«Sind in der Schweiz bezüglich Channel-Ausbau ­ hinter Plan»
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«Sind in der Schweiz bezüglich Channel-Ausbau ­ hinter Plan»

CEO Oliver Bendig und Fabrizio Vismara, Area Vice President Alps Sales, über die neue Struktur von ­Matrix42, die Bedeutung der Schweiz für das Unternehmen und wieso es beim Schweizer Channel-­Geschäft noch Nachholbedarf gibt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/01

     

Digital-Workplace-Spezialist Matrix42 hat sich im Herbst 2020 neu aufgestellt. «Swiss IT Reseller» hat mit CEO Oliver Bendig und Fabrizio Vismara, dem neuen Area Vice President Alps Sales, über die Hintergründe, die Pläne für das angelaufene Jahr und den hiesigen Channel gesprochen.

«Swiss IT Reseller»: Matrix42 hat im Herbst 2020 diverse Änderungen im Management und in der Organisation vorgenommen. Warum?
Oliver Bendig:
Wir haben die letzten Quartale dazu genutzt, eine Matrix-­Organisation innerhalb von Matrix42 aufzubauen. Das heisst, es gibt funktionale Einheiten wie Marketing und Vertrieb oder Produktentwicklung. Und es gibt drei grosse Kernprozesse namens Product Creation, sprich Produktentwicklung und -management, Customer Acquisition and Demand, wo es um Marketing, Vertrieb und Presales geht, und Customer Lifecycle, also die Betreuung von Bestandskunden. Im Zuge dieser Umstrukturierungen haben wir auch im Management Änderungen vorgenommen. So konnten wir neu Dinko Eror als Chief Operations Officer gewinnen, Fabrizio Vismara ist als Area Vice President Alps Sales für die Alpenregion zu uns gestossen.

Wieso war die neue Struktur nötig und was erhofft sich Matrix42 ­davon?
Oliver Bendig:
Wir befinden uns in einem Wachstumskurs und deswegen verändern wir uns. Wir sind darauf fokussiert, digitales Arbeiten für Kunden und Unternehmen einfacher und sicherer zu gestalten. Das haben wir in den letzten Jahren erfolgreich gemacht. Als ich vor elf Jahren zu Matrix42 gekommen bin, waren wir rund 80 Mitarbeiter, heute beschäftigen wir fast 500 Personen. Und deshalb verändern wir uns auch, was das Thema Strukturen angeht – vor allen Dingen, um weiter zu skalieren. Wir haben das klare Ziel, die Nummer 1 in unserem Markt zu werden. Wir arbeiten immer nach dem Prinzip, dass wir ein Land Start-up-mässig eröffnen, mit kleineren Einheiten, die aber cross-funktional die ganze Wertschöpfungskette der Organisation abdecken. Und wenn das Ganze dann grösser wird, dann integrieren wir die Ländereinheit stärker in der Organisation. Mit der Umstrukturierung haben wir also unsere Organisationsstruktur auf globalere Füsse gestellt. Das heisst, dass wir das Start-up-Thema in Ländern, in welchen wir stark unterwegs sind, abgebaut haben und globale Strukturen implementiert haben – auch in der Alpenregion. So können wir Kundenbedürfnisse in einer Region schneller in die Produktentwicklung überspielen, besser skalieren und auch das Thema Service- und Supportprozesse wird damit optimiert.


Im Rahmen der Umstrukturierung ist es Ende September 2020 zum Weggang von Nadia Bischof gekommen, die die Alpenregion – also die Schweiz und Österreich – über viele Jahre geführt hat. Wieso hatte sie keinen Platz mehr in der neuen Struktur?
Oliver Bendig:
Ich bin sehr dankbar dafür, wie erfolgreich Nadia Bischof die Alpenregion in den letzten zehn Jahren aufgebaut hat. Wir wären nicht da, wo wir heute sind, ohne sie. Aber Nadia Bischof ist jemand, der in diesem Start-up-Konstrukt sehr gut funktioniert und sich auch zuhause fühlt. Und wenn man nun eine globalere Organisation baut, die nicht mehr zwei Hände voll Menschen beinhaltet, sondern die 500-Mitarbeiter-Marke überschreitet, dann ist das eine andere Struktur. Ich verstehe gut, dass man dann nach zehn Jahren sagt, dass das nicht mehr zusammenpasst. Sie hat in der neuen Struktur ihren Platz darin nicht mehr gesehen. Es ist normal, dass gewisse Menschen, wenn sich eine Organisation verändert, nicht mehr zu der Organisation passen oder umgekehrt.

Nach dem Weggang von Nadia ­Bischof hat Roberto Casetta als Chief Revenue Officer die Führung der Alps-Region übernommen, seit Dezember ist Fabrizio Vismara als Area Vice President Alps Sales tätig und hat inhaltlich die Aufgaben von Nadia Bischoff übernommen. Wie sind die Verantwortlichkeiten verteilt?
Oliver Bendig:
Matrix42 ist nicht eine Firma, sondern eine Gruppe mit 15 bis 16 legalen Einheiten. Roberto Casetta habe ich im Zuge der Umstrukturierung zum Chief Revenue Officer befördert. In dieser Position ist er für den eingangs erwähnten Kernprozess Customer Acquistion and Demand weltweit verantwortlich und das bedeutet auch, dass er Geschäftsführer verschiedener legalen Einheiten ist, darunter auch in der Schweiz. Rein formal sind somit ich und Roberto Casetta Geschäftsführer der Schweizer Matrix42-Gesellschaft. Aber in einer global wachsenden Organisation ist es nicht mehr wichtig, wie die globale Aufstellung ist. Wichtig ist, wer die Region von der Business-Seite her verantwortet. Und das ist für die Alps-Region Fabrizio Vismara mit seinem Team. Seine Aufgabe ist es vor allem, die Arbeit am Kunden auszubauen.

Herr Vismara, dabei haben Sie Ihren Sitz aber in Österreich, während Ihre Vorgängerin in der Schweiz domiziliert war.
Fabrizio Vismara:
Ja genau, ich sitze in Wien. Von da aus betreue ich die Länder Österreich und Schweiz, wobei mir Corona bei der physischen ­Präsenz in der Schweiz aktuell einen Strich durch die Rechnung macht. Prinzipiell bin ich aber dort vor Ort, wo das Geschäft und der Bedarf sind. Wenn wir wieder reisen dürfen, werde ich wieder jede Woche für mehrere Tage in der Schweiz sein.
Oliver Bendig: Zum Thema Österreich und die Schweiz zusammen zu führen gibt es unterschiedliche Meinungen. Das war auch eine Diskussion mit Nadia Bischof, damals einfach noch umgekehrt, weil Österreich aus der Schweiz heraus betreut wurde. Es hat aber die letzten zehn Jahr hervorragend funktioniert, die Schweiz und Österreich als eine Region zu behandeln. Wir haben in dieser Region heute über 300 Kunden. Und diese Erfolgs­geschichte wollen wir weiter ausbauen.


Gibt es aufgrund der Tatsache, dass die Schweiz nicht mehr direkt vor Ort, sondern von Österreich aus betreut wird, Stimmen, die befürchten, dass die Schweiz für Matrix42 an Bedeutung verloren hat?
Oliver Bendig:
Bisher nicht. Das ist auch überhaupt nicht das Signal, das wir senden wollen. Wir betrachten eine Region als eine Region. Als Beispiel: Belgien und Holland sind eine Region. Da hatten wir früher Einheiten aus Belgien, die Holland betreut haben und heute ist es umgekehrt. Ich kann verstehen, dass es diese Wahrnehmung geben kann. Aber wir haben lokale Mitarbeiter in der Schweiz. Unser Büro in Luzern ist da, bleibt weiter bestehen und wird ausgebaut. Dass jetzt der Manager in Österreich sitzt, ist einfach der Tatsache geschuldet, dass Fabrizio Vismara der beste Mann für den Job ist. Und wir haben natürlich in der Schweiz, in Österreich und weltweit gesucht. Die Schweiz ist und bleibt wichtig für uns. Wir haben tolle Kunden da und bauen die Region aus. Gerade im Partnerausbau ist hier noch viel möglich, da waren wir in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Ländern bezüglich Partnerperformance hinter dem, was wir an Traktion in anderen Ländern hatten.

Können Sie das genauer ausführen?
Oliver Bendig:
Wir sind eine sehr partnerzentrierte Organisation. Eine unserer strategischen Leitplanken ist es, das Geschäft mit den Partnern weiter auszubauen. Vor vier, fünf Jahren hatten wir einen Partneranteil von 30 Prozent am Neulizenzgeschäft, heute sind wir bei 70 Prozent weltweit – wobei der Anteil in der Alpenregion bei unter 50 Prozent liegt. Der klare Auftrag an die Alpenregion lautet denn auch, noch stärker mit den Partnern zu wachsen. Denn wir wollen den weltweiten Anteil auf 80 Prozent steigern und sind sehr stark auf der Suche nach neuen Partnern. Unser Wunsch ist es, das Partner-Ökosystem weiter auszubauen und gerade in der Schweizer Region haben wir hier noch viel Potential.

Welche weiteren Pläne verfolgen Sie mit Matrix42 in der Schweiz?
Fabrizio Vismara:
Wir richten uns international aus, handeln aber regional. Das ist die Stärke von Matrix42, auch gegenüber ganz grossen Playern, die sich oft nicht so leicht tun, einen regionalen oder lokalen Markt wie die Schweiz individuell zu betreuen. Wir werden den Standort weiter ausbauen. Es geht darum, regional Massnahmen aufzusetzen, um eine Skalierung zu machen, um Ressourcen besser und schneller an den Kunden zu bringen und die Servicequalität zu erhöhen. Das ist unsere Intention in der Schweiz. Es geht darum, unsere DACH-Stärke voll zu nutzen und ein entsprechendes Ökosystem aufzubauen und die Partnerlandschaft zu stärken, um hier einen gesunden Mix zu haben.


Wie gross ist das Schweizer Team ­lokal vor Ort?
Oliver Bendig:
Aktuell beschäftigen wir um die 15 Mitarbeiter, in Backoffice, Consulting, Vertrieb und Presales. Die Zahl soll aber erhöht werden, mit Fokus auf Vertrieb und Consulting. Das ist der Auftrag an Fabrizio Vismara, das Go-to-Market zu stärken. Denn die Alpenregion soll auch dazu verwendet werden, noch stärker in andere Länder reinzugehen.

Welche Länder oder Märkte sollen denn 2021 konkret angegangen ­werden?
Oliver Bendig:
Durch Firescope, das wir vor einem halben Jahr übernommen haben, haben wir im Westen einen strategischen Go-to-Market in den USA durchgeführt, hier liegt für 2021 einer unserer Fokusse. Im Osten sind wir vor 1,5 Jahren in Polen gestartet und wollen das weiter ausbauen. Zuerst sollen 2021 nun aber die Schweiz und Österreich weiter ausgebaut werden, um dann voraussichtlich nach 2021 über Polen weiter nach Tschechien und in die Slowakei zu expandieren.

Sie wollen und müssen das Partner-­Ökosystem in der Schweiz ausbauen. Was heisst das konkret?
Oliver Bendig
: Für unsere Kunden sind zwei Themen wichtig. Zum einen wollen sie einen Partner haben, der ihnen hilft, Implementierungen und Cloud-Transformationen durchzuführen. Wir sehen uns als Plattformanbieter. Wir haben zwar ein eigenes Implementierungs-Team, dieses wird aber, im Vergleich zu noch vor einigen Jahren, in der Alps-Region immer stärker dazu eingesetzt, Partner auszubilden und um ganz komplexe Projekte zu machen. Die Standardprojekte wollen wir stärker über Partner abdecken, weil wir glauben, dass der Partner solche Projekte noch mit weiteren Lösungen veredeln kann. Ein Beispiel: Bei Cloud-Transformationen geht es um Service-Prozesse. Dazu gehören etwa auch Unified-Communications-Prozesse, sprich, wie geht man etwa mit Microsoft Teams um oder führt Office in der Cloud ein. Das ist nicht unser Thema, aber ein Partner kann das sehr wohl übernehmen. Das zweite riesige Thema sind Managed Services für das Lizenz-Management, für Service-Management oder den digitalen Arbeitsplatz generell. Und auch da sehen wir uns als Plattformanbieter aber nicht als Service Provider. Wir arbeiten also mit Partnern zusammen, um die Leistung beim Kunden zu erbringen.


Und wie wollen Sie das ­hiesige Partner-Ökosystem weiter auszubauen?
Oliver Bendig:
Wir haben im Rahmen der Umstrukturierung ein Prinzip eingeführt, das wir Channel Care nennen. Das ist eine eigene Einheit, die global die Ländereinheiten unterstützt und die Ausbildung der Partner verbessert. Hier investieren wir viel Geld, Zeit und Energie. Zudem haben wir das Partnermodell angepasst und modernisiert. Das Feedback der Partner ist positiv, weil wir ein innovatives Modell fahren, bei welchem es nicht nur um Umsatz geht, sondern vor allem darum, wie viel der Partner in Ausbildung investiert und wie viele Ressourcen er für Matrix42 einsetzt. In der Schweiz sind wir bezüglich Channel-­Ausbau noch hinter Plan.

Wieso sind Sie bezüglich Partner in der Schweiz im Hintertreffen? Woher kommt dieser Aufholbedarf?
Oliver Bendig:
Dieser Umstand ist dem Organisationsmodell geschuldet. In der Schweiz hatten wir in den letzten Jahren wie erwähnt ein Start-up-Modell, was gut und richtig war. Wir haben hierzulande viel Direktgeschäft gemacht. Das ist schneller, als mit einem Partner zu arbeiten, und manchmal vielleicht auch einfacher. Aber für uns als Organisation bringt es langfristig weniger Skalierung. Mit der Veränderung 2020 vom Start-up zur globalen Struktur mit lokalem Flavour ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um bezüglich Partner in der Schweiz aufzuholen. Zudem ist die gesamte hiesige Partnerlandschaft ist weniger umfangreich auf unser Thema fokussiert als etwa in Deutschland. Entsprechend haben wir Aufwände, überhaupt die richtigen Partner zu finden, die zu uns und unserem Thema passen.

Was muss denn ein Partner mitbringen? Was erwarten Sie?
Fabrizio Vismara:
Grundsätzlich ist Know-how im Bereich Digital Workspace Management sicher hilfreich. Ein Partner soll Kunden- und Branchenkenntnis sowie das Wissen über lokale Besonderheiten und Technologien mitbringen. Es braucht eine gewisse Kompetenz, wenn es um das Miteinander mit den Kunden geht, damit man aus Consulting-Sicht ein Projekt auch entsprechend begleiten kann. Der Mix von Technologie und Know-how ist wichtig und wir schauen bei möglichen Partnern, inwieweit sie diese Kompetenzen bereits mitbringen. Ein Ziel ist es, mit den Partnern einen Plan zu erstellen, wohin ihre Entwicklung gehen soll. Wo kann er sich erweitern oder seine Kompetenz vertiefen, um einen Schritt nach vorne zu machen? Wo liegen seine Stärken, wie kann er sich am besten positionieren? Gleichzeitig müssen wir darauf schauen, dass gerade in der Schweiz gewisse Partner auch die Ressourcenbreite und -tiefe haben, um mit den grossen, internationalen Kunden zusammenzuarbeiten.



Matrix42 übernimmt Fastviewer
Matrix42 will sich im Bereich Remote ­Working stärken und hat daher zu einem nicht genannten Preis das Unternehmen Fastviewer übernommen. Fastviewer betreibt eine Plattform für den Fernzugriff und die Fernwartung von PCs, Servern und ­Mobilgeräten und ist langjähriger Partner von ­Matrix42. Fastviewer gehört seit 2012 zum Atos-Unify-Konzern. Entsprechend soll durch den Deal auch die weltweite Vertriebs- und Technologiepartnerschaft mit dem französischen IT-Dienstleister Atos ausgebaut werden. (abr)


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