Mit älteren Arbeitnehmern gegen den Fachkräftemangel

24. Juni 2021 - Eine Studie zeigt auf, dass bei älteren Arbeitnehmenden im ICT-Bereich Fachkräftepotenzial brachliege. Mit ein Grund dafür sei das Thema Altersdiskriminierung, wo Unternehmen gefragt seien, ihr Handeln zu überdenken.

Dass ICT-Fachkräfte in der Schweiz Mangelware sind, ist bekannt und wurde zuletzt im September 2020 durch eine Studie belegt ("Swiss IT Reseller" berichtete). Nun hat Digitalswitzerland eine Studie veröffentlicht, wonach bei älteren Arbeitnehmenden im ICT-Bereich Fachkräftepotenzial brachliege. Die Erhebung besagt nämlich, dass das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen zwischen 58 und 70 Jahren in der ICT mit 61,1 Jahren vergleichsweise tief liegt. In der Branche der Architekten und Ingenieure sei das Durchschnittsalter mit 62,6 Jahren beispielsweise deutlich höher, heisst es von Digitalswitzerland. In der ICT-Branche erfolge der erste grosse Rückgang der Beschäftigung bereits ab 60 Jahren, der zweite ab 63 Jahren. "Dies zeigt, dass bereits vor dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters wertvolles Arbeitskräftepotenzial brach liegt. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen, um den steigenden Fachkräftebedarf zu decken", schreibt Digitalswitzerland hierzu.

Um die Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung zu stärken, seien die Unternehmen gefordert, findet der Verband. Deputy Managing Director Andreas Kaelin führt aus: "Besonders positiv auf ein langes Erwerbsleben wirken sich ein hoher Grad an Selbstständigkeit und Flexibilität, ein hohes Bildungsniveau und die Erwerbstätigkeit in kleineren Unternehmen aus. Nebst förderlichen gesetzlichen Voraussetzungen ist zudem ein kultureller Wandel der Arbeitswelt nötig, um der gestiegenen Lebenserwartung gerecht zu werden und die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Altern zur Norm zu erklären." Als Beispiele nennt Digitalswitzerland graduelle Pensionierungen oder die Wertschätzung für das Arbeiten nach der Pension. "Eine schrittweise Reduktion des Arbeitspensums bereits vor dem Erreichen des Pensionsalters sollte dabei nicht als Vorbereitung für Austritt aus dem Erwerbsleben zum ordentlichen Pensionsalter verstanden werden, sondern als sich für beide Seiten lohnendes, langfristiges Engagement im dritten Lebensabschnitt ausgelegt sein." Solche Konzepte sollten von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gemeinsam und aktiv gestaltet werden. (mw)

Gleichzeitig adressiert Digitalswitzerland auch das Thema Altersdiskriminierung, das sich neben Frühpensionierungsmodellen vor allem negativ auf ein langes Erwerbsleben auswirke. Digitalswitzerland erklärt hierzu: "Obwohl die empirische Evidenz klar zeigt, dass die Loyalität der Mitarbeitenden im Alter besonders hoch ist und sich Investitionen in die Mitarbeitenden trotz kürzerer Zeit für den Return on Investment daher auszahlen können, werden ältere Fachkräfte bei gleichen Qualifikationen weniger oft zu Bewerbungsgesprächen eingeladen und angestellt." Hier seien Unternehmen gefragt, dieses Vorgehen kritisch zu hinterfragen und "ältere Arbeitskräfte als Bereicherung" zu sehen. Zum Thema der steigenden Lohnkosten, die mit ein Grund für die Altersdiskriminierung sein können, erklärt der Verband, dass in diesem Zusammenhang automatische, altersbedingte Lohnerhöhungen kritisch zu prüfen seien – insbesondere da die steigenden Lohnnebenkosten von den Arbeitgebenden nicht beeinflusst werden können.

Die gesamte 44-seitige Studie, die auch Fragen zum Lohn und zur Vorsorge, zum Beschäftigungsgrad oder zum Bildungsniveau beantwortet, findet sich an dieser Stelle als PDF. (mw)

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