Dem Kunden Grenzen setzen

Der Kunde ist König. So zumindest besagt es ein Sprichwort. Doch was, wenn die Kunden selbst sich nicht königlich verhalten? Wenn sie zu erwartende Aufträge versprechen, um Dienstleistungen nicht bezahlen zu müssen? Wenn dadurch die Profitabilität gefährdet ist, gilt es, auf Aufträge zu verzichten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/05

     

Rechnungen, die erst nach mehrfacher Mahnung und unter Betreibungsandrohung bezahlt werden oder falsche Versprechungen mit dem Ziel, sich dadurch einen möglichst hohen Preisnachlass zu erschleichen sind nur zwei Beispiele, wie auf Kundenseite manchmal getrickst und geschummelt wird. Gerade mittelständische Unternehmen laufen Gefahr, Opfer solcher Geschäftspraktiken zu werden. Man spekuliert wohl darauf, dass sie sich weniger gut zu wehren wissen und froh um jeden Auftrag sind. Wer sich aber von solchen Machenschaften einschüchtern lässt, hat meist schon verloren.
Wie also sollte man sich richtigerweise verhalten, wenn Kunden sich nicht an Abmachungen halten und versuchen, einen über den Tisch zu ziehen. Dazu einige Ratschläge:

Nichts ist umsonst

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die Zeiten vorbei sind, wo mit «Box-Moving» gut Geld verdient werden konnte. Ertrag und Profit lassen sich heute ausschliesslich mit der Erbringung von Services und Dienstleis­tung generieren, welche zusammen mit dem Design und der Implementierung von Hard- und Softwareprojekten anfallen. Und genau diese Leistungen gilt es dann auch dem Kunden konsequent in Rechnung zu stellen.
Das Problem dabei: Viele kleinere Unternehmen wagen dies nicht zu tun. Sie befürchten, langjährige Kunden zu verärgern oder gar zu verlieren, mussten sie doch in der Vergangenheit für Sonderleistungen nie bezahlen. Doch was bringt es, einen Kunden auch weiterhin mit Gratisleistungen bei Laune zu halten, wenn dabei die eigene Gewinnmarge annähernd auf null absackt?
Die Zeiten der Sklaverei und Leibeigenschaft sind bekanntlich vorbei. Und dass eine Firma unter dem Strich primär an der Profitabilität und nicht am Umsatz gemessen wird, dürfte mittlerweile auch jedem bekannt sein. Es wäre deshalb Aufgabe und unternehmerische Pflicht der Geschäftsleitung, Kunden, die für weiterführende Leistungen nichts bezahlen wollen und sich darauf berufen, dass dies schon immer so gewesen sei, künftig weniger stark zu gewichten oder ganz von der Kundenliste zu streichen.

Falsche Versprechungen

Ähnlich wie dem bockigen Esel, den man mit der Karotte vor dem Maul zum Weitermarschieren animiert, erschnorren sich dreiste Kunden Gratisleistungen von ihren Lieferanten. Sie stellen dabei dem Verkäufer einen Grossauftrag in Aussicht und lassen durchblicken, dass dafür gewisse Diens­­te im Vorfeld gratis zu erbringen sind.
So kommen sie dann in den Genuss von Workshops oder erhalten kostenlos eine IT-Studie, für die sie sonst viele tausend Franken bezahlt hätten. Bei Kunden, die einen mit vagen Versprechungen zu ködern versuchen, besteht immer latent die Gefahr, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Dies gilt besonders bei einem poten­tiellen Neukunden, wo man nicht nur die Entscheider zu überzeugen hat, sondern auch noch gegen einen langjährigen Lieferanten antreten muss.
Ob man für das in Aussicht gestellte Grossprojekt darum tatsächlich am Ende den Zuschlag erhält, lässt sich oft in Erfahrung bringen, indem man dem Kunden vorschlägt, alle im Vorfeld erbrachten Dienstleistungen zunächst einmal in Rechnung zu stellen. Diese Beträge werden ihm aber zurückerstattet, sollte man den definitiven Zuschlag für den versprochenen Grossauftrag erhalten.
Ist ein mögliches Kundeninteresse nur vorgetäuscht, wird dieser sich schnell gegen einen solchen Vorschlag aussprechen. Meint er es ernst, so geht er in der Regel auf ein solches Angebot ein.

Konsequentes Mahnwesen

Auf Grund der zum Teil miserablen Zahlungsmoral kommen viele Lieferanten und Firmen zum Teil in erhebliche finanzielle Bedrängnis. Zahlungsfristen werden vielfach mit konstanter Boshaftigkeit ignoriert und erst wenn weitere rechtliche Schritte drohen, wird ein Teil des Ausstandes beglichen.
Oft warten dabei gerade kleinere Firmen viel zu lange bis sie es wagen, ihren geschuldeten Honoraranspruch mit Konsequenz einzufordern: Aus Angst den Kunden zu vergraulen zögern sie zu lange, offene Ausstände mit Nachdruck einzufordern.
Anstatt selbstbewusst und bestimmt gegenüber dem Kunden aufzutreten, lassen sie sich in die Defensive und die Rolle des Bittstellers drängen. Dies ist allerdings eine völlig falsche Vorgehensweise, die meist nicht zum Erfolg führt. Es gibt nämlich Kunden, welche Kompromissbereitschaft und Einlenken mit Schwäche gleichzusetzen scheinen und erst dann reagieren, wenn ihnen klar gemacht wird, dass man ihr Verhalten in keinster Weise toleriert und auch vor rechtlichen Schritten nicht zurückschreckt.
Wie wichtig, ja sogar überlebensnotwendig ein konsequentes und professionelles Mahnwesen für Firmen wäre, wird unter anderem auch durch eine von Rolf Meyer (Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz) durchgeführte Studie unterstrichen. Dort wird aufgeführt, dass Mangel an Liquidität und fehlendes Kapital der zweithäufigste Grund ist, weshalb neue Unternehmen scheitern.

Geben und Nehmen

Der Aufbau von Vertrauen, mit dem Ziel eine langfristige Beziehung mit dem Kunden einzugehen, steht heute mehr denn je im Zentrum des modernen Lösungsverkaufs. Doch dies darf keine Einbahnstrasse sein. Wer als Dienstleister oder Lieferant Qualität liefert, sich an Abmachungen und Vereinbarungen hält, darf von seinem Kunden das Gleiche erwarten.
Ist dies nicht der Fall, so gehören dem Kunden Grenzen gesetzt. Und sollte auch dieser Versuch scheitern, so wird es höchste Zeit, sich einen neuen Kunden zu suchen.

Das nächste Mal

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Markus Schefer (40) ist selbständiger Personalberater. Daneben ist der ­ausgebildete Primarlehrer Dozent für das Fach «Verkauf» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Er verfügt über langjährige Vertriebs­erfahrung im In- und Ausland, unter anderem bei IBM und Reuters.
www.scheferpersonal.ch
markus(at)scheferpersonal(punkt)ch


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