Cebit sucht die Trends von morgen

Mit einem dezidiert auf Fachbesucher zugeschnittenen Konzept wollte die bedeutendste IT-Messe der Welt dem Besucherrückgang entgegenwirken.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/04

     

Wenn es nach den Wünschen der Besucher ginge, könnte die Cebit auch satte 14 Tage dauern, meinte Hannovers Messechef Ernst Raue unlängst in einem Interview. Aktuell wurde aber in diesem Jahr zum ersten Mal das Gegenteil ausprobiert, also eine von sieben auf sechs Tage verkürzte Leistungsschau, die zudem nicht mehr über das von vielen Ausstellern als Störfaktor empfundene Wochenende hinweg laufen sollte.

Bedeutung schwindet langsam

Über die Bilanz dieses neuen Konzepts, zu dem auch ein erheblich ausgeweitetes Kongressprogramm gehörte, liess sich zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Berichts noch nichts Eindeutiges sagen. Zumindest aber hat die eher unwesentliche offizielle Verkürzung der Messe zu einer wesentlich gravierenderen inoffiziellen Verkürzung des Geschehens geführt, indem viele wichtige Ansprechpartner nun nicht mehr am Wochenende sondern bereits am Mittwochabend das Weite suchten. Auch dies wohl ein Indiz für die stetig schwindende Bedeutung des einst zwingenden Branchenereignisses.
Aber was gab es nun eigentlich zu sehen? Mit dem bisher (und wohl auch nach dieser Messe) als IT-Standort nicht sonderlich ins internationale Bewusstsein tretenden Partnerland Frankreich hat sich das Weltschaufenster der Computertechnik tatsächlich einen eher provinziellen Anstrich gegeben.
Nicht einmal vom Glamour eines zur First-Lady aufgestiegenen Mode-Models konnte die Messe hierbei profitieren, denn Madame Bruni erschien weder zur Eröffnung noch zum spe­ziell ausgelobten «Frauentag» auf der letztlich doch als Männer-Biotop funktionierenden Veranstaltung, auf der es echte Fachfrauen traditionell schwer haben, gegen die Reize der ebenso zahl- wie ahnungslosen Hostessen mit ihrer Kompetenz zu punkten.

Alles grün macht die Cebit

Eher hatte man da schon mit dem vehement ausgerufenen Schlagwort Green IT den Nerv des Publikums und eines Grossteils der Aussteller getroffen. Während für Unternehmens­entscheider abermals eine neue SOA durchs Dorf getrieben getrieben wurde, begleitet von den bekannten Schagworten Virtualisierung, Automation der Prozesse usw., entstand in der Halle 9 ein «Green IT Village» mit einem Musterbüro. Aber auch an vielen anderen Ständen rechneten die längst zu Lösungsanbietern mutierten Hersteller von Servern und PCs ihren Besuchern vor, wieviel Strom in Rechenzentren und insbesondere dem Tag und Nacht arbeitenden Internet bisher sinnlos zu verpuffen scheint.
Dabei sollen einer anderen kürzlich aufgetauchten Rechnung zufolge die Energiekosten maximal zwei Prozent der Gesamtkosten eines durchschnittlichen Unternehmens ausmachen. Aber mit ebenso irgendwo errechneten zwei Prozent Anteil der IT an der Gesamtumweltbelastung dieses Planeten lässt sich halt leichter in die gewünschte Richtung einer Gewinnmaximierung der IT-Hersteller argumentieren.

Der Mensch wird überflüssig

Abseits mancher als vorgebliche Trends definierten Themen der diesjährigen Cebit und des darum inszenierten Rummels liessen sich aber auch einige wahre Herausforderungen für IT und Gesellschaft besichtigen: Mit dem schleichenden Vormarsch der RFID-Chips in das tägliche Leben wird sich unter anderem das Gesicht des Einzelhandels dramatisch verändern: An der vollautomatischen Scannerkasse werden Menschen überflüssig, im Warenlager sind sie es längst. Navigationssysteme und Telematik schicken sich an, dem Autofahrer das Steuer aus der Hand zu nehmen. Und die mobile Nutzung des Internets über Handy-Netze sowie das Social Web mit seinen zahllos wuchernden Communities haben tiefgreifende Konsequenzen für Endanwender, Dienstleister und Produktanbieter - sowie nicht zuletzt auch für die Verlags- und Medienbranche. (Ralph Beuth, Hannover)


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