Portrait: Claudio Cisullo - Der Selfmademan

Claudio Cisullo wurde als Sohn italienischer Immigranten geboren. Heute steht er an der Spitze eines kleinen IT-Imperiums.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/06

     

Das Wort «Imperium» entlockt Claudio Cisullo ein ironisches Lächeln. Dennoch ist er natürlich stolz darauf, als «Secondo» von einfacher Herkunft die CCTrust aus eigener Kraft aufgebaut zu haben. Als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates ist er heute für fünf Firmen unter dem CCTrust-Dach und 150 Mitarbeiter verantwortlich und erzielt einen Umsatz von rund 80 Millionen Franken. Der Umsatz sei aber bei weitem nicht die wichtigste Kennzahl eines Unternehmens, betont er. Entscheidend sei, dass Profite erarbeitet würden. «Von Geschäften, die sich als unprofitabel erwiesen, habe ich mich immer schnell getrennt.»

Vielseitiger Unternehmer

Cisullo ist ein vielseitiger Mensch. Aus einem Angebot, für seine Freunde und Bekannten vor Ort Mass-Konfektionsanzüge und -Hemden schneidern zu lassen, wurde die florierende Firma Artemano. Und vor 15 Jahren – er hatte bereits erste Spuren in der IT-Branche hinterlassen – tat er sich mit drei Partnern zusammen, um so nebenbei in Zypern eine Go-Kart-Bahn auf die Beine zu stellen. Daraus entwickelte sich ein Projekt für einen Wasserpark. Heute ist Cisullo Mitbesitzer des grössten europäischen Unterhaltungsparks dieser Art.
Sein eigentliches Tätigkeitsfeld blieb jedoch die IT. Seine Wurzeln hat er im Boxmoving-Geschäft. Damit ist heute natürlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Neben Hardware bietet sein Kernunternehmen Panatronic daher heute verschiedenste Dienstleistungen an. Über die neuen Business-Modelle der Hersteller macht er sich dennoch Gedanken: «Ich verstehe ja, dass sie direkt verkaufen wollen. Aber der oft zitierte Vergleich mit der Autobranche stimmt einfach nicht. Für einen Mercedes bezahle ich beim Importeur den gleichen Preis wie beim Händler. Genau das ist bei uns nicht der Fall. Die Hersteller befinden sich auf einer gefährlichen Gratwanderung. Wenn sie eine wirkliche Vollkostenrechnung machen würden, müssten sie erkennen, dass sie nicht günstiger arbeiten als wir. So provozieren sie eine Konsolidierung, bei der keineswegs sicher ist, ob die Richtigen übrig bleiben werden.»

US-Vorbilder

Der Einundvierzigjährige stieg schon früh ins IT-Business ein. Bereits in der Lehre war er vom PC fasziniert. Seinen ersten Commodore lötete er sich selbst zusammen.
Mit 19 Jahren packte er, dem Vorbild des grossen Michael Dell folgend, ein paar Bildschirme ins soeben erworbene Auto und nahm sich vor, nicht nach Hause zurück zu kehren, bevor er sie verkauft hätte. Natürlich schaffte er das: «Der Boom hatte eben eingesetzt. Da taten sich Möglichkeiten auf.»
Dazu gehörte der Einsteig beim Elektronikkomponenten-Händler Panatronic. Cisullo baute dort die IT-Abteilung auf und startete damit eine Erfolgsstory: In rascher Folge entstanden Niederlassungen in Österreich, Deutschland, Taiwan, Japan und in den USA. Als der Ausbau abgeschlossen war, gehörte die Panatronic dem aufstrebenden Jungunternehmer.
Cisullo stand nun vor der Entscheidung, ob er seine europaweit tätigen Firmen an die Börse bringen sollte. Er entschied sich dagegen: «Ich dachte, es sei besser, es in der Schweiz richtig zu machen, als mich in Europa zu verzetteln.» Er trennte sich von den ausländischen Niederlassungen und verkaufte sie an die jeweiligen Geschäftsleiter. Nicht ohne Stolz vermerkt er jedoch, dass alle diese Firmen noch heute existieren.

Neue Geschäftsbereiche

Cisullo konzentrierte sich auf das Schweizer Panatronic-Geschäft. Im Laufe der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre kamen dann nach und nach die Firmen dazu, die heute die CCTrust bilden: Neben dem klassischen VAR Panatronic, der auch im Repair-Bereich für Notebooks, PCs und LCDs tätig ist, sind das die Eccotrust, die sich mit E-Business- und Supply-Chain-Lösungen befasst, IRS, die – aufbauend auf den Assemblierer-Erfahrungen von Panatronic – das Remarketing für HP abwickelt, und die ITServices und Logistik, zu deren Kerngeschäft die Reparatur von Photo- und Videokameras, Druckern und Faxgeräten gehört. Hauptkunde ist Canon. Eine Ausweitung auf andere Hersteller steht aber, wie Cisullo verrät, unmittelbar bevor.
Schliesslich gehört seit kurzen auch Valueplus zur CCTrust, wo sich die beiden Managing-Partner Roland Gut und Remo Vettiger – zwei ehemalige Lexmark-Leute – ganz auf die Beratung für das Output-Management konzentrieren.

Transparenz

Alle zur CCTrust gehörenden Firmen arbeiten als eigenständige Gesellschaften. Cisullo: «Im Tagesgeschäft darf es keine Querverbindungen geben. Das gehört zu meinen Prinzipien. Einer der weltgrössten Handelskonzerne, die Metro Group, dient mir in dieser Hinsicht als Vorbild.» Und er vergleicht seine Unternehmen mit seinen drei Töchtern: «Jede hat ihre Eigenheiten, hat Liebenswertes und Problematisches. Genau so geht es mir mit meinen Firmen. Ich verfolge jede mit der gleichen Anteilnahme.»
Da er in allen Gesellschaften gute Leute habe, sagt Cisullo, bleibe ihm genügend Zeit, seine verschiedenen Mandate wahrzunehmen, etwa im Advisory Board der schweizerischen Post. Auch könne er das wichtige Networking pflegen und in der Freizeit den Golfsport: «Mit Handicap 25/4 gehöre ich da natürlich nicht zur Spitze, aber ich spiele leidenschaftlich gern.»
So wundert es nicht, dass Claudio Cisullo, wenn er noch mal von vorne anfangen könnte, alles noch einmal genau gleich machen würde. (fis)

Claudio Cisullo

Claudio Cisullo, geboren am 14. Mai 1964, ist verheiratet und hat drei Töchter. Er wohnt in der Nähe von Baden. In seiner Freizeit spielt er Golf und pflegt Freundschaften.

Ihr Traumberuf?

Ich bin noch immer mit Spass und Herzblut IT-Unternehmer. Eigentlich wollte ich nie etwas anderes machen. Allerdings ist der technische Aproach mit der Zeit gegenüber den Unternehmer-Aspekten in den Hintergrund getreten.

Haben Sie Vorbilder?

Credit-Suisse-Chef Oswald Grübe kenne ich gut und bewundere, wie er ein grosses Unternehmen ausserordentlich professionell führt.
Und den Vorträgen des ehemaligen Rennfahrers Jacky Steward kann ich stundenlang zuhören. Das möchte ich genau so gut können. Aber Sir Jacky ist ja etwas älter als ich, da habe ich noch Zeit zum Aufholen.

Ihre grösste Herausforderung?

Die richtigen Leute am richtigen Ort zu haben. Das ist heute allgemein schwieriger als früher. Die gesellschaftliche Situation verunsichert viele, und manche werden schlecht damit fertig.

Was ist für Sie das Wichtigste im Leben?

Gesundheit und gute Freunde. Die Pflege von Beziehungen, privaten wie geschäftlichen, scheint mir eine grosse Tugend zu sein.


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