Ruedi Noser - Der Umtriebige

7. Juli 2012 - Politiker, Unternehmer, Verbandspräsident: Ruedi Noser ist ein beschäftigter Mann, und ausserdem eine Persönlichkeit, die ihre Schwächen akzeptiert und an ihre Stärken glaubt.

«Ich bin in meinem Leben nie einem Plan gefolgt», erklärt Ruedi Noser, Verwaltungsrats­präsident und Alleininhaber der Noser Gruppe, FDP-Nationalrat und Präsident von ICTswitzerland. Und nicht zuletzt deshalb ist etwa Nosers Karriere in der Politik eher dem Zufall als minutiöser Planung zuzuschreiben. «Ich bin zwar an Kultur, Geschichte und an der Gesellschaft interessiert, doch ich hegte an sich keine Pläne, aktiver Politiker zu werden.» Dass er dann doch in die Politik gelangte, ist einer zufälligen Begegnung während einer Zugfahrt von Zürich nach Bern zuzuschreiben, bei welcher Noser mit einem Ständerat ins Gespräch gekommen ist. «Dieser Ständerat bat mich damals, die Themen, die wir während dieser Zugfahrt besprachen, aufzuschreiben. Dieses Papier landete bei FDP-Urgestein Franz Steinegger, der mich darauf­hin in die Geschäftsleitung der FDP Schweiz eingeladen hat.» So führte eines zum anderen: 1999 wurde Noser in den Zürcher Kantonsrat gewählt, und eine Legislaturperiode später sass Noser bereits im Nationalrat. Doch obwohl Noser zufällig in der Politik gelandet ist, übt er diese Aufgabe mit Leidenschaft aus. «Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass die Gesellschaft ihre Probleme lösen kann», erklärt Noser. Er sei überzeugt, dass eine Gesellschaft, die ihre Schwierigkeiten nicht meistern kann, diese Probleme in die Firmen trägt – und das sei teuer. Als Beispiel nennt er die Unruhen in Paris vor einigen Jahren, als einige Tausend Autos gebrannt haben. «Die Schäden an diesen brennenden Autos waren vielleicht nicht so gross, aber überlegen sie sich einmal, wie viele Leute in Paris an diesem Tag noch ihrer Arbeit nachgegangen sind.» (mw)


IT statt Dieselmotoren

Auch Nosers Einstieg in die Informatik Anfang der 80er-Jahre ist eher dem Zufall zuzuordnen. Eigentlich habe er nach seiner Lehre am Mechaniker-Tech in Winterthur studieren wollen. «Am Einschreibetag hat ein Professor darüber referiert, dass man in Winterthur schon seit 100 Jahre Dieselmotoren konstruiert und das auch noch die kommenden 100 Jahre machen wird», erinnert sich Noser. «Da habe ich mir gesagt, dass etwas, was man bereits seit 100 Jahren macht, mich eigentlich nicht interessiert.» Also habe er sich in Rapperswil für das Elektro-Tech angemeldet, das er in der Fachrichtung Informatik abgeschlossen habe.
Nach drei Jahren bei Zühlke Engineering stieg Noser dann in die Firma seines Bruders ein, die sich damals vor allem mit Mess- und Regeltechnik beschäftigte. Mit Ruedi Nosers Einstieg begann der Aufbau der Informatikseite des Unternehmens, und seit 1996 steht er an der Spitze der Noser Gruppe mit ihren heute knapp 500 Mitarbeitern. Dabei gibt Noser aber offen zu, dass er seine Stärken nicht unbedingt in den typischen Aufgaben eines CEO sieht. «Meine Stärken liegen im Business Development – ich kann aus Null Eins machen. Um dann aber aus Zwei Drei zu machen, sind andere Leute besser geeignet. Ich bin nicht der, der etwas zum Schluss fertig entwickelt und der wiederkehrende Aufgaben übernimmt», gesteht sich Noser ein, der sich selbst als sehr ungeduldig bezeichnet. «Dafür verfüge ich über sehr gute Menschenkenntnis und kann Leute überzeugen und motivieren.»
(mw)

Dass Noser offen über seine Schwächen spricht, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass er diese Schwächen akzeptiert. «Ich vertrete die Einstellung, dass man mit seinen Stärken und Schwächen leben muss. Ich bin zufrieden damit, was ich habe und wer ich bin – inklusive meiner Fehler. Denn sie gehören zu mir und haben mich zu dem gemacht, was ich bin.» Mit ein Grund für diese Einstellung könnte sein, dass Ruedi Noser Legastheniker ist. «Da bleibt einem schon während der Schulzeit nichts anderes übrig, als diese Schwäche zu akzeptieren und sich auf seine Stärken zu konzentrieren.» Er sei der Überzeugung, dass viel zu viele Menschen viel zu viel Energie darauf investieren, ihre Schwächen korrigieren zu wollen. «Dabei wäre es doch viel sinnvoller, die guten Seiten noch besser zu machen.»
Ein drittes, wesentliches Tätigkeitsfeld, in dem sich Noser bewegt, ist die Schweizer Informatik-Verbandslandschaft. Und diese liegt dem Präsidenten von ICTswitzerland, dem Dachverband der ICT-Branche, besonders am Herzen. «Denn für mich ist klar, wir müssen stärker zusammenstehen in der Branche, um so stärker zu werden als Verband.» In der Schweizer IT-Szene habe es viele hervorragende Persönlichkeiten, die etwas bewegen wollen. «Was ich mir aber wünschen würde ist, dass diese Persönlichkeiten sich gemeinsam einsetzen. Denn es darf nicht sein, dass jeder, der sich engagieren will, gleich einen eigenen Verein gründet. Viel besser ist es doch, sich dort zu engagieren, wo bereits Strukturen vorhanden sind.»
(mw)


Der Wunsch nach Zeit

Ruedi Noser ist ein Mann, der im Hier und Jetzt lebt: Auf die Frage nach Träumen und Zielen – etwa in der Politik – meint er beispielsweise: «In der Politik sollte man vorsichtig sein mit Zielen, und sich besser darauf konzentrieren, was man gerade macht, anstatt permanent am nächsten Ziel zu arbeiten.» Privat möchte er seine vier Kinder dabei unterstützen, ihren Lebensweg zu finden – was für ihn und seine Frau sicher die Herausforderung für die kommenden Jahre sei. «Und beruflich wollen wir weiterhin die erfolgreiche, technisch orientierte Infor­matikunternehmung bleiben, die wir in Vergangenheit schon waren.» Träume in dem Sinne habe er jedoch keine, denn alles, was er machen wolle, mache er auch – sofern er die Zeit dazu findet. Zeit ist denn auch Nosers grösster Wunsch: «Ich würde gerne meine Agenda freischaufeln, um mehr Zeit zu haben – Zeit, in der für einmal nichts ansteht.» (mw)

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