Der Netzwerker - Pascal Sieber

Eines war für Pascal Sieber, Chef des Berner Beratungsunternehmens Dr. Pascal Sieber & Partners, schon früh klar: Er wird Unternehmer und wird das auch immer bleiben. Nach fünf eher harten Jahren kann sich sein Unternehmen seit rund zwei Jahren die Aufträge mehr oder weniger aussuchen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/22

     

Wenn Pascal Sieber den Besprechungsraum seiner Firma betritt und einen begrüsst, hat man eher den Eindruck, mit einem netten Studenten zu plaudern denn mit einem Doktor der BWL und Firmenchef. Im Büchergestell steht unter dem Stichwort «Business Consulting» genau eine «Akte», die DVD «Pirates of the Caribbean», unter «Shared Knowledge» findet sich das Buch «Management für Dummies». Sieber gibt sich bescheiden und sollte gerade deshalb nicht unterschätzt werden. In den letzten zehn Jahren ging seine Karriere steil nach oben. Dabei war der einzig wirklich geplante Karriereschritt die Entscheidung, in Bern zu studieren – damals der einzige Ort, an dem der Studiengang Wirtschaftsinformatik angeboten wurde. Während des Studiums nahm Sieber unter Peter Mertens, dem Erfinder der deutschen Wirtschaftsinformatik, wenn man so will, an einem Forschungsprogramm über virtuelle Organisation teil. «Das war der Anfang von dem, was wir heute unter
E-Business verstehen», sagt er. In seiner Doktorarbeit nahm er unter dem Titel «Die Wechselwirkung zwischen Strategie, Organisation und Internetnutzung in der IT-Branche» die Softwarebranche unter die Lupe. Er untersuchte also nicht die Informatik, sondern die Informatikfirmen. Sein Studium schloss Sieber schliesslich mit dem Mertens-Preis für die beste Dissertation ab. Schon 1996 erschien unter dem Titel «Internet-Nutzung für Unternehmungen» in Zusammenarbeit mit Prof. Griese sein erstes Buch.

Nutzen der Informatik fürs Geschäft

Schnell wurde klar, dass sich Sieber mehr dafür interessierte, wie man Netzwerke von Unternehmen ent­wickelt, als dafür, welche technischen Lösungen geeignet sind. «Mit der Informatik kann man wunderbare Sachen machen, die aber nur wunderbar sind, wenn die geschäftliche Seite auch etwas daraus machen kann.» Kurz: Es geht darum, Vorgehensweisen und Methoden beherrschen zu lernen, um aus der Informatik das herauszuholen, was für das Geschäft nützlich ist.
Mitten im E-Business-Hype um die Jahrtausendwende arbeitete Sieber an der Uni Bern zwei Jahre als Forschungs­assistent und hielt eigene Vorlesungen. Die Chancen, in der Schweiz eine Professur zu finden, seien aber eher gering, sagt er. Sieber hatte zwar einen Auftrag der Universität für Forschung und Lehre, liess diesen aber schliesslich platzen. «Die Lehre an der Uni ist generell sehr fragwürdig. Einer redet und 400 hören zu, das war nichts für mich.» Sieber quittierte seinen Dienst und warf sich quasi den Headhuntern zum Frasse vor. «Die Personalvermittler haben mich überall rumgereicht. Die meisten Firmen hatten damals keine Strategie, wie sie mit dem Internet umgehen sollten. Ich kam frisch von der Uni und hatte auch keine Ahnung.» Ihm wurde gutes Geld für seine Dienste geboten, er schlug die meisten, eher seltsamen Projektangebote aber aus. «Jeder dachte damals, ich zieh so ein grosses Projekt durch und werde extrem erfolgreich. Da wurden Unmengen von Geld investiert und massenhaft Leute angestellt. Aber es braucht nicht 60 Berater, die eine Direktbank entwickeln, eine Lösung, die es mitunter sogar schon gab.» Ausser ein paar wenigen Mandaten kam denn auch kein Vertrag zustande. Schliesslich fokussierte sich Sieber auf ganz normale Firmen, wie er es nennt, und ergatterte sich durch seine Uni-Kontakte diverse Mandate kleiner und mittlerer Unternehmen. Im Jahr 2000 wurde es dann Zeit, eine eigene Firma zu gründen. Die Dr. Pascal Sieber & Partners AG wurde aus der Taufe gehoben.

Schwere Anfänge

Angefangen hat Sieber mit drei Mitarbeitern, heute arbeiten in der Berner Laupenstrasse neun Leute aus den Bereichen Betriebswirtschaft, Informatik, Projektmanagement und Sozio­logie. Das Unternehmen zeichnet sich durch Ganzheitlichkeit aus, kurz: Das Team um Sieber kennt sich sowohl in betriebswirtschaftlichen Belangen als auch in Marktforschung aus und weiss um die Eigenarten der Informatik. Im Berater-Umfeld herrsche ein starker Wettbewerb, sagt Sieber. Bis 2005 hat denn seine Firma auch um Verträge gekämpft. Seit zwei Jahren kann er sich vermehrt die Aufträge aussuchen. «Es braucht halt eine gewisse Zeit, bis man vom Sachbearbeiter zum Unternehmer wird», sagt Sieber und lacht. Heute lehnt er auch mal einen Auftrag ab, wenn er sieht, er geht tendenziell eher schief oder drängt ihn in ein unternehmenspolitisches Fahrwasser, wo seine Firma auf der Verliererseite steht. «Wir machen auch Projekte, die nur Spass machen und kein Geld bringen.» Wie zum Beispiel für Non-Profit-Organisationen. Siebers Unternehmen leistet zudem viel Verbandsarbeit in der SwissICT oder Simsa und sitzt im Beirat der Telematik-Tage Bern. «Ich habe enormen Spass daran, die Vielfalt der Unternehmenskulturen zu sehen. Die Unterschiede zwischen einem Schweizer KMU über die Bundesverwaltung hin zu einem amerikanischen Softwareunternehmen sind gewaltig.» Heute arbeitet Sieber & Partners mit diversen Partnern zusammen und hat Teilaktivitäten, wie die Beratung für Anwendung und Organisation von IT-Lösungen für Manager, ausgelagert. Bis vor zwei Jahren hatte sich Sieber ab und an gefragt, ob er den richtigen Weg eingeschlagen habe, heute habe er sowieso keine Wahl mehr, sagt er. «Es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken. Ich habe schon vor sieben Jahren gesagt, ich bin ein Unternehmer, und das werde ich wohl auch immer bleiben.» (sk)

Pascal Sieber

Pascal Sieber wurde 1969 in Ruanda geboren und ist in Diessenhofen am Rhein, am «schönsten Ort der Welt», wie er sagt, aufgewachsen. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 8 und 10 Jahren. Seiner Familie widmet Sieber seine ganze Aufmerksamkeit: «In den letzten Jahren stand meine Familie extrem im Zentrum. Jetzt sind meine Kinder bald in einem Alter, in dem sie ihre eigenen Netzwerke pflegen.» Deshalb will er sich nun wieder vermehrt seinen zu kurz gekommenen Freundschaften widmen. Aus Mangel an Zeit pflegt Sieber nicht wirklich irgendwelche Hobbies. Er macht Musik, malt gern, treibt mässig Sport. Alles ein bisschen. «Krafttraining oder Joggen finde ich doof», sagt er. Interessant werde es erst, wenn eine Spielkomponente dazukomme. Mit Literatur – ausgenommen Fachbücher – kann er nur wenig anfangen: «Warum soll ich die Phantasien anderer nachlesen? Ich habe schon Mühe, meine eigene in Schranken zu halten.» Die Reisen mit seiner Familie gehören zu den schönsten Momenten seines Lebens, sagt Sieber. Er hat den afrikanischen Kontinent abgegrast und würde gern einmal zwei Monate durch Asien ziehen. Das einzige Haus, das er sich kaufen würde, stünde am See, hätte ein Bootshaus, ganz viel Land drum herum und wäre nahe an der Stadt. «Solange es das nicht gibt, wohne ich lieber in einer 4-Zimmer-Wohnung.» Beinahe hatte er sein Traumhaus schon gefunden, doch dafür muss Sieber wohl noch ein paar fette Projekte an Land ziehen.


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