucht der Partner Kom­petenzen im Bereich digitaler Integration und Transfor­mation. Und drittens wollen wir Nachhaltigkeit in den ­Geschäftsbeziehungen unserer Partner. Wir wollen ein wiederkehrendes Geschäftsmodell und nicht eine Einzel­lösung, die man einmalig verkaufen kann und dann passiert nichts mehr.

Braucht es auch Anpassungen im Partnerprogramm? Und wie viel Einfluss hat Canon Schweiz darauf?
Einer der grossen Vorteile, die man hat, wenn man in einen internationalen Grosskonzern eingebettet ist, ist die unglaublich leistungsfähige Portfoliolandschaft. Gleichzeitig sind wir aber sehr lokal verankert, nicht nur auf Service-Seite sondern insgesamt. Einen wesentlichen Teil unserer Wertschöpfungskette können wir aus der Schweiz heraus abdecken. Über das Partnerprogramm können wir hierzulande komplett autonom entscheiden. Natürlich gibt es aber gewiss Grenzen, Richtlinien und Leitvorgaben auf strategischer Seite. Aktuell passen wir die Struktur im Partnerprogramm an und wir sind im Bereich Partnerportal daran, eine neue Lösung zu bieten. Hier sind diverse Massnahmen in der Pipeline oder schon kurz vor der Lancierung. (abr)


Nebst dem indirekten Vertrieb: Gibt es beim Direktvertrieb auch noch Anpassungen?

Unsere klare Ambition ist, sowohl beim indirekten als auch beim direkten Vertrieb zu wachsen. Bei Canon bilden der direkte und der indirekte Vertrieb oftmals eine Symbiose. Wir haben Partner, die mit unseren direkten Vertriebsmitarbeitenden zu den Kunden gehen. Wir treten in sehr vielen Situationen gemeinsam auf. Natürlich besteht bei einem Unternehmen aber immer ein Spannungsfeld zwischen indirektem und direktem Vertrieb. Dieses federn wir aber mit einem Motivationssystem gegenüber unserem Sales ab. Dieser wird belohnt, wenn er für einen Deal Partner mit an Bord holt.

Wie anfangs erwähnt sind Sie für die längerfristige strategische Entwicklung zuständig. Was steht hier nebst den angesprochenen Themen noch ganz weit oben auf der Prioritätenliste?
Wir müssen die Tatsache noch stärker am Markt positionieren, dass wir im Printing-Bereich in der Schweiz lokal die grösste Service- und Support-Organisation haben. Wir haben Partner, die Services und Support in Eigenregie durchführen, wir haben aber auch Partner, die diese Aufgaben im Rahmen eines Subcontracting an uns weitergeben. Und es gibt sogar gewisse Regionen, in denen wir unsere Support- und Maintenance-Dienstleistungen an unsere Partner weitergeben. Will ein regionaler Partner, der in einer gewissen Region seine Dienstleistungen anbieten kann, einen Kunden akquirieren, der ausserhalb dieses Service-Perimeters liegt, machen wir für den Partner die Service-Dienstleistungen. ■ (abr)

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