Microsoft krempelt Partner-Netzwerk um

Microsoft aktualisiert die Partnerorganisation. Die bisherige Einteilung in Registered-, Certified- und Gold-Partner fällt weg. Zudem wird eine Kundenzufriedenheitsstudie für Partner der höchsten Stufe obligatorisch. Wie reagieren Schweizer Partner auf die Änderungen?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/41

     

Microsoft stellt seine Partnerorganisation neu auf. So werden die weltweit rund 640'000 Partner im neuen Microsoft Partner Network (MPN) künftig nicht mehr in die Stufen Re­gistered, Certified und Gold eingeteilt. Microsoft-Mediensprecherin Barbara Josef erklärt: «Programmstufen in altbewährter Form wird es im MPN von November 2010 an nicht mehr geben. Künftig werden die erworbenen Kompetenzen den Status eines Partners dokumentieren. Titel wie Certified- und Gold-Certified-Partner entfallen, sind aber durchaus vergleichbar mit den Qualifikationen ‹Competency Partner› respektive ‹Advanced Competency Partner›. Das Advanced Level kennzeichnet die Kernkompetenz des Partners.»
Auch die Bedingungen, um ein gewisses Level zu erhalten, werden im MPN angepasst. So müssen Gold-Partner strengere Kriterien erfüllen, um wieder gleich beurteilt zu werden. Des weiteren werden die Kompetenzen- und Unterkompetenzen der Partner alle auf eine Stufe gestellt. Insgesamt steigt die Zahl der Partnerkompetenzen von aktuell 15 auf 30.

Gemischte Gefühle gegenüber CSAT

Im Oktober 2010 wird definitiv auf das neue Partner-Network umgestellt, bis dahin bleiben die bekannten Stufen erhalten, und die Partner können sich für die neuen Bedingungen rüs­ten. «Wir haben bewusst eine lange Transitionsphase gewählt, um unseren Partnern genügend Zeit zu geben, sich auf die neuen Voraussetzungen vorzubereiten», betont Josef. Für die nächste Reprofilierung bleiben die Anforderungen gleich, ausser für Gold-Certified-Partner, die sich ab dem 20. November 2009 nur profilieren oder reprofilieren können, wenn sie innerhalb der letzten zwölf Monate an der Kundenzufriedenheitsmessung (CSAT) teilgenommen haben.
Im Mittelpunkt der Vorbereitungen steht denn auch diese Kundenzufriedenheitsstudie, die bislang freiwillig war, nun aber für Gold-Certified-Partner obligatorisch wird. Laut Josef waren die Partner in Bezug auf CSAT am Anfang eher skeptisch ? vor allem grosse Partner, die ihre eigenen Kunden­umfragen durchführen: «Aber sobald sie CSAT und das entsprechende Reporting-System genauer kennengelernt haben, haben sie erkannt, dass CSAT ihnen einen klaren Mehrwert bietet.»
Dagegen wehrt sich Patrick Püntener, Geschäftsleitungsmitglied beim Basler IT-Dienstleister ITsystems. Ihm stösst die CSAT sauer auf: «Wir finden die Kundenzufriedenheitsstudie sehr bemühend», erklärt Püntener. «In der Schweiz mögen es die Kunden nicht, von einem Hersteller belästigt zu werden. Vor allem grössere Firmen haben interne Regeln, die eine Teilnahme sehr mühsam machen. Wer sich wie wir in diesem Umfeld bewegt, hat schon genügend Mühe, Referenz-Cases von den Legal Departments genehmigen zu lassen, da möchten wir unsere Kunden nicht auch noch im Namen eines Herstellers bemühen», so Püntener weiter.
Microsoft könne die Kundenbefragung ja selber durchführen, wenn diese Informationen so wichtig seien. Es auf die Partner abzuschieben, sei eine billige Tour.
Ebenfalls nicht mit CSAT einverstanden ist ein Dienstleister, der nicht genannt werden möchte: «Wir machen bereits selber eine Kundenzufriedenheitsumfrage. Zudem wird in den Projekten selbst immer die Zufriedenheit des Kunden erhoben. Kommt dann noch die Microsoft-Messung hinzu, wird es für den Kunden zu viel. Ausserdem müssten wird die CSAT selber durchführen, denn wenn diese durch den externen Microsoft-Anbieter gemacht würde, würden die Kunden die Fragen nicht beantworten, und wir verlören unseren Gold-Status.»
Bei Gold-Partner PC-Ware hat man die Umfrage laut Markus Amrein, Director IT-Services, zwar durchgeführt, aber «wie die meisten wohl auch erst auf Druck der neuen Bestimmungen».
Weitere Schweizer Gold-Partner hingegen haben mit der Kundenzufriedenheitsstudie keine Probleme. Man habe diese bereits zuvor durchgeführt, erklärt Andreas Kleeb, Vizepräsident des RedIT-Verwaltungsrates. Die Studien­ergebnisse geben ein Feedback darüber, wie zufrieden die Kunden speziell im Bereich Microsoft mit RedIT sind, ist Kleeb überzeugt. Michael Kistler, Director of Engineering bei A. Baggenstos & Co., betont derweil, dass man von sich aus an der Umfrage teilgenommen hat.
Bei Isource war die Teilnahme bereits für letztes Jahr geplant, wurde dann aber auf dieses Jahr verschoben, wie Senior Sales Consultant Daniel Spescha erklärt.

Kompetenzen besser herausschälen

Abgesehen von der Kundenzufriedenheitsstudie sind sich die Schweizer Partner aber mehr oder weniger einig. Sie erhoffen sich, dass die Kompetenzen der Partner dank der neuen Organisation besser herausgeschält werden. So werden Partner besser von Kunden gefunden, ist Püntener von ITsystems überzeugt. Auch bei PC-Ware bläst man ins selbe Horn. Man rechne mit einer besseren Differenzierung der Partner und damit für die Kunden mit «mehr Transparenz betreffend dem Know-how und der Qualifizierung der Partner», so Amrein.
Für Kleeb von RedIT war das alte Microsoft-Partner-Programm zu komplex und zu produktlastig: «Aus diesem Grund konnten wir uns im Markt nicht deutlich positionieren. Mit dem Partner Network hoffen wir, dass diese Unterscheidung klarer wird.» Das MPN bringe eine wesentliche Verbesserung. «Inhaltlich erlaubt uns das MPN eine wesentlich stärkere Differenzierung, genau das also, wonach Kunden vorrangig suchen: den Spe­zialisten, der weiss, worauf es bei bestimmten Branchen beziehungsweise horizontalen Lösungen ankommt», so Kleeb weiter. Dank dem MPN soll sich der Kunde ein Bild darüber machen können, ob ein Partner über die gewünschte Kompetenz verfügt oder nicht.
Auch für Baggenstoss bringt das MPN eine Verbesserung der Situation, erklärt Kistler: «Wir streben unter anderem die neue Virtualisierungskompetenz an. Dieses Thema ist für uns strategisch wichtig.» Ebenfalls eine Optimierung erhofft man sich bei Isource, so Spescha, vor allem mit der Einführung von neuen Zertifizierungen (Virtualization Solutions).
Allerdings befürchtet Yves Mun­dorff, Senior Architekt und Technologieverantwortlicher Microsoft bei BSgroup Technology Innovation, dass es für Endkunden auf Grund der breiteren kompetenzbasierten Ausrichtung deutlich schwieriger werden kann, sich im Partnerdschungel zu orientieren.

Aufwertung des Gold-Status

Unzählige Unternehmen verfügen aktuell über den Gold-Status von Microsoft, so dass dieser seinen Glanz verloren hat. So erstaunt es wenig, dass sich die Schweizer Partner vom neuen Partnernetzwerk nebst der höheren Transparenz vor allem auch eine Aufwertung des Gold-Status erhoffen. Püntener von ITsystems wünscht sich, dass «durch das neue Modell der Gold-Partner-Status wieder zu einer speziellen Auszeichnung wird». Heute könne fast jeder Gold-Partner werden, und es sei kein Qualitätssiegel mehr wie früher – im Gegenteil: Man müsse sich schon fast fragen, was mit einem Partner nicht stimme, der kein Gold- Partner sei. PC-Ware zufolge wird das MPN «vermutlich eine Ver­besserung» der Situation bringen, da man sich durch die aktualisierte Profilierung besser positionieren könne und «nicht mehr einer unter hunderten von Goldpartnern» sei.

Konkrete Änderungen für die Partner

Abgesehen von der Aufwertung der höchsten Stufe und dem CSAT-Zwang scheint die Neuaufstellung der Partnerorganisation von Microsoft für die Schweizer Gold-Partner kaum Änderungen zu bringen. Baggenstos erwartet «keine relevanten Änderungen», für PC-Ware ändert sich «eigentlich nichts». Isource und Certified-Partner BSgroup betonen derweil, dass man sich dank dem neuen MPN künftig auf seine Kompetenzen und technologischen Fähigkeiten konzentrieren könne.
Ein möglicher Statusverlust scheint kaum ein Thema zu sein. Auch Microsoft-Mediensprecherin Josef zufolge wird es «keine Status-Verluste geben». Laut Kleeb von RedIT wäre man an einer Herabstufung selber schuld, weil man zu wenige Referenzen eingegeben hätte, obwohl man genügend hätte.
Weniger locker sieht man das bei Certified-Partner Aspectra. Laut Managing Director und Mitinhaber Kaspar Geiser ist noch unklar, was man tun muss, um den Status behalten zu können, da die «Spielregeln die letzten Jahre immer wieder geändert haben». Er gehe davon aus, dass Aspectra den Status als Certified-Partner behalten könne, kenne aber die neus­ten Bedingungen nicht. Würde Aspectra den Status verlieren, läge es wohl daran, dass das Unternehmen in den vergangenen Monaten zu wenig reine Microsoft-Lösungen realisiert habe, vermutet Geiser: «Viele Projekte laufen bei uns schon jahrelang und erfahren immer wieder Migrationen und komplette Erneuerungen. Diese wurden in der Vergangenheit jedoch zur Erlangung des Status nicht be­achtet.»

Unterstützung von Seiten Microsoft

Microsoft hat seinen Partnern bei der Umstellung auf das neue Programm Unterstützung zugesagt. Dabei werde kein Unterschied zwischen Certified- und Gold-Partnern gemacht, ver­sichert Josef. Ausserdem informiere man die Partner laufend via Partner- Portal, Partner-Newsletter und Events über die aktuellen Änderungen.
Wie die Hilfe in der Realität aussieht, darüber gehen die Partner-Meinungen aber auseinander. Baggenstos bezeichnet die Hilfe als «ausgezeichnet», PC-Ware sogar als «optimal», bei Isource empfindet man sie als ge­nügend, und auch für Certified-Partner BSgroup reicht die Unterstützung vollkommen aus. RedIT erhält gezielte Unterstützung in der Planung und bei den Tools. «Etwas Zweifel bleibt aber schon, dass diese dieses Jahr besser funktionieren als zuvor», zeigt sich Kleeb skeptisch.
Für ITsystems könnte die Unterstützung derweil besser sein. Bei Aspectra ist man der gleichen Meinung. Auf die Frage, ob die Unterstützung ausreiche, antwortet Geiser ironisch: «Gut zu wissen, dass es Unterstützung gibt.»

Geteilte Meinungen

Microsoft reagiere mit der neuen Generation des Microsoft-Partners Network auf die aktuellen Anforderungen des IT-Marktes und auf das Feedback der Partner, so Josef. Man hoffe auf eine noch grössere Akzeptanz der Partner und damit verbunden eine bessere Positionierung des Partner-Netzwerks im Markt.
Das Fazit über die neue Organisa­tion von Microsoft fällt auf Partnerseite allerdings gemischt aus. Während Isource das neue Netzwerk gut findet, weil es eine Fokussierung auf die
neuen Produkte und Lösungen liefert, fände man es bei ITsystems schön, wenn bei den Redmondern etwas länger als drei, vier Jahre Bestand hätte. «Wir sind mit der Zusammenarbeit generell zufrieden – sie ist im Gegensatz zu anderen Herstellern wirklich etwas wert –, aber mit den neuen Bedingungen für das Partnerprogramm erweisen sie uns nicht wirklich einen Dienst», betont Püntener. Mundorff von BSgroup bemängelt derweil, dass sich bezüglich Usability nicht viel verändert hat, die Seite verfüge «nach wie vor über eine sehr komplexe Struktur». Das Auffinden von relevanten Informationen ist nicht immer einfach. Dabei sei eine klare und einfache Struktur der Informationskanäle für die effiziente Arbeit der Kunden von entscheidender Bedeutung, betont Mundorff.
Geiser von Aspectra widerspricht dem: «Die aktuelle Version scheint mit auf den ersten Blick zum ersten Mal tatsächlich übersichtlich zu sein.» Allerdings gibt er auch zu, dass man das Webportal des Netzwerkes selten benutze und wenn, dann sehe es jedes Mal etwas anders aus. Der Rest des MPN scheint Geiser aber nicht zu überzeugen. «Aus meiner Sicht ist es sowohl für Microsoft wie auch die Vielzahl der unterschiedlichsten Partner schwierig gewinnbringend zusammenzuarbeiten. Zu gross sind die Unterschiede der angebotenen Lösungen, aber auch der Endkundenbedürfnisse. Eine stärkere und themenbezogener Segmentierung der Partner würde ich als sinnvoll erachten.»


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