Wie profitieren Fachhändler von Online-Marktplätzen?

Auf offenen Marktplätzen wie Siroop.ch können IT-Händler ihre Ware, zusätzlich zum eigenen Online-Shop, einem breiten ­Publikum anbieten. Welche weiteren Vorteile bietet eine solche Plattform und wie sieht die Zusammenarbeit aus? "Swiss IT Reseller" hat nach­gefragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2017/06

     

Vor rund einem Jahr sind Swisscom und Coop mit ihrem gemeinsamen Onlineshop-Projekt definitiv an den Start gegangen. Mit Siroop.ch haben sie einen offenen Schweizer Online-Marktplatz lanciert, der Produkte von lokalen, regionalen und nationalen Händlern anbietet. Damit trat man etwa in direkte Konkurrenz zu Amazon Marketplace oder Ricardoshops.ch, einem Projekt der zu Tamedia gehörenden Ricardo-Gruppe, das im Herbst 2014 ins Leben gerufen und per Ende 2016 wieder eingestellt wurde (mehr dazu auf S. 36). Ein weiterer Konkurrent im Kampf um die Fachhändler ist zudem Digitec Galaxus. Denn das Geschäftsmodell des Online-­Händlers soll sich vermehrt an demjenigen von Amazon orientieren, wie Beat Zahnd, Leiter des Departements Handel im Migros-Genossenschafts-Bund, gegenüber der "NZZ am Sonntag" Anfang April erklärte. So fungiert Galaxus seit Oktober 2016 auch als Marktplatz und das Händlerprogramm soll stark ausgebaut werden.


Doch was bieten respektive bringen solche Online-Marktplätze den Fachhändlern überhaupt? "Swiss IT Reseller" hat exemplarisch bei einigen auf Siroop.ch vertretenen Händlern aus dem IT-, CE- und IT-Zubehör-Bereich, die allesamt auch über einen eigenen Online-Shop verfügen, nachgefragt.

Mehr Aufmerksamkeit generieren

Brack.ch, wohl einer der grössten IT-Händler schweizweit und selbst mit einem umfassenden und bekannten Online-Shop am Markt vertreten, setzt seit dem Frühjahr 2016 zusätzlich auf die Dienste von Siroop.ch, ist also noch in der Betaphase auf den Siroop-Zug aufgesprungen. "Wir freuen uns über mehr Reichweite in der Bevölkerung", erklärt Markus Mahler, CEO von Brack.ch, die Beweggründe für diesen Schritt. Damit unterscheidet sich der Grund von ­Brack.­ch­ für die Siroop.ch-Teilnahme kaum von denjenigen der anderen Händler. So erklärt etwa Philippe Stuker, Geschäftsführer von ­­Ce­de.­ch, dass sein Unternehmen "die Aussicht auf zusätzlichen Umsatz und das Erreichen neuer Kunden" angetrieben habe, während es von Seiten des Microspot.ch-Leiters Markus Kwincz heisst: "Siroop bietet für uns als Marktplatz eine weitere interessante Möglichkeit, um unser breites und tiefes Sortiment anbieten zu können." Und auch bei Yannick Brandenberger, Inhaber, CEO und Verwaltungsratspräsident von B&B Electronics, klingt es nur wenig anders: "Als junges Start-up sind wir für jede Aufmerksamkeit dankbar, welche wir auch ausserhalb von unserem eigenen Online-Shop erhalten, sofern die Partnerschaft und deren Konditionen auf Fairness basieren. Das ist bei Siroop der Fall." Und Mirco Helbling, Leiter E-Commerce bei Mobilezone, betont: "Generell sind wir an Partnerschaften interessiert. Solange Siroop nicht zu einem reinen Preisvergleich wird und sorgfältig bei der Händlerlistung ist, macht das Engagement für uns als Ergänzung Sinn."

Marcel Zumstein, Geschäftsführer von Papeterie Zumstein, bringt derweil einen weiteren Aspekt an. Man wolle sich im Online-Business möglichst jede Türe offen halten. Denn es könne plötzlich passieren, dass Firmen Plattformen betreiben, die eine ganze Branche durchmischen und Firmenwebseiten verdrängen, da sie als Marktplatz betrachtet werden. Dabei spricht Zumstein etwa von Ebookers in der Hotelbranche oder Eat.ch im Bereich Food Delivery. "Da unklar ist, welche Plattformen das Rennen machen werden, sind wir bei mehreren mit von der Partie", ergänzt der Geschäftsführer.


Auch bei Brack.ch beobachtet man die Entwicklungen im Markt aufmerksam. "Wo wir für unser Geschäft Entwicklungsmöglichkeiten sehen, machen wir mit. Wir sind der Überzeugung, dass man nicht nur aus sich heraus, sondern auch gemeinsam in Kooperationen und Partnerschaften wachsen und sich entwickeln kann", so Mahler.

Mehr Reichweite erhalten

Dabei hofft man bei Brack.ch, dass man durch die unterschiedliche Art der Kundenansprache von Siroop Kunden erreiche, die man selbst eventuell nicht anspreche. Ins selbe Horn blasen auch Zumstein von Papeterie Zumstein sowie Stuker von Cede.ch, auf die Frage, was Siroop.ch denn biete, was man selbst nicht könne. So heisst es vom erstgenannten "eigentlich nichts, ausser Zugang zu einem breiteren Kundensegment", während letzterer meint: "Massive, breite Werbekampagnen und neue Kunden, die uns noch nicht gekannt haben." Auch bei Mobilezone sind die zusätzliche Reichweite sowie weitere Transaktionen Pluspunkte. Dieser Meinung ist auch Brandenberger von B&B Electronics: "Wir arbeiten daran, die eigene Marke in einer guten Reichweite zu platzieren, um gesund, aber so rasch wie möglich zu wachsen. Siroop kann uns diese benötigte Reichweite bieten." Nicht aus dem Rahmen fällt Kwincz von Microspot.ch: "Als Marktplatz mit über 500’000 Artikeln und einem sehr diversifizierten Angebot bietet Siro­­op­ eine Plattform, welche über die Sortimentsbreite eines konventionellen Online-Händlers hinausgeht. Sich hieran zu beteiligen, ist ein spannender Ansatz." Auf das Erscheinen auf weiteren Marktplätzen verzichtet man bei Microspot.ch allerdings. "Für Endkonsumenten ist Siroop.ch der einzige Marktplatz für Microspot.ch-­Ware", so Kwincz. Dasselbe gilt auch für Brack.ch, das einzig auf Siroop.ch setzt. Bei Mobilezone hält man derweil die Augen und Ohren offen, was mögliche interessante Marktplätze angeht, und Cede.ch befindet sich in Abklärung mit diversen Plattformen. Bereits auf mehreren Online-Marktplätzen vertreten ist B&B Electronics. "Jede dieser Plattformen hat ihre Stärken", so Brandenberger. Ebenfalls auf mehrere Marktplätze setzt Papeterie Zumstein. So findet man deren Sortiment auf Kaloka.ch, wo man laut Zumstein sehr zufrieden ist mit der Betreuung und wo auch die Umsätze stetig zunehmen, und bei Amazon.de befindet man sich aktuell in der Umsetzung.

Freiheit in der Gestaltung des Bestellprozesses

Unterschiedlich gestaltet sich der Bestellprozess, sprich Lieferung, Versand und Retouren, bei den verschiedenen Online-Händlern auf Siroop.ch. "Hier wird viel Flexibilität geboten. Als Händler hat man die freie Entscheidung über die komplette Abwicklung eines Bestellprozesses. Heisst: Sofern man die Abwicklung nicht selber vornehmen kann oder möchte, bietet Siroop Unterstützung für diesen Prozess und übernimmt die komplette Abwicklung", erklärt dazu Brandenberger von B&B Electronics. Sein Unternehmen habe sich dazu entschieden, die Prozesse selbst zu übernehmen: "Mit einem überschaubaren System von Siroop werden wir bei notwendigen Informa­tionen wie zum Beispiel neuen Bestellungen oder Retouren automatisch benachrichtigt." Auch bei Papeterie Zumstein erledigt man alles selbst und übergibt die Pakete zum Versand der Post. Mobilezone deckt die Punkte Lieferung und Retouren selbst ab, während der Kundendienst und die Zahlungsabwicklung durch Siroop erfolgt. Bei Brack.ch werden die Bestellungen via Siroop.ch automatisch in das eigene System eingespeist. "Die Lieferung erfolgt direkt aus unserem Logistikzentrum. Für Retouren wenden sich Siroop-Kunden an Siroop. Das weitere Handling zwischen Siroop und Competec läuft gleich ab wie bei anderen Händlern", so Mahler. Ebenfalls über den normalen Prozess erfolgt der Versand der Ware bei Microspot.ch, so Kwincz. Das Inkasso und das Debitorenrisiko werden aber von Siroop getragen. "Für Retouren meldet sich der Kunde bei Siroop.ch, welche diese bei uns avisieren. Die Abwicklung machen dann wir."

Zwischenbilanz fällt positiv aus

Microspot.ch und B&B Electronics sind erst seit kurzem auf Siroop.ch vertreten und können daher noch kein Fazit ziehen. Immerhin lässt Microspot.ch-Leiter Markus Kwincz verlauten: "Wir sind erst per Mitte April dieses Jahres auf Siroop gestartet und auf die weitere Entwicklung gespannt. Die ersten Zeichen sind aber durchaus positiv." Auch die restlichen Händler zeigen sich durchs Band zufrieden. So etwa Philippe Stuker von Cede.ch, der ein durchaus positives Zwischenfazit zieht. Der über Siroop generierte Umsatz steige tendenziell, bewege sich aber noch im tiefen einstelligen Bereich. Zufrieden ist man auch bei Brack.ch. Laut Mahler hat sich der Auftritt bislang gelohnt. "Siroop bringt uns als Kanal einen konstanten Strom zusätzlichen Umsatzes. Während der Lancierungsphase haben wir zudem vom hohen Werbedruck und den attraktiven Rabatt-Aktionen profitiert, die Siroop erzeugt hat. Davon profitieren wir natürlich auch weiterhin". Ebenfalls gelohnt hat sich der Auftritt für Papeterie Zumstein. "Da dies nun alles automatisch abläuft, ist es einfach eine Auftragseingangsquelle mehr", erklärt Zumstein. Den Anteil von Siroop am Online-Umsatz der Papeterie beziffert er mit circa 3 Prozent. Zudem will er bald sein ganzes Sortiment auf Siroop.ch anbieten – aktuell sei man erst mit einer Warengruppe testhalber online. Ebenfalls noch in der Testphase befindet man sich bei Mobile­zone. Doch auch hier bewertet man die bisherigen Erfahrungen als positiv. "Wir spielen ein gekürztes Sortiment auf die Plattform von Siroop ein. Gegebenenfalls überlegen wir uns, zu einem späteren Zeitpunkt ein grös­se­res Sortiment einzustellen", führt E-Commerce-­Leiter Helbling aus.

Mehr Sprachen gewünscht

Trotz aller Zufriedenheit mit Siroop tauchen gewisse Wünsche auf – wenn auch in geringem Masse. So wünscht man sich bei Mobilezone etwa eine Spracherweiterung auf Französisch, Italienisch und Englisch. Und Marcel Zumstein von Zumstein Papeterie hofft zum Teil auf bessere Kategorisierungsmöglichkeiten für die Produkte sowie auf mehr Kundenbetreuung bei Aktionsplanung oder Sortimentserweiterung. Mahler von Brack.ch meint abschliessend: "Siroop ist ein Start-up, das sich mit viel Power weiter entwickelt. Entsprechend werden von der Produktdarstellung über die Auffindbarkeit bis hin zu den Funktionen der Plattform noch viele Entwicklungsschritte passieren."

Siroop: eine erste Zwischenbilanz und ein Blick in die Zukunft

Welche Bilanz ziehen Sie rund 1,5 Jahre nach dem Start von Siroop.ch?
Constantin Hilt, CEO von Siroop: Wir sind extrem zufrieden. Als wir vor 1,5 Jahren gestartet sind, hätten wir nicht erwartet, dass wir so schnell nach vorne kommen. Uns haben insbesondere zwei Sachen positiv überrascht. Das ist zum einen das Feedback der Kunden, auf dessen Basis wir natürlich die Plattform ausgebaut haben, etwa bezüglich Suche und Design. In der Beta-Phase haben wir 1500 qualitative Feedbacks von Kunden mit Verbesserungsvorschlägen und Wünschen bekommen. Das hat uns natürlich extrem geholfen. Und zum anderen hätten wir nie damit gerechnet, dass wir so viele Händler für uns gewinnen können. Wir haben heute rund 400 Händler online und 3000 Händler befinden sich noch in der Pipeline.

Nach welchen Kriterien werden die 3000 Händler selektiert?
Wir sind der erste offene Marktplatz der Schweiz und wollen alle relevanten Produkte anbieten. Deshalb gibt es keine Regulierungen, was das Sortiment betrifft. Wir haben aber natürlich Anforderungen, etwa, was die Produktdatenqualität oder die Qualität der Prozesse, beispielsweise bei der Lieferung, bei den Händlern angeht. Dazu haben wir ein Integrationsteam, das zusammen mit den Händlern die Prozesse durchgeht, aufsetzt und Testbestellungen macht.


Wieso sollten IT- und CE-Händler, die bereits über einen eigenen Online-Shop verfügen, ihre Ware auch via Siroop.ch anbieten?
Wir punkten mit Vermarktungskraft und verfügen über eine sehr hohe Attraktivität für die Kunden, weil wir nicht nur Elektronikprodukte, sondern auch Produkte zum Beispiel aus dem Beauty- oder Sportbereich anbieten. ­­­­­­Zudem haben wir nicht nur die popu­­­­lären Produkte wie das iPhone, sondern auch spezielle Artikel im Angebot, wie Wein aus dem Wallis oder Messer von Messer Klötzli, die man sonst nur lokal beim Händler um die Ecke bekommt. Zudem können gerade die IT-Händler ihre Reichweite erhöhen und viele Kunden erreichen, die sie heute in ihren klassischen Vertriebskanälen nicht ansprechen.
Welche Dienstleistungen im gesamten Bestell-, Retouren- und Verrechnungsprozess übernimmt Siroop.ch für die Händler?
Momentan liegt der Fokus auf der Vermarktung. Was wir dazu noch anbieten, sind unterschiedliche Sachen, etwa in der Logistik. Hier bauen wir gerade ein eigenes Warehouse auf und bieten einigen Pilothändlern bereits Dienstleistungen in diesem Bereich an. So können wir etwa das Retouren-Handling übernehmen oder aber den Pick-and-Pack-Prozess. Darüber hinaus bieten wir den Händlern auch Siroop-Pakete an, so dass das Paket standardisiert aussieht, inklusive Siroop-Logo. Generell läuft der ganze Logistikprozess aber beim Händler ab. Wir regeln das ganze Payment und sind für den Kunden da, wenn es eine Rückfrage gibt oder für einen ersten Kontakt. Der Kunde weiss, dass er bei Siroop ist und bei verschiedenen Händlern bestellt. Aber es gibt eine einzige User Experience, einen Ansprechpartner, ein Login und einheitliche Payment-Konditionen.


Welche weiteren Funktionen und Entwicklungen sind für die Plattform geplant?
Im Zentrum steht, das Shoppingerlebnis für den Kunden noch einfacher und besser zu machen. Das ist ein stetiger Prozess. So haben wir das eine oder andere Projekt am Laufen, bei welchem wir Optimierungen testen. Wir testen etwa gerade die C2C-Plattform Evero, um herauszufinden, ob es dem Kunden einen Mehrwert bietet, wenn er seine gebrauchten Artikel dort verkaufen kann.
Ganz oben auf dem Plan steht natürlich auch die geografische Expansion in die Romandie – für uns ein spannender Markt mit spannenden Händlern. Wir wollen noch dieses Jahr in der Westschweiz starten. Dazu müssen wir den Händlern und Kunden dort zuhören, um zu erfahren, was man etwa noch ins Sortiment aufnehmen sollte. Das ist ein iterativer Prozess.
Von Seiten der befragten IT- und CE-Händler, die auf Siroop.ch aktiv sind, wurden unter anderem bessere Kategorisierungsmöglichkeiten für die Produkte gewünscht. Wie sieht es hier aus?
Unser Ziel ist es, dass der Kunde sein gewünschtes Produkt möglichst schnell findet. Es gibt mehrere Wege, dies zu ermöglichen. Einer ist sicher, dass wir die Kategorisierung in der Navigation besser machen. Neben der Navigation ist vor allem aber die Produktdatenqualität entscheidend. Hier prüfen wir aktuell mit den Händlern, was wir tun können und was sie tun können. So arbeiten wir etwa an Tools und Systemen, die es uns erlauben, bessere Produktdaten schneller zu generieren. Und logischerweise arbeiten wir auch an der Suche. Über all dem steht für uns das grosse Thema Personalisierung, damit wir noch besser verstehen, welche spezifischen Produkte die unterschiedlichen Kunden möchten. (abr)


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