Die Erfahrung der Distribution nutzen
Quelle: Exclusive Networks

Die Erfahrung der Distribution nutzen

Für den Schritt in den Channel – besonders in der Schweiz – braucht es Wille, Geduld und Anpassungsfähigkeit. Anton Dreher, bei Exclusive Networks unter anderem verantwortlich für das Onboarding neuer Hersteller, zeigt auf, was ein Hersteller beim Wechsel des Vertriebsmodells richtig machen kann – und wo die Stolperfallen verborgen sind.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/10

     

Wer den Einstieg in den Channel wagen will, kommt nicht daran vorbei, sich mindestens ­einen Distributionspartner zu suchen – eine mögliche Adresse in der Schweiz ist etwa Exclusive Networks als etablierter Value Added Distributor (VAD). Anton Dreher, seines Zeichens Business Development Manager bei Exclusive Networks Switzerland und damit unter anderem verantwortlich für die Integration neuer Hersteller im Portfolio, zeigt im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» auf, wie der Onboarding-­Prozess für einen neuen Hersteller im Channel abläuft.

Interessant, ergänzend, disruptiv

«Die Initiative für eine Zusammenarbeit kommt sehr oft von den Herstellern, die in den Channel einsteigen, also vom direkten zum indirekten Vertrieb wechseln und damit skalieren möchten», so Anton Dreher zu Beginn des Gesprächs. Die Anfragen dazu werden bei einem international tätigen VAD meist überregional beurteilt und kommen auf diesem Weg zur Schweizer Exclusive-Networks-Niederlassung. Der Vorteil dieses Ansatzes für Hersteller ist, wie Dreher ausführt, besonders in grenzübergreifenden Distributionsaktivitäten zu sehen, die sich dem Hersteller mit einem international agierenden Distributor bieten.

Ob dieser internationale Vertrieb genutzt wird, ist individuell und hängt von der Wachstumsstrategie ab. «In der Regel wünschen die Hersteller aber einen möglichst breiten Vertrieb. Und es ist natürlich auch für uns spannend, ­einen Partner für eine ganze Region respektive einen ganzen Kontinent onboarden zu können», wie Dreher erklärt. Der Hersteller reduziert damit seine Schnittstellen und kommt sehr schnell zu einem ganzen Fächer an Ressourcen, die ohne einen Disti schwer zu bekommen sind: Präsenz in den lokalen Märkten, die Nutzung bestehender Netzwerke von Resellern, die Möglichkeit, mit nur einem Partner sozusagen über Nacht in einer ganzen Region aktiv werden zu können und eine Reihe weiterer Hilfestellungen, welche die Distribution bietet. Dieser Mehrwert gilt natürlich besonders für VADs im Vergleich zu Broadlinern, die Volume-basiertes Geschäft machen, wie Dreher betont.


Ob es überhaupt soweit kommt und der Distributor bereit ist, mit dem Hersteller zusammenzuarbeiten, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Das Produkt müsse interessant, ergänzend oder auch disruptiv sein, dem Channel einen Mehrwert bringen und einen Pain Point der Endkunden adressieren. «Im besten Fall ergänzt es das bestehende Portfolio und bietet dem Reseller eine Chance für das Cross-Selling und für die Erbringung weiterer Services», so Dreher.

Der Distributor als Vermittler

Der Prozess des Channel-Einstiegs beginnt mit dem Kontakt zwischen Hersteller und Distributor, «im Anschluss wird der Hersteller einem Business Development Manager oder einem Vendor Manager zugeteilt, der im Land diesen Hersteller fortan verantwortet», so Anton Dreher, der in seiner Position exakt für diese Aufgabe zuständig ist. Im Rahmen eines bewährten Onboarding-Prozesses wird der Hersteller – besonders dann, wenn er ganz neu im indirekten Vertriebsmodell arbeitet – beim Einstieg in den Channel begleitet. «Dieser Wechsel bringt einige Herausforderungen mit sich», warnt Dreher, «wir legen mit dem Hersteller einen Plan fest. Hier geht es etwa um den Abgleich in den Bereichen Partnerakquise, Marktentwicklung, Marketing und in Operations-Themen. Ausserdem sorgen wir natürlich dafür, dass unsere Mitarbeiter auf dem Produkt des Herstellers geschult werden, etwa in der Technik, im Pre- und Post-Sales sowie im Support.»


In einem nächsten Schritt wird ­ein Business-Development-Plan entwickelt. Dabei werden verschiedenste Fragen beantwortet – etwa, welche Partner man angehen möchte, in welcher Form das passiert oder wie man Marketing-Aktivitäten gestalten will. «Das wird dann natürlich immer den lokalen Gegebenheiten und Sprachen angepasst, was in der Schweiz besonders wichtig ist», wie Dreher ergänzt. Besonders betont er hierbei die vermittelnde Rolle, welche die Distribution innehat: «Wir sind der Vermittler zwischen Hersteller und Reseller. Wir kennen beide Parteien gut, können beurteilen, welche Kombinationen auf dem Markt gute Chancen haben und die richtigen Ansprechpartner miteinander verbinden.» Bei den ausgewählten Reseller-Partnern wird man aufseiten der Distribution dann erneut vertieft mit den bereits erwähnten Themen aktiv: Schulung der Mitarbeiter, Unterstützung der Marketing-Aktivitäten et cetera. «In der Regel folgt dann noch ein Abgleich von Endkunden zwischen dem Reseller und dem Hersteller als Grundlage für die ersten Schritte auf dem Weg zu erfolgreich abgeschlossenen Projekten», so Dreher ergänzend. Durch die Marktkenntnisse der Distribution ist diese vermittelnde Rolle der Distributoren besonders wichtig und kann schnell und effizient wahrgenommen werden, so der Partnerverantwortliche.

Die Bringschuld des Herstellers

Auf die Frage, was ein Hersteller dringend einhalten oder beachten muss, wenn er den Channel-Einstieg wagen will, antwortet Dreher aus Erfahrung: «Er muss bereit sein, Anpassungen hierbei umzusetzen, um von den längerfristigen Vorteilen des indirekten Vertriebsmodells zu profitieren.»

In der Konsequenz werden die Margen beim Modellwechsel zum indirekten Verkauf plötzlich aufgeteilt und selbstverständlich kann es auch einen Moment dauern, bis sich ein Produkt bei den Resellern durchsetzt und die Teams auf allen Seiten entsprechend geschult sind.


«Es braucht beim Hersteller jemanden, der für die Modellmigration zuständig ist, den Aufbau des Channels verantwortet und auch rechenschaftspflichtig ist», so Dreher. «Diese Person muss sich intern engagieren, um das Team für das neue Modell zu gewinnen und Anpassungen an Prozessen und Strukturen voranzutreiben.» Als Beispiel nennt er etwa die Umsetzung von Anpassungen an den Aufgaben und Gehaltsmodellen der Vertriebs-Teams des Herstellers. «Es gibt schliesslich nichts Schlimmeres, als wenn der Sales des Herstellers Angebote direkt Endkunden unterbreitet und somit den Channel umgeht. Da braucht es klare und transparente Regeln, wie Projekte im Two-Tier-Modell über den Channel abgewickelt werden.» Die an einen direkten Vertrieb gewohnten Sales-Fachleute auf einmal gleichzeitig für den indirekten Vertrieb verantwortlich zu machen, ist laut dem Fachmann eine bekannte Stolperfalle, in die Hersteller treten können.

Auch empfiehlt er den Herstellern, sich das Wissen über die lokalen Märkte des Distributors zunutze zu machen und davon zu profitieren. Man sei als Hersteller schliesslich frei, sein Vertriebsmodell zu wählen, sollte aber, wenn der Channel gewählt wird, auf die Tipps und die Erfahrung der Distribution eingehen. Seine Checkliste in Kürze: Ein Partnerprogramm, das auch mithilfe des Distributors ausgearbeitet werden kann, ein Konzept für das Go to Market mit dem entsprechenden Partner-Profil sowie ein Plan, welche Märkte wie gewonnen werden können. «Als VAD können wir dann mit unserer Erfahrung bei der Erarbeitung dieser Grundlagen unterstützen», wie er ergänzt.

Erarbeitung des Partnerprogramms

Ein indirektes Vertriebsmodell braucht selbstverständlich ein Partnerprogramm, das laut Dreher einfach und eindeutig formuliert sowie klar vermittelbar sein sollte. Es sollte frühzeitig die Rechte und Pflichten im Channel festlegen, um später Konflikte zu vermeiden. Beinhalten muss es die Partnerlevels, die Anforderungen zum Erlangen der verschiedenen Levels, die Discounts und Margen sowie Themen wie Not-for-Resale-Angebote oder Trainingsangebote. Weiter sollten im Programm Marketing-Themen wie DDF- und MDF-Beiträge angesprochen werden.

Dreher: «Ich denke, wenn ein Partnerprogramm einen einfachen Einstieg in die Zusammenarbeit ermöglicht, minimale Vorinvestitionen vom Reseller verlangt und ein partnerschaftliches Miteinander lebt, ist der Start in den Channel eigentlich schmerzfrei.» Mit der Zeit sollte sich der Reseller im Rahmen einer gesunden Zusammenarbeit die kommerziellen und technischen Fähigkeiten aneignen, um Endkunden selbständig zu bedienen.


Bei der Erarbeitung des Partnerprogramms kann ein VAD natürlich Hersteller unterstützen und begleiten und erneut seinen Erfahrungsschatz spielen lassen.

Den Mehrwert honorieren

Punkto Margen gibt es aufgrund der bereits mehrfach genannten unterstützenden und ergänzenden Leistungen der Value-Add-Distribution Unterschiede zum Broadliner. Mit den Mehrwerten, die ein Value Added Distributor einbringt, ist seine Kosten­struktur anders als bei einem Distributor, der diese nicht bietet. Dreher: «Ein Hersteller, der gewisse Margen empfiehlt oder gewährt, sollte den Mehrwert des Channels honorieren, damit sich die Leistungen und Services, die erbracht werden, auch lohnen und man gemeinsam wachsen kann.»


«Hersteller machen auch beim Wechsel des Geschäftsmodells und dem Einstieg in den Channel profitables Geschäft, tätigen dabei aber oft auch Investitionen», so Dreher. Die Frage nach dem Break-even im Channel oder dem Return on Investment (ROI) hänge denn auch massgeblich vom Produkt und von der Marktsituation ab. Hier ist eine eigene Kalkulation aufseiten des Herstellers empfehlenswert.

Eigenarten des Schweizer Channels

Je nachdem, ob der Hersteller bereits etabliert und im Channel im Ausland tätig war oder ob es sich um ein Start-up handelt, das gänzlich neu in ein indirektes Vertriebsmodell einsteigt, ist der Handlungsbedarf unterschiedlich. «Da gibt es ganz verschiedene Fälle und es ist von Hersteller zu Hersteller verschieden, wie das vor sich geht», so Anton Dreher. Beurteilen muss man den Handlungsbedarf damit bei jedem Hersteller individuell.

Gemeinsam haben aber alle eines – den Eintritt in den Schweizer Channel mit seinen Eigenarten und Spezialitäten. Exclusive Networks bringt langjährige Erfahrung aus dem hiesigen Channel mit und bestätigt: Der Schweizer Channel ist etwas anders als im Rest der Welt. «Spezifisch für die Schweiz ist natürlich vor allem die Mehrsprachigkeit wichtig», wie er weiss.


Diese Mehrsprachigkeit – mindestens in Deutsch und Französisch – sei für die Betreuung der Reseller wichtig, was sich auf viele Themen wie Veranstaltungen oder Unterlagen auswirkt. Weiter werden in der Schweiz auch auf die Kultur und die geografische Nähe viel Wert gelegt, wie er ausführt. «Wir können viele Synergien über die Landesgrenzen hinaus nutzen, passen Details jedoch in allen Ländern lokal an», so Dreher.

Auch ist die Grösse des Marktes als Ganzes sowie die Definition von Unternehmensgrössen anders als im Ausland. An solche Gegebenheiten führe man die Hersteller heran und zeige auf, wie dieser spezielle, aber nicht weniger lohnenswerte Markt zu bearbeiten ist. «Wir wissen, was der Unterschied von Unternehmen in den verschiedenen Regionen ist – bezüglich Grösse und der Kultur. Und das gilt für die Reseller, für die Endkunden und letztlich auch für die Branchen», so Dreher. (win)


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