Verhaltene bis freudige Reaktionen

Schweizer Software-Entwickler reagieren mehrheitlich positiv darauf, dass Microsoft seine Produkte öffnet, um die Forderungen der EU zu erfüllen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/04

     

900 Mio. Euro Bussgeld muss Microsoft an die Europäische Union zahlen, weil das Unternehmen auch nach den im März 2004 ausgesprochenen Sanktionen seine Marktposition weiter ausgenutzt und seinen Konkurrenten weiterhin Lizenzgebühren für Inter­operabilitäts-Informationen verrechnet hat. Das sind umgerechnet 1,6 Mio. Franken pro Tag, was dann wohl sogar dem grössten Softwarehersteller der Welt zu teuer zu stehen kam.
PR-mässig orchestriert, hatte Microsoft einen Tag vor Bekanntwerden der EU-Mega-Busse die Weltöffentlichkeit über den Paradigmenwechsel informiert, dass man nun Produkte für Kunden, Partner und Konkurrenten öffnen wolle, der Interoperabilität zu- liebe (s. Kasten).

Microsoft wird «erwachsen»

Als zweiten Grund für die neuerliche Offenheit von Microsoft sieht Andreas Zilch, Vorstand des Marktforschungsunternehmens Experton-Group, dass heterogene Systeme in grossen Unternehmen mittlerweile die Regel und nicht die Ausnahme sind. «Das bedeutet, dass die Interoperabilität zwischen Anwendungen und Diensten ein Muss ist. Insofern ist Microsoft jetzt endgültig in der Enterprise-IT angekommen und muss die Interoperabilitätsanforderungen der Anwenderunternehmen ernst nehmen», sagtt er. Zilch glaubt allerdings nicht, dass sich Microsoft zu einem gläsernen Unternehmen entwickeln wird: «Microsoft wird immer gerade so viel tun, wie im Kontext von Marktanforderungen, Partnern und Kartellbehörden notwendig ist.» Es sei kaum zu erwarten, dass Microsoft freiwillig auf seine durch die Quasi-Monopolstellung erworbene «Gelddruckmaschine» verzichtet.

Schweizer ISVs mehrheitlich positiv

Schweizer Sofware-Anbieter stehen der Ankündigung mehrheitlich positiv gegenüber, wie eine Kurzumfrage von IT Reseller ergab. Abacus-CEO Claudio Hintermann zum Beispiel sagt: «In der neuen Welt, in der PCs nur ein mögliches Ein- oder Ausgabegerät darstellen und Windows nur eines der möglichen Betriebssysteme, ist dies sicher ein Weg in die richtige Richtung.»
«Positiv», «endlich», «wurde langsam Zeit», «dringend nötig» etc. waren oft gehörte Antworten. «Sehr gute Idee. Es gibt heute schon sehr gute vertikale Lösungen von Microsoft-Partnern», Hugo Kälin von Softsite. «Geschickter Schachzug und ein Schritt in die richtige Richtung», äussert sich Christian Bühlmann von Codex, «das könnte sogar der Open-Source-Gemeinde etwas Wind aus den Segeln nehmen.» Selbstverständlich äusserten sich einige auch skeptisch. «Interessant. Mal schauen, ob’s ernst gemeint ist», meint Proffix-Partner-Manager Markus Honegger.

Open Connection

Unter dem Motto «Open Connection» publiziert Microsoft kostenlos sämtliche Schnittstellen der meistverkauften Produkte. Dazu gehören Windows Vista inkl. Dotnet-­Framework, Windows Server 2008, SQL Server 2008, Office 2007, Exchange Server 2007, Office Sharepoint Server 2007 sowie alle künftigen Versionen dieser Produkte. Des Weiteren wird künftig genau dokumentiert, wie Microsoft Standards unterstützt und wie die Microsoft-Variante mit anderen Implementationen des Standards zusammenspielt. Zudem entwickelt Micro­soft in Zukunft neue Schnittstellen für Word, Excel und Powerpoint, damit es beim Datenaustausch zwischen Microsoft-Anwendungen und anderen Programmen keine Probleme mehr geben wird. Und es soll fortan die Open-Source-Gemeinde stärker eingebunden werden. (Markus Häfliger)


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