Vertriebsflash: Immer wieder aufstehen


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2012/04

     

Neulich habe ich einem Vortrag der Eiskunstläuferin Sarah Meier beigewohnt. Unter dem Titel «immer wieder aufstehen» hat die Sportlerin dort erzählt, wie sie sich trotz Verletzungen immer wieder zurück an die Spitze gekämpft hat. Dies führte dazu, dass sie ihre Karriere am Ende mit dem Europameistertitel küren konnte. Mit grosser Offenheit erzählte die Sportlerin den Teilnehmern von ihren Ängsten, denen sie sich immer dann stellen musste, wenn die Resultate nicht stimmten. Sie schilderte eindrücklich, wie die Medien sie nach einer verpatzten Saison versuchten, unter Druck zu setzen, den Trainerstab nun radikal umzugestalten. Meier aber blieb stur und änderte ihr Team nicht. Ihre Begründung für diesen Entscheid: Diese Personen hätten sie erfolgreich gemacht. Warum sollte dies nicht auch jetzt der Fall sein? Besonders interessant waren auch die mentalen Techniken, welche Sarah Meier in ihrem Vortrag beschrieb. So erklärte sie den amüsierten Zu­hörern das sogenannte Gedankenstopp-Training, welches immer dann zur Anwendung kam, wenn negative Gedanken sie in einer Negativspirale in den Abgrund zu reissen drohten. Kern dieses Trainings ist dabei eine bildhaft vorgestellte schwarze Box, die in der dunkelsten Ecke des Kellers verborgen liegt. In diese Box kommen alle Gedanken, mit denen man sich momentan nicht beschäftigen möchte. Herausgeholt werden diese erst, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen ist. Was mich an Sarah Meiers Referat besonders beeindruckt hat, war die Tatsache, dass vieles von dem, was sie in Bezug auf Motivation, Selbstzweifel sowie die Fähigkeit, sich trotz Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen gesagt hat, sich fast ausnahmslos auch auf den Verkauf übertragen lässt.

Vom Erfolg beflügelt

Auch im Vertrieb ist es wichtig, dass man mit Niederlagen umzugehen weiss und sich immer wieder neu motivieren kann. Reitet man als Verkäufer gerade auf einer Erfolgswelle, so fällt einem dies natürlich leicht. Jeder ist zufrieden. Und das Geld fliesst reichlich. Dies spornt an. Alles, was man anfasst, scheint einem scheinbar mühelos zu gelingen. Nicht von ungefähr sagt man auch: «Nichts motiviert mehr als Erfolg.» Einen solchen Zustand kann man wohl am ehesten mit dem in der Psychologie als «Flow» bekannten Phänomen beschreiben (siehe Abbildung). Die von Mihaly Csikszentmihalyi im Hinblick auf Risikosportarten konzipierte Theorie beschreibt einen Schaffens- oder Tätigkeitsrausch, in dem man alles um sich herum vergisst und ganz in einer Sache versinkt. In dieser Situation sind Herzschlag, Atmung und Blutdruck in völliger Harmonie. Im Gegensatz dazu stehen Tätigkeiten, bei denen wir uns über- oder unterfordert fühlen. Die Folge davon sind Stress, Demotivation und Frust.
Solche Flow-Höhenflüge dauern auch im Verkauf nicht ewig an, und irgendwann landet man wieder auf dem Boden der harten Realität. Ein Grossprojekt, mit dem man zu 100 Prozent gerechnet hat und nun doch an die Konkurrenz vergeben wurde, genügt meist schon, um in Sekundenschnelle vom Flow- in den Überforderungszustand katapultiert zu werden. Denn plötzlich klafft im Forecast-System ein Loch. Und dieses gilt es nun rasch wieder zu stopfen.

Nagende Selbstzweifel

Dauert dieser Zustand an, so ist die Gefahr gross, dass man unsicher wird. Man beginnt, an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln. «Spreche ich vielleicht die Kunden am Telefon falsch an? Habe ich vielleicht nicht mehr den Biss, den man sich von einem Verkäufer erwartet? Komme ich vom Typ her nicht mehr gut bei den Kunden an? Geniesse ich noch das Vertrauen meines Vorgesetzten?» Solche und ähnliche Gedanken schwirren einem jetzt durch den Kopf. Unnötig zu sagen, dass mit einer solchen Einstellung jedes Telefonat und jeder Neukundenkontakt zur Qual wird. Jede Absage, die man vorher vielleicht mit Leichtigkeit weggesteckt hat, bestärkt einen jetzt im Glauben, dass man mit der eigenen Theorie richtig liegt. Ein Teufelskreis beginnt. Was also kann man als Verkäufer tun, wenn man realisiert, dass man sich selbst mit seinen negativen Gedanken herunterzieht?
So hart es klingen mag: Aus dieser misslichen Lage kann man sich nur selbst heraushelfen. Denn jeder ist selbst der Herr über die eigene Gedankenwelt. Zwar mag es helfen, wenn man einen einfühlsamen Chef hat, mit dem man sich aussprechen kann. Doch der Glaube an sich und die eigenen Fähigkeiten muss man selbst wieder finden. Leider geben sich viele Verkäufer in solchen Situationen der Illusion hin, dass sie viel erfolgreicher sein könnten, wenn sie das Unternehmen verlassen und bei einem neuen Arbeitgeber anheuern würden. Sehr oft bedeutet dies jedoch nur, dass man dem eigenen Druck kurzfristig entflieht und dann nach einem halben Jahr bei der neuen Firma wieder am gleichen Punkt steht. Persönlich bin ich heute mehr denn je davon überzeugt, dass der mentalen Stärke eines Verkäufers gar nicht genug Bedeutung beigemessen werden kann. Verkäufer ohne gesunden Optimismus, Kampfesgeist und der Fähigkeit, sich immer wieder aufs Neue motivieren zu können, sind meiner festen Überzeugung nach nicht in der Lage, in diesem Beruf langfristig erfolgreich zu sein. Nur wer über diese Charaktereigenschaften verfügt, ist fähig, Niederlagen wegzustecken und steht immer wieder auf. Und genau darum geht es, wenn man als Verkäufer erfolgreich sein will. (ms)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER