Channel Insight: Schulung und Support dürfen keine Profitcenter sein!
Quelle: Studerus

Channel Insight: Schulung und Support dürfen keine Profitcenter sein!

Von Frank Studerus

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2012/06

     

Das Business für den IT-Fachhandel ist in den letzten Jahren anspruchsvoller geworden. Neben einem grossen Druck auf die immer kleiner werdenden Margen im Hardware-Geschäft hat die Komplexität zugelegt. Wer sich heute im KMU-Umfeld als Gesamtlösungsanbieter behaupten will, muss sich in Themen wie Virtualisierung, Security, Storage, Netzwerkkonzepte, WLAN und VoIP auskennen. Bereits für einen Systemintegrator von 10 bis 20 Mitarbeitern ist es praktisch unmöglich, in allen Bereichen immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Es wird auch zunehmend schwieriger, neue Mitarbeiter zu finden, die genügend Erfahrungen mitbringen und dazu noch bereit sind, sich in neue Technologien einzuarbeiten.
Channel Insight
In der Rubrik «Channel Insight» lassen wir in jeder
Ausgabe von Swiss IT Reseller eine Persönlichkeit aus der Schweizer IT- beziehungsweise Channel-Szene zu Wort kommen.

Hersteller sind gefordert

Der Handlungsbedarf liegt beim Hersteller oder Importeur. Im professionellen Bereich ist es unumgänglich, dass die Händler über das entsprechende Know-how verfügen. Hier zeigt sich, wie weit die Partnerschaft zwischen Hersteller und Händler geht und ob lokal die notwendige Infrastruktur und Manpower vorhanden sind. Schulungen sollten in einem professionellen Kursraum mit Hands-on-Experience und einer Gruppe von maximal zehn Personen durchgeführt werden. Teils versuchen Anbieter, mit Web­inars Know-how zu vermitteln. Zu viel mehr als einer Verkaufspräsentation reicht es über diesen Weg aus Erfahrung aber nicht. Entscheidend sind ebenfalls die Praxiskenntnisse des Kursleiters. Bei vielen IT-Schulen sind die Lehrkräfte vollamtlich angestellt und so praktisch von der realen Welt abgekoppelt. Idealerweise ist ein Kursleiter in erster Linie als technischer Projektleiter, Supporter oder PM tätig. So ist ein Bezug zur Praxis vorhanden, und es können wertvolle Tipps aus typischen Problemstellungen vermittelt werden.

Kursangebot zeigt Engagement für den Handel

Ein Hersteller, der zum Beispiel eine UTM-Firewall in der Schweiz lancieren will, dafür aber keine Kurse anbietet, wird mit Sicherheit scheitern. Man kann vom Fachhandel nicht verlangen, den Know-how-Aufbau aus eigener Kraft zu betreiben. Händler dürfen ein Kursangebot in Deutsch und Französisch erwarten, und die Schulungen sollten von einem professionellen Hersteller an verschiedenen Standorten durchgeführt werden. Ein Mehrwert ist es, wenn diese Schulungen in ein Partner- und Zertifizierungsprogramm integriert sind.

Kurse bei einigen Herstellern das Produkt mit der höchsten Marge

Hochstehende Kurse werden oft zu einem Tagessatz um 1000 Franken angeboten. Bei bis zu zehn Teilnehmern lässt sich einfach errechnen, wie profitabel so ein Kursangebot sein kann. Für manche Hersteller oder Importeure sind die Kurse vermutlich das Angebot mit der höchsten Marge überhaupt. Nur fraglich, ob wirklich da eine Hochpreispolitik angebracht ist, wo sich Partner für die eigenen Produkte fit machen wollen. Vor allem US-Hersteller scheinen noch nicht verstanden zu haben, dass man in einer Partnerschaft nicht nur auf den eigenen Profit achten sollte. Eine ebenso fragwürdige Philosophie ist es, das Kursangebot in unabhängigen IT-Schulen durchzuführen. Natürlich geht es ab einer gewissen Grösse nicht anders, aber die Qualität und das Angebot an Schulungen für Fachhändler sollte kein Hersteller aus der Hand geben.

In Projekten gemeinsam zum Erfolg

Neben dem Kursangebot bekommt auch der technische Support eines Herstellers für den Handel einen immer grösseren Stellenwert. In Projekten wie einem WLAN-Aufbau in einer Schule oder einem Hotel braucht man spezifisches Know-how und Erfahrung. Sofern ein Systemintegrator nicht regelmässig mit einer solchen Thematik konfrontiert wird, kann er kaum die notwendige Routine aufbauen, die für ein erfolgreiches Projekt notwendig ist. Auch da ist es Sache des Herstellers oder Importeurs, dem Handel als Second-Level-Support Rückendeckung zu bieten. Bei anspruchsvollen Projekten sollte es möglich sein, dass ein Netzwerk-Techniker des Herstellers vor Ort – zum Beispiel bei einer Inbetriebnahme – zu einem fairen Stundenansatz mithilft. Sobald ein Hersteller den Support aus Kostengründen an ein Callcenter in ein Niedrig-Lohn-Land wie Polen outgesourced hat, wird die Unterstützung auf den Vorschlag zu einem Firmware-Update beschränkt bleiben. Callcenter werden bekanntlich nach der Anzahl abgeschlossener Anrufe bezahlt; ob das Problem wirklich gelöst ist, bleibt Nebensache.

Win-Win-Situation als Basis zum Erfolg

Viele Hersteller verfügen in der Schweiz über zu wenige Ressourcen, um dem Fachhandel die benötigte Unterstützung zu bieten. Zuerst muss gesät werden, damit längerfristig auch Früchte geerntet werden können! Zum Glück gibt es den Hersteller-Award von «Swiss IT Reseller», der zeigt, welche Hersteller ihre Hausaufgaben gemacht haben und welche nicht.


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