Das digitale Zeitalter im Kundendienst
Quelle: Pidas

Das digitale Zeitalter im Kundendienst

Text: Melanie Müller

Kundensupport bedeutet grundsätzlich immer das Eine: Probleme der Kunden schnell zu lösen – und das möglichst einfach und zu jeder Zeit. Wie aber unterscheidet sich B2B, der sogenannte Business-to-Business-Support von B2C, also Business-to-Consumer-Support, und welche Auswirkungen haben neue Tools wie beispielsweise Chatbots auf die genutzten Kanäle?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2018/10

     

Ist Support nicht gleich Support, egal ob Unternehmen im B2B- oder im B2C-Umfeld tätig sind? Die Antwort darauf ist "Jain". Ziel eines erfolgreichen Kundendienstes ist es natürlich immer, die Anliegen seiner Kunden effizient zu lösen und sie zufriedenzustellen, damit sie zu loyalen Kunden oder bestenfalls zu Fans des Unternehmens werden. Dennoch unterscheiden sich die Anforderungen der beiden Kundengruppen und somit auch der Support beträchtlich. Im digitalen Zeitalter kommen zudem neue Ansprüche hinsichtlich Kanäle auf die Unternehmen zu.

B2B vs. B2C – der gemeinsame Nenner im Kundenservice

Das Grundkonzept der Kundenbetreuung ist für alle Unternehmen immer dasselbe: Es gilt, die Probleme des Kunden zu beantworten und sie so schnell und vollständig wie möglich zu lösen. Um dies zu erreichen, sollten folgende Mindestanforderungen erfüllt sein:
• Erreichbarkeit des Kundendienstes, entsprechend der Kundenerwartungen, zum Beispiel sogar rund um die Uhr.
• Angebot unterschiedlicher Kommunikationskanäle und Touchpoints wie von den Kunden gewünscht und genutzt (Telefon, E-Mail, Self-Service-­Plattform, eventuell digitale Kanäle wie Chatbot, virtueller Assistent oder ähnliches).
• Mitarbeiter müssen über die geforderten Skills verfügen, um über alle Kanäle und Touchpoints exzellenten Service zu bieten und positive Kundenerlebnisse zu schaffen.
• Die passende State-of-the-Art-Technologie mit der richtigen Software, um alle Kanäle zu integrieren und zu vernetzen.
• Ein Single Point of Information (SPOI): eine Datenbank, wo sämtliche Informationen zu den einzelnen Kunden gesammelt und gespeichert werden und für alle Kundenservice-­Mitarbeiter jederzeit zugänglich sind.

Im Idealfall verfügt die Service-Organisation auch über eine verantwortliche Funktion, die nicht nur dafür sorgt, dass Kundenanliegen intern an die richtigen Stellen und Leute mit den notwendigen Skills verteilt werden, sondern auch ­sicherstellt, dass die Probleme und Anliegen effektiv gelöst wurden und der Kunde gemäss Close-the-Loop-Verfahren über die Lösung informiert wird beziehungsweise Feedback erhält – unterstützt durch passende Konzepte, Prozesse und Technologien.


Aber trotz all dieser Gemeinsamkeiten gibt es mehrere signifikante Unterschiede zwischen der Unterstützung eines Kunden, der ein Unternehmen ist, und der Unterstützung eines Verbrauchers.

B2B vs. B2C – die Unterschiede im Kundensupport

Unternehmen, die im B2B-Umfeld tätig sind, betreuen in der Regel weniger Kunden (Unternehmen) als B2C-Unternehmen. Bei Firmen, die Business-­to-Business-Beziehungen pflegen, ist ein einzelner Kunde daher oftmals weitaus bedeutender für die Unternehmung als bei B2C-Unternehmen, wo ein einzelner Endkunde, den man verliert, nicht allzu sehr ins Gewicht fällt – beispielsweise in der Telekommunikationsbranche. Nichtsdestotrotz ist es auch für B2C-Unternehmen wichtig, ihren Kundenservice exzellent zu führen – denn aus einem einzelnen verlorenen Kunden können schnell zahlreiche werden. Negative Kundenerlebnisse sprechen sich herum, denn Kunden agieren als Multiplikatoren.


Dabei spielt zudem eine signifikante Rolle, dass B2B-Produkte und -Dienstleistungen häufig umfangreich und komplex sind, so dass jede Interak­tion einen höheren Einfluss auf den Umsatz hat. Denken wir zum Beispiel an Software: Wenn ein Unternehmen seine Software an einen B2C-Konsumenten verkauft, hat es sie an einen einzelnen Arbeitsplatz verkauft, beziehungsweise eine einzelne Lizenz ausgestellt. Im B2B-Bereich dagegen kann ein Kunde Hunderte oder sogar Tausende von Lizenzen erwerben, mit dem Potential zu mehr, wenn er weiter expandiert und wächst. Wenn also in einem B2B-Support-Szenario etwas schief geht und der Unternehmenskunde unzufrieden mit dem gebotenen Service ist, kann dies durchaus kritische Auswirkungen auf Umsatz und Geschäftsgang des Unternehmens haben. Selbstverständlich können auch unzufriedene Kunden im B2C-Umfeld negative Folgen für den Unternehmenserfolg haben, wenn es zu einer Kumulation von Kundenverlusten kommt oder gar ein negatives mediales Echo eintritt.
Auch ist es im B2C üblicherweise so, dass die Kunden meist mit unterschiedlichen Mitgliedern des Support-Teams zu tun haben und die Häufigkeit beziehungsweise die Wiederholrate ihrer Anliegen eher gering ist. Im B2B-Bereich dagegen interagiert der Kunden-Support jedoch häufig mit den gleichen Personen bei den einzelnen Unternehmenskunden und kann sich so ein besseres Bild vom Kunden machen und auch Verständnis für den Kunden als Ganzes aufbauen. Es kommt zudem häufig vor, dass B2C-Produkte über einen Dritten, also einen Reseller, verkauft werden, wie etwa den Einzelhandel, während im B2B-Bereich die häufigste Transaktion direkt zwischen Lieferant und Käufer stattfindet. B2B hat ausserdem auch längere Verkaufszyklen und längerfristige Beziehungen insgesamt, wodurch es mehr Möglichkeiten gibt, Wissen über den einzelnen Unternehmenskunden aufzubauen. Aussergewöhnliche Unterstützung im B2B-Bereich bedeutet daher, wertvolle Kunden durch individuellen Support und eine Top-Gemeinschaftsleistung des Support Teams enger und länger an sich zu binden.


Selbstverständlich ist es – wie bereits weiter oben erwähnt – auch im B2C Bereich das Ziel, Kunden durch positive Erlebnisse und optimalen Kundenservice über alle angebotenen Kanäle von der Qualität des Unternehmens, seiner Produkte und Dienstleistungen zu überzeugen und die Kunden auf diese Weise zu loyalen Kunden und Fans zu machen. Um dies erfolgreich zu tun, sind unterstützende Software-Tools notwendig, die bei einer grossen Anzahl an Einzelkunden den Überblick behalten helfen und eine 360°-Ansicht des Kunden gewährleisten. Somit hat jeder Kundenservicemitarbeitende, der mit einem spezifischen Kunden agiert, Zugriff auf die Historie und kann somit direkt an die vorausgehende Anfrage anknüpfen oder Bezug auf die durch den Kunden bezogenen Angebote nehmen.
Leichte Unterschiede gibt es sicherlich auch bei den Ansprüchen und Erwartungen an die Erreichbarkeit des Kundendienstes. Während viele B2C-­Kunden die mittlerweile häufig verfügbaren Self-Service-Angebote schätzen, die mittlerweile für einfachere Standardanliegen angeboten werden und rund um die Uhr verfügbar sind, dürfte dies für die B2B-Kunden mit ihren eher komplexeren und umfangreicheren Anliegen nur in Ausnahmefällen interessant sein. Es ist auch so, dass B2B-Kunden den Support eher zu den Bürozeiten beanspruchen, während die B2C-Kunden auch und vor allem nach Büroschluss aktiv werden. Davon auszunehmen ist natürlich der Pikett-­Dienst, der sicher für beide Gruppen je nach Branche relevant ist.


Es wird deutlich, dass sich die Bedürfnisse in den Bereichen B2B und B2C zwar teilweise unterscheiden, es aber auch sehr viele Ähnlichkeiten bei diesen zwei Arten des Kundensupports gibt. Diese Gemeinsamkeiten erstrecken sich auch auf die von den Unternehmen angebotenen Kommunikationskanäle und Touchpoints. Es lohnt sich daher, einen Blick auf die Kanäle zu werfen, welche die Kunden im Allgemeinen aktuell bevorzugen und einen Ausblick zu machen, wohin die Kundensupport-Reise im Zuge der Digitalisierung zurzeit geht.

Wohin geht der Trend bei der Kanalwahl?

Wir befinden uns mitten im digitalen Zeitalter. Digitalisierung ist in aller Munde, und es gibt kaum noch einen Bereich des täglichen Lebens, in dem sie noch nicht Einzug gehalten hat. Da ist es natürlich naheliegend, dass Unternehmen auch den Kundensupport modernisieren beziehungsweise um digitale Touchpoints erweitern möchten. Chatbots, Live-Chats, virtuelle Assistenten und Robots aller Art (z.B. Robo Advisors) spriessen nur so aus dem Boden. Keiner möchte hintenanstehen, sondern seinen Kunden die digitalen Kanäle bieten, nach denen sie verlangen. Aber tun sie das wirklich?


Sollte jedes Unternehmen unbesehen bei diesem Hype mitziehen und einen digitalen Kommunikationskanal anbieten? Dazu ist zunächst einmal zu sagen, dass nicht jede Kundengruppe über digitale Kanäle kommunizieren kann und will. Das hat die 2017 veröffentlichte Studie zum Kundenservice im digitalen Zeitalter, durchgeführt von Pidas in Zusammenarbeit mit der ZHAW, gezeigt. Darin wurde deutlich, dass Unternehmen klar auf digitale Kanäle setzen, wobei die Kunden weiterhin deutlich am liebsten die Kanäle E-Mail, Telefon, Filiale und Kontaktformulare nutzen. Zudem zeigte die Studie auf, dass Kunden bei emotionalen Anliegen wie Beratung oder Beschwerden gerne auf persönliche Kanäle zurückgreifen – geht es nur um das Sammeln von Informationen, ist der digitale Kanal der beliebteste. Damals konnten sich nur 40 Prozent der befragten Kunden vorstellen, mit einem Roboter zu interagieren – das, obwohl die Unternehmensseite extrem viel Potential in Themen wie Automatisierung durch Chatbots sieht. Rund ein Jahr später zeigt eine Folgestudie zum Thema Chatbots, ebenfalls entstanden durch eine Kooperation von Pidas und der ZHAW, dass die Zurückhaltung gegenüber Robotern kleiner geworden ist: Rund 70 Prozent der Befragten haben bereits mit einem Chatbot interagiert oder können sich sehr gut vorstellen, dies zu tun. Die Erlebnisse waren dabei zu 80 Prozent ­positiv.
Erwägt ein Unternehmen, seinen Kundenservice mit digitalen Angeboten zu erweitern, so lohnt es sich allemal, vorab etwas mehr Zeit zu investieren und bei der eigenen Kundschaft nachzuforschen, ob ein solches Angebot überhaupt gewünscht wird oder ob man allenfalls eher die anderen Kommunikationskanäle optimieren sollte (z.B. Erreichbarkeit, Reaktionszeit, Rückmeldung/Feedback an den Kunden etc.). Denn je nach Produkten, Services, Branche und Zielgruppe, sind die Ansprüche unterschiedlich. Fällt dann tatsächlich der Entschluss, einen digitalen Kanal einzuführen und zum Beispiel einen Chatbot zu lancieren, so sollte auch hier nichts überstürzt werden. Es bringt gar nichts, in einer Hau-Ruck-Aktion einen Chatbot auf der eigenen Website zu starten, der schlecht auffindbar ist und zudem kaum eine Funktion erfüllen kann und dann schon nach kurzer Zeit klammheimlich wieder von der Seite verschwindet. Zuallererst müssen die geeignete Technologie und Software gefunden werden, die den digitalen Kanal optimal in das bereits bestehende Kanal-Netzwerk integrieren können, und es muss ganz genau definiert werden, welche Aufgaben der Chatbot erfüllen soll und kann. Schliesslich soll der Kunde eine positive Erfahrung machen, wenn er über den neuen digitalen Kanal mit dem Unternehmen interagiert. Nur dann wird er wiederkommen und das digitale Angebot weiter nutzen.
Zusammengefasst ist zu sagen, dass es sicherlich im Trend liegt, den Kundensupport, sei das nun im Bereich B2B oder B2C, um digitale Angebote zu erweitern. Wenn man die Möglichkeiten, die die neuen Technologien bieten, strategisch richtig und gut durchdacht einsetzt, sind sie mit Sicherheit erfolgversprechend. Sie können viele Abläufe und Prozesse erleichtern oder sogar völlig automatisieren. Werden die Erreichbarkeit der Angebote und die Effizienz des Supports gesteigert, ermöglicht dies Kundendienst-Mitarbeitern, sich auf komplexere und anspruchsvollere Anliegen zu konzentrieren und dafür mehr Zeit aufzuwenden, was bei den Kunden in jedem Fall gut ankommen wird. Ja, Digitalisierung im Kundensupport ist zeitgemäss, aber sie muss gut durchdacht und vorbereitet sein, um die Erwartungen zu erfüllen. ?


Die Autorin

Melanie Müller ist bei Pidas im Marketing tätig.


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