Also: Lieferservice auf Kundenwunsch

Also bietet Paketversendern in der Schweiz neu den Service Mydelivery. Mit diesem können Endkunden selbst entscheiden, wo und wann sie ihre Bestellung erhalten wollen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2015/09

     

Also Schweiz lanciert Mydelivery, einen Service für Händler, mit dem diese ihren Kunden mehr Optionen bei der Lieferung ihrer Ware bieten und so das Einkaufserlebnis verbessern können. Konkret wird es mit Mydelivery möglich, dass der Kunde selbst entscheiden kann, wann und wo er seine Bestellung erhalten möchte. Er kann beispielsweise bestimmen, ob und in welchem Zeitraum er sein Paket nach Hause geliefert haben will oder ob es lieber an einer von aktuell rund 500 Abholstationen – dieses Netz soll künftig stark wachsen – selbst abholen möchte.

Genauer ist wichtiger als schneller

Urs von Ins, Managing Director Services bei Also Schweiz, erklärt die Überlegung hinter Mydelivery: «In jüngster Zeit ging der Trend im
Online-Handel vor allem in eine Richtung: Schneller! Alles muss schneller geliefert werden, am besten noch am selben Tag. Wir sind allerdings der Meinung, dass es dem Kunden wichtiger ist, genau und präzis bestimmen zu können, wann und wo sein Paket geliefert werden soll.» Gestützt wird seine Aussage auch durch Studien und Umfragen. So heisst es beispielsweise im E-Commerce Report Schweiz 2015, den die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW im Auftrag von Data-
trans erstellt hat: «Genauer ist wichtiger als schneller. Empfänger sollen die Kontrolle über die Zustellung der Sendung erhalten. Es geht um eine zuverlässige Vereinbarung über Ort und Zeit der Übergabe, unabhängig davon, ob es sich um eine Economy- oder Priority- Sendung handelt, ob es eine Tages- oder Abendzustellung ist, ob die Lieferung an eine Heimadresse, eine Firmenadresse oder eine Abholstelle erfolgen soll. Diese Forderung an Logistikdienstleister hat sich an die erste Stelle vorgeschoben – das viel diskutierte Schlagwort Same Day Delivery spielt dagegen noch eine untergeordnete Rolle.»

Einfache Bedienung

Für den Endkunden funktioniert das Ganze folgendermassen: Der Kunde bekommt nach der Bestellung im Namen des E-Commerce-Shops eine SMS oder optional auch eine E-Mail von Mydelivery. Über einen personalisierten Link und ohne Registrierung kommt der Kunde dann auf eine Responsive Website, auf der er über vier einfache Schritte seine Lieferwünsche angeben kann. Zuerst kann er wählen, ob er seine Bestellung nach Hause geliefert haben oder an einer Abholstation abholen möchte. Falls er sich für die Abholstation entscheidet, kann er auf einer Karte wählen, welche Location für ihn am günstigsten liegt. Also arbeitet hier übergreifend mit verschiedenen Logistikernetzen zusammen. Abgeholt werden können Pakete somit unter anderem an ausgewählten Poststellen, SBB-Bahnhöfen oder auch Tankstellen. Erwähnenswert: Wenn ein Händler ein eigenes Netz an POS (Point of Sale) besitzt, kann dieses in Mydelivery integriert werden.
Im nächsten Schritt kann der Kunde dann den Liefertag und die Lieferzeit definieren. Hier bietet Mydelivery dem Händler zusätzlich die Möglichkeit, bei Lieferungen zu Randzeiten einen Aufpreis einzuziehen. Bezahlt werden kann dieser Aufpreis direkt über die Mydelivery-Plattform, wobei auch One-Klick-Payment via Twint unterstützt wird. Nutzt der Kunde auf seinem Smartphone kein Twint, wird diese Option automatisch gar nicht angezeigt. Stattdessen stehen die üblichen Bezahloptionen wie Kredit- und Debitkarten zur Auswahl. Schliesslich wird die Lieferauswahl bestätigt und der Kunde kann den Status seiner Bestellung via Mydelivery nachverfolgen.

Service für grössere Händler

Angesprochen werden mit Mydelivery vor allem grössere Händler, die auch ein gewisses Volumen an Paketen versenden. Dies ist allein schon gegeben durch die Initialkosten von 15'000 Franken, die Also für Mydelivery verlangt. In diesem Preis enthalten ist zum einen die optische Anpassung des Mydelivery-Front-ends an den jeweiligen Auftritt des Händlers, was über die Farbgebung und die Möglichkeit, ein Banner des Händlers einzublenden, realisiert wird. Zum anderen kümmert sich Also auch um die technische Anbindung, die Implementierung und die Schnittstellen und bietet Schulungen auf dem System. Einmal implementiert, werden für jede Transaktion, die via Mydelivery abgewickelt wird, 30 Rappen fällig. In der Summe soll der Händler mit Mydelivery aber Geld sparen, wie Urs von Ins erklärt: «Der Händler verbessert mit Mydelivery nicht nur das Einkaufserlebnis für seine Kunden. Er erzielt auch eine viel höhere Erstzustellungsquote, womit sich der Anteil an kostspieligen Retouren massiv reduziert. So werden seine Logistikkosten gesenkt.» Erste Zahlen hätten gezeigt, dass der Retouren-Anteil bereits um rund 5 Prozent gesenkt werden konnte.

Pilotbetrieb mit HP

Gesammelt hat Also diese ersten Zahlen im Rahmen eines Pilotversuchs zusammen mit HP. Seit Mitte Juli testen die beiden Unternehmen Mydelivery im Schweizer HP-Online-Store. Täglich habe man rund 160 Bestellungen über Mydelivery abgewickelt, wie Urs von Ins berichtet, und dabei interessante Erfahrungen gemacht. So sei beispielsweise die Bereitschaft der Kunden, für den Dienst die Handy-
nummer zu hinterlegen, sehr hoch. «Spannend ist zudem, dass wir eine überraschend hohe Reaktionsquote verzeichnen konnten. 50 Prozent der Kunden, die eine SMS oder Mail von Mydelivery bekommen haben, haben innerhalb des vorgegeben Zeitfensters von drei Stunden reagiert und via Mydelivery eine Lieferoption ausgewählt.» Das Zeitfenster sei nötig, weil die Sendung letztlich ja verschickt werden müsse und man diese nicht verspäten wolle, weil man quasi auf eine Mydelivery-Reaktion des Kunden warte. «Wenn der Endkunde nicht reagiert, wird das Paket einfach standardmässig verschickt», führt von Ins aus.

Ausbaupläne

Entwickelt wurde Mydelivery im Auftrag von Also Schweiz von der Berner Softwareschmiede Garaio. Garaio kümmert sich auch um das Hosting des Services. Auf Logistikseite habe man zudem, nebst den bestehenden Also-Partnern, extra für den Dienst auch neue Partner gesucht, so Urs von Ins. «Unser Ziel ist es, möglichst alle Kanäle zu nutzen. Und wenn morgen Uber in der Schweiz ankündigt, ebenfalls Pakete auszuliefern, dann schalten wir auch Uber mit auf», fügt der Managing Director Services von Also schmunzelnd an.


In Zukunft soll Mydelivery auch ausgebaut werden. Was von Ins für den Herbst bereits ankündigen kann, ist ein Service, mit dem der Kunde bis Mitternacht bestellen kann, und am nächsten Tag wird die Bestellung bei ihm geliefert. «Die meisten Online-Bestellungen geschehen zwischen 20:00 und 22:00 Uhr abends. Diese können dann am nächsten Abend zwischen 17:00 und 20:00 Uhr zugestellt werden. Das gilt natürlich nur für Bestellungen, bei denen wir als Also für die Auslieferung zuständig sind. Bei den Kunden, die Mydelivery ‹nur› als Service nutzen, haben wir ja keinen Einfluss auf die Logistik und damit auch nicht auf die Liefergeschwindigkeit. Hier stellen wir im Prinzip lediglich einen IT-Service zur Verfügung.» Auch sonst habe man noch ganz viele Ideen rund um Mydelivery, etwa was das Thema Retouren angeht. «Denn mit jeder Retoure steht wieder ein neuer Prozess an, den wir abdecken könnten. Wir können uns beispielsweise einen Button vorstellen, auf den der Kunde klicken kann, und dann wird das Paket, das er zurückschicken will, wieder bei ihm abgeholt. Und dies ist nur eine Möglichkeit, über die wir nachdenken.»
Angesprochen werden sollen mit Mydelivery wie erwähnt vor allem grosse Händler. Allerdings sind nicht nur E-Commerce-Anbieter Zielgruppe des Dienstes, sondern im Prinzip jedes Unternehmen, das Waren an Privatkunden verschicken muss – unabhängig davon, ob das Unternehmen bereits Also-Kunde ist oder nicht. Einschränkungen gibt es höchstens bei der Grösse der Pakete. Hier wurde die Grenze auf 30 Kilo pro Paket gesetzt, unter anderem deshalb, weil gewisse Abholstationen wie beispielsweise eine Tankstelle sonst rasch an ihre Grenzen gelangen würden. Das Ziel, das man mit Mydelivery habe, sei es, einen Marktstandard zu schaffen, erklärt von Ins selbstbewusst. Konkrete Ziele, wie viele Kunden man in absehbarer Zeit gewinnen will, habe man sich nicht gesetzt. Man habe auch keinen Druck, jetzt möglichst rasch möglichst viele Kunden zu gewinnen, denn die Entwicklung sei gemacht, und Betriebskosten gäbe es kaum. «Aber wir sind gespannt, wie der Markt reagiert, und wir glauben fest daran, mit Mydelivery ein Kundenbedürfnis abzudecken.»

Migros-Filialen als Abholstationen

Auch bei der Migros will man den Kunden neue Optionen für die Abholung ihrer Bestellungen liefern. Der Schweizer Detailhandelsriese will seine Standorte dazu verstärkt auch als Abholstationen nutzen, wie Dieter Berninghaus, Leiter des Departements Handel und Mitglied der Generaldirektion MGB, in einem Interview in der «Sonntagszeitung» Mitte August erklärt hat. Mit Pickmup laufe derzeit bereits ein Pilotversuch, der in diese Richtung gehe. Pickmup bietet Kunden, die online bei Digitec, Micasa oder Leshop bestellen, die Möglichkeit, ihren Einkauf in einer ausgewählten Migros-, Migrolino- oder Ex-Libris-Filiale abzuholen. Gleichzeitig ist der Pickmup-Standort auch Rückgabeort für Waren, die zurückgeschickt werden müssen.
Im Interview erklärt Berninghaus weiter, dass sein Departement mit über 8700 Online-Spezialisten aktuell 1,2 Milliarden Franken Online-Umsatz generiere. Und er spricht davon, dass man sich zunehmend auch nach Online-Akquisitionen umschaut, der Markt momentan aber eng und die Preise überhitzt seien. (mw)


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